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1. Der Antrag wird abgelehnt. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.
2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.500.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
2I.
3Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer telekommunikationsrechtlichen Regulierungsverfügung.
4Die Antragstellerin betreibt ein bundesweites Teilnehmernetz auf der Basis von Teilnehmeranschlussleitungen (TAL). Die TAL bindet Endkunden an das Telekommunikationsnetz der Antragstellerin an. Sie besteht teilweise (noch) aus einer Kupfer-Doppelader (CuDa) pro Teilnehmer (d. h. zwei elektrischen Leitungen) und führt vom Hauptverteiler (HVt), der auf der Netzseite an einer Ortsvermittlungsstelle angeschlossen ist, über ein Hauptkabel bis zum Kabelverzweiger (KVz) und dann von dort aus über ein Verzweigungskabel weiter bis zum Abschlusspunkt der Linientechnik (APL). Von dort aus führt die TAL über die Hausverkabelung bis zum Netzabschlusspunkt in den Räumlichkeiten des Teilnehmers (TAE). Darüber hinaus kann die TAL auch als reine Glasfaser-TAL realisiert werden.
5Die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen der Antragsgegnerin (im Folgenden: BNetzA) hatte der Antragstellerin zuletzt mit Beschluss vom 1. September 2016 (Az.: BK3g-15/004) auf Basis der Marktfestlegung vom 27. August 2015 (Az.: BK1-12/003) Regulierungsverpflichtungen auf dem Markt für den auf der Vorleistungsebene an festen Standorten lokal bereitgestellten Zugang zu Teilnehmeranschlüssen auferlegt.
6Im Rahmen der turnusmäßigen Überprüfung der Marktfestlegung gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 des Telekommunikationsgesetzes in der Fassung vom 22. Juni 2004, zu diesem Zeitpunkt zuletzt geändert mit Gesetz vom 11. Juli 2019 (BGBl. I S. 1066) [im Folgenden: TKG 2004] veröffentlichte die Präsidentenkammer der BNetzA am 27. Mai 2019 einen Konsultationsentwurf für eine aktualisierte Marktfestlegung. Nach gegebener Gelegenheit zur Stellungnahme wurde am 5. September 2019 das Notifizierungsverfahren vor der Europäischen Kommission eingeleitet, das am 4. Oktober 2019 abgeschlossen wurde.
7Am 11. Oktober 2019 wurde die Marktfestlegung von der Präsidentenkammer gegenüber dem Konsolidierungsentwurf unverändert getroffen (BK1-19/001). Das wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Zugang zu baulichen Anlagen nicht Teil des definierten sachlichen Markts sei; auf Endkundenebene der Zugang zum Massenmarkt für Breitbandanschlüsse im Festnetz einen einheitlichen sachlichen Markt bilde, der sämtliche Breitbandanschlüsse umfasse, die Endkunden auf Basis von xDSL-, Coax- oder FTTH/B-Infrastrukturen bereitgestellt würden; auf Vorleistungsebene der Zugang zur Kupfer- und Glasfaser-TAL in PtP-Bauweise einen einheitlichen sachlichen Markt bildeten; räumlich nur ein bundeseinheitlicher Markt anzunehmen sei. Ferner wurden die Antragstellerin und die mit ihr verbundenen Unternehmen als Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht auf dem regulierungsbedürftigen bundesweiten Markt für den an festen Standorten lokal bereitgestellten Zugang benannt und dies umfassend unter Anlegung des modifizierten Greenfield-Ansatzes begründet. Auf die Begründung der Marktfestlegung wird Bezug genommen. Die getroffene Marktfestlegung wurde nicht gesondert veröffentlicht, sondern lediglich der für die Abhilfemaßnahmen zuständigen Beschlusskammer 3 sowie dem Bundeskartellamt übersendet.
8Bereits am 5. Juli 2019 hatte die BNetzA unter anderem der Antragstellerin ein Eck- und Diskussionspunkte-Papier über den geplanten Erlass einer Regulierungsverfügung zur Verfügung gestellt. Am 12. Juli 2019 fand hierzu eine mündliche Anhörung von Vertretern der Antragstellerin und weiterer Wettbewerber statt. Hierbei wurde auch über die neuen Vorgaben des EKEK betreffend eine Zugangsverpflichtung zu baulichen Anlagen und die potenzielle Auswirkung einer nationalen Umsetzung auf den Umfang potenziell aufzuerlegender Zugangsverpflichtungen diskutiert.
9Am 11. Oktober 2021 veröffentlichte die BNetzA einen Konsultationsentwurf der Regulierungsverfügung, über den am 3. November 2021 öffentlich mündlich verhandelt wurde.
10Am 13. Juni 2022 stellte die Antragstellerin bei den Beschlusskammern 1 und 3 der BNetzA einen „Antrag auf Überprüfung von Marktanalyse und –definition nach § 15 Abs. 1, 2 TKG“. Sie trug zur Begründung vor, dass neue Tatsachen die Annahme begründeten, dass die Ergebnisse von Marktanalyse und Marktdefinition nicht mehr den tatsächlichen Marktbegebenheiten entsprächen. Die Marktfestlegung sei veraltet und unvollständig und trage die laut Konsultationsentwurf geplante Regulierung nicht. Es habe zwischenzeitlich neue Marktentwicklungen gegeben, die die Beschlusskammer noch nicht habe berücksichtigen können, weshalb § 15 Abs. 1 Satz 1 des Telekommunikationsgesetzes vom 23. Juni 2021 (BGBl. I S. 1858), zuletzt geändert durch Gesetz vom 10. September 2021 (BGBl. I S. 4147) [im Folgenden: TKG] einschlägig sei. Die Entwicklungen beträfen vor allem die Glasfasermärkte, die sich seit der Datengrundlage, die im Wesentlichen aus 2016 stamme, erheblich entwickelt hätten. Das betreffe den nicht bzw. unzureichend berücksichtigen FTTH-Ausbau und das insofern zu verzeichnende Investitionsgeschehen der Wettbewerber der Antragstellerin. Zudem hätten sich deutliche regionale Unterschiede in der Entwicklung des Glasfaserausbaus ergeben. Weiter sei ein Markt für Kabelkanäle und Leerrohre überhaupt nicht Bestandteil der Marktfestlegung, weshalb eine Regulierung dieses Bereichs auf Grundlage der Marktfestlegung ausscheide. Insbesondere könne eine derartige Regulierung nicht auf § 26 Abs. 3 Nr. 10 TKG gestützt werden. Eine Notifizierung des Konsultationsentwurfs durch die Europäische Kommission komme vor Ablauf einer 6-Wochen-Frist nach § 15 Abs. 1 Satz 1 TKG nunmehr nicht in Betracht. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Bl. 4340-4351 des Verwaltungsvorgangs zur Regulierungsverfügung Bezug genommen.
11Mit Schreiben vom 28. Juni 2022 teilte die Beschlusskammer 1 der BNetzA der Antragstellerin mit, dass weder Möglichkeit noch Anlass zu einer vorzeitigen Überprüfung der Marktfestlegung gegeben sei. Für einen Antrag auf Überprüfung fehle es bereits an einem entsprechenden Antragsrecht aus § 15 Abs. 1 Satz 1 TKG. Aber auch materiell sei kein Anlass zu einer vorzeitigen Überprüfung gegeben, denn es seien keine neuen Tatsachen im Sinne der Vorschrift bekannt gemacht worden. Weder seien der BNetzA die vorgetragenen Entwicklungen unbekannt gewesen noch wichen sie gravierend von der in der Marktfestlegung getroffenen Prognose ab. Es seien keine Tatsachen vorgetragen worden, die die Annahme rechtfertigten, dass die über VDSL-, HFC- und Glasfasernetze derzeit überwiegend nachgefragten Breitbandzugangsprodukte von den Endkunden nicht mehr als Substitute betrachtet würden. Auch habe sich die BNetzA im Rahmen der räumlichen Marktabgrenzung mit geografisch unterschiedlichen Entwicklungen befasst. Die Marktfestlegung sei auch nicht nachträglich verfahrenswidrig inhaltlich geändert worden.
12Mit Schreiben vom 28. Juni 2022 teilte die Beschlusskammer 3 der BNetzA der Antragstellerin mit, dass das Konsultationsverfahren auch dann durchgeführt werden könne, wenn der zu notifizierende Entwurf später verändert werde. Durch die Notifizierung würden keine vollendeten Tatsachen geschaffen. Selbst die Durchführung eines Verfahrens nach § 15 Abs. 1 Satz 1 TKG stünde einer Notifizierung daher nicht entgegen. Zu der Frage, ob auch ohne Marktfestlegung betreffend Kabelkanalanlagen und Leerrohre eine diesbezügliche Zugangsverpflichtung ergehen könne, habe sich die BNetzA im Rahmen des Konsultationsentwurfs ausführlich verhalten.
13Der Konsultationsentwurf wurde der Europäischen Kommission am 17. Juni 2022 im Rahmen des Notifizierungsverfahrens zur Verfügung gestellt; die Notifizierung erfolgte am 15. Juli 2022.
14Mit Beschluss vom 21. Juli 2022 (BK3i-19/020) legte die BNetzA der Antragstellerin unter anderem Folgendes auf:
151. und 1.1.: Anderen Unternehmen Zugang zu zum Zeitpunkt der Nachfrage bestehenden Kabelkanalanlagen sowie Masten und Trägersystemen oberirdischer Linien zum Zweck des Aufbaus und Betriebs von Netzen mit sehr hoher Kapazität an festen Standorten oder zum Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung am KVz bzw. MSAN (Ziffer 1.2 oder 1.3) im Rahmen der vorhandenen Kapazitäten zu gewähren, wobei die Betroffene zu 1) eine angemessene Betriebsreserve vorhalten und ihren Eigenbedarf vorrangig befriedigen darf. Soweit der Zugang nicht dem Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung dient, beginnen die Leistungspflicht sowie die sich daran anknüpfenden weiteren Pflichten aus Ziffer 2., 4. und 5. am 01.01.2024.
164.: ein Standardangebot für Zugangsleistungen, zu deren Angebot sie durch Ziffer 1. verpflichtet ist, sowie für den virtuell entbündelten Zugang in Form eines Layer 2-Zugangsproduktes am Switch/BNG bei massenmarktfähigen FTTB/H-Infrastrukturen, zu veröffentlichen, wobei die Angaben zu den Standorten des Zugangs bzw. der Kollokation nicht veröffentlicht, sondern interessierten Unternehmen nur auf Nachfrage zugänglich gemacht werden müssen,
175.1.: sich die Entgelte für die Gewährung des Zugangs gemäß Ziffern 1.1, 1.2, 1.3, 1.5 und 1.6 nach Maßgabe der §§ 39 ff. TKG genehmigen zu lassen, wobei die Bundesnetzagentur gemäß § 38 Abs. 5 Nr. 3 TKG im Falle der Regulierung von Entgelten betreffend den Zugang zu baulichen Anlagen insbesondere auch die Folgen einer Zugangsgewährung für den Geschäftsplan der Betroffenen zu 1) berücksichtigt, um negative Anreizwirkungen bezüglich der Investitionen in neue bauliche Anlagen zu vermeiden,
18Zur Begründung der vorstehenden Verpflichtungen führte die BNetzA im Wesentlichen aus: Die Zugangsverpflichtungen in Ziffer 1.1 könnten auf § 26 TKG gestützt werden. Hinsichtlich des anzulegenden Prüfprogramms führte die BNetzA wörtlich aus: „Nach § 26 Abs. 1 S. 1 TKG kann die Bundesnetzagentur marktmächtige Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze verpflichten, anderen Unternehmen Zugang einschließlich einer nachfragegerechten Entbündelung zu gewähren, insbesondere wenn anderenfalls die Entwicklung eines nachhaltig wettbewerbsorientierten nachgelagerten Endnutzermarktes behindert oder diese Entwicklung den Interessen der Endnutzer zuwiderlaufen würde. […] Aus der zitierten Norm und deren Verweis auf die Regulierungsziele (und -grundsätze) nach § 2 TKG ergibt sich, dass die auferlegten Maßnahmen ein umfangreiches Zielbündel zu erfüllen und gleichzeitig gewisse Randbedingungen einzuhalten haben.“ Die Verpflichtung der Zugangsgewährung zu baulichen Anlagen gründeten auf § 26 Abs. 3 Nr. 10 TKG. Zu den im TKG nicht legal definierten baulichen Anlagen gehörten in Anlehnung an Art. 72 Richtlinie (EU) 2018/1972 (im Folgenden: EKEK) unter anderem Gebäude oder Gebäudezugänge, Verkabelungen in Gebäuden, Antennen, Türme und andere Trägerstrukturen, Pfähle, Masten, Leitungsrohre, Leerrohre, Kontrollkammern, Einstiegsschächte und Verteilerkästen. Kabelkanalanlagen (KKA) bildeten nach der Marktfestlegung keinen eigenen Markt; die Auferlegung des Zugangs sei als Abhilfemaßnahme zu betrachten. Gleiches gelte für Masten und Trägersysteme oberirdischer Linien (MToiL). In § 26 Abs. 3 Nr. 10 TKG werde klargestellt, dass es für eine Zugangsauferlegung keiner im Hinblick auf bauliche Anlagen festgestellten beträchtlichen Marktmacht bedürfe. Ausreichend sei die Begründung, dass die betreffende Verpflichtung im Hinblick auf das in der Marktanalyse nach § 11 TKG festgestellte Problem erforderlich und angemessen sei. Dem auf der Grundlage des TKG 2004 in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Erfordernis eines engen, funktionalen Zusammenhangs zwischen der Einrichtung, zu der Zugang zu gewähren ist, und dem regulierungsbedürftigen Markt sei nach der neuen Rechtslage nicht mehr zu entsprechen. § 26 Abs. 3 Nr. 10 TKG sei europarechtskonform weiter auszulegen, als allein bezogen auf einen konditionierten Zugang im Sinne der Rechtsprechung zum engen, funktionalen Zusammenhang. Dies zeige sich in Erwägungsgrund Nr. 187 EKEK. Es reiche demnach aus, dass die Verpflichtung im Verhältnis zum festgestellten Marktversagen sinnvoll und angemessen sei. Vor diesem Hintergrund greife die im Verwaltungsverfahren geäußerte Kritik der Antragstellerin nicht durch.
19Zur Begründung ihrer Ermessensentscheidung führte die BNetzA im Wesentlichen aus, die Verpflichtung zur Zugangsgewährung zu KKA sei geeignet, dem festgestellten Marktversagen zu begegnen. Dies gelte unter anderem mit Blick auf das Regulierungsziel der Konnektivität und Förderung von Netzen mit sehr hoher Kapazität. Die Zugangsverpflichtung solle dieses Ziel explizit fördern. Der Ausbau von Netzen mit sehr hoher Kapazität erfordere beträchtliche Investitionen, von denen ein bedeutender Teil auf Tiefbauarbeiten entfalle. Die (Mit-)Nutzung bereits vorhandener baulicher Anlagen der Antragstellerin eröffne anderen Netzbetreibern die Möglichkeit, den Umfang kostenintensiver Tiefbauarbeiten zu begrenzen. Der Ausbau lasse sich für Wettbewerber effizienter und kostengünstiger gestalten und treibe dadurch den Infrastrukturum- und -ausbau voran. Auch die Antragstellerin könne durch den zu erwartenden verstärkten FTTB/H-Ausbau von Wettbewerbern verstärkt zu eigenen Investitionen in hochleistungsfähige Netze angeregt werden. Dies gelte zumindest in Gegenden, in denen nur eine einzige FTTH-Infrastruktur vorhanden sei. Der Einwand der Antragstellerin im Verwaltungsverfahren, die Zugangsverpflichtung sei mit Blick auf das Ausbauziel ungeeignet, sei unzutreffend. Es sei der BNetzA aus anderen Verfahren bekannt, dass die Antragstellerin auch auf der Relation KVz-Endkunde Kabelkanalanlagen habe. Deren Anteil werde prognostisch im Zuge des eigenen Glasfaserausbaus der Antragstellerin steigen. Auch die von der Antragstellerin im Verwaltungsverfahren befürchtete Hemmung des Ausbaus durch die Ermöglichung eines Überbaus von bereits errichteten FTTH-Netzen stelle die Eignung der Zugangsverpflichtung nicht in Frage. Die Gesetzessystematik schließe die Ermöglichung eines Überbaus nicht aus. § 141 Abs. 2 Nr. 7 TKG gelte nicht für die Marktregulierung. Dass ein potenzieller Überbau vom Gesetz im Zuge der Marktregulierung in Kauf genommen werde, zeige sich in § 38 Abs. 5 Nr. 3 TKG, der eine nachgelagerte Berücksichtigung von etwaigen Investitionshemmnissen bei der Entgeltgenehmigung vorsehe. Dies bestätige sich in der Gesetzesbegründung. Der Norm fehle bei Annahme eines Überbauverbots der Anwendungsbereich. Auch Erwägungsgrund Nr. 187 EKEK gehe gerade von einer Zugangsgewährung zum Zwecke des Überbaus aus. Es sei auch in der Sache nicht von einem Investitionshemmnis auf Seiten der Antragstellerin durch einen drohenden Überbau auszugehen. Denn es sei davon auszugehen, dass die Antragstellerin bei der Entscheidung über Investitionen in den Netzausbau einen zu befürchtenden Überbau nachrangig gegenüber dem Ziel der langfristigen Sicherung der Wettbewerbsposition ansehen werde. Denn zum einen sei im Falle des Überbaus eine Kompensation zu erwarten, zum anderen habe sich die Antragstellerin auch in Kenntnis des Eckpunktepapiers 2019 und des Konsultationsentwurfs aus Oktober 2021 offenbar zu umfangreichen Ausbauplänen entschieden und Kooperationen vereinbart. Die Zugangsverpflichtung sei auch erforderlich. Die Nutzung konkurrierender Einrichtungen (§ 26 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 TKG) stelle keine technisch und wirtschaftlich tragfähige Alternative zum Zugang zu Kabelkanalanlagen dar. Eigene Kabelkanalanlagen könnten Wettbewerber wegen erforderlicher Tiefbauarbeiten, die zeit- und kostenintensiv seien, nicht ohne erhebliche Verzögerungen im Hinblick auf den Markteintritt errichten. Dies führe im Verhältnis zur Antragstellerin zu einer erheblichen Beeinträchtigung. Wettbewerber könnten auch nicht auf Leitungssysteme anderer Netzbetreiber verwiesen werden. Dies gelte auch mit Blick auf das im Zuge des DigiNetzG geschaffene Zugangsregime. Denn die Nutzung von Leitungssystemen Dritter biete weder wirtschaftlich noch technisch eine vollständig gleichwertige Alternative zu den Kabelkanalanlagen der Antragstellerin. Die Kabelkanalanlagen der Antragstellerin stellten die schnellste Anbindung zwischen KVz und Endkunden dar. Die durch das DigiNetzG geschaffenen Zugangsansprüche schüfen zum einen auch Zugang zu nicht spezifisch auf Telekommunikation ausgelegte öffentliche Versorgungsnetze, die nicht vergleichbar effizient seien wie das Netz der Antragstellerin. Zum anderen ermöglichten diese Zugangsansprüche keine vergleichbare Planungssicherheit für Wettbewerber, da der Zugang im Wege von Einzelfallregelungen geschaffen würde, die mit potenziell langwierigen Streitbeilegungsverfahren verbunden sein könnten. Die Instrumente der Marktregulierung seien daher besser geeignet und gegenüber den vorgenannten Zugangsansprüchen vorrangig. Dem sei die Antragstellerin im Verwaltungsverfahren auch nicht durchgreifend entgegengetreten. Soweit auf eine Auswertung der Beschlusskammer 11 der Bundesnetzagentur Bezug genommen werde, nach der regulierungssektorübergreifend km Leerrohrtrassen vermietet seien, vermittele diese Auswertung kein vollständiges Bild des Gesamtbestands an passiver Infrastruktur. Allein die Antragstellerin verfüge über km Leerrohrtrassen. Soweit die Antragstellerin im Verwaltungsverfahren weiter gegen die Erforderlichkeit der Zugangsverpflichtung einwende, dass Wettbewerber auch ohne die Regulierungsverfügung bereits einen erfolgreichen FTTH-Ausbau betrieben, verkenne sie, dass der Ausbau nicht flächendeckend erfolge, was sich nach der Prognose der BNetzA durch die nunmehr auferlegte Zugangsverpflichtung ändern werde. Die Antragstellerin gewähre letztlich auch nicht selbst freiwillig Zugang zu ihren Kabelkanalanlagen. Die Zugangsverpflichtung sei auch angemessen. Dies gelte namentlich unter dem Aspekt des Schutzes von Anfangsinvestitionen auf Grundlage von § 26 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 TKG. Hinsichtlich der zum Aufbau des Kupfer- sowie VDSL-Netzes errichteten Kabelkanalanlagen sei bereits zweifelhaft, ob es sich hierbei um Anfangsinvestitionen handele. Denn hierbei handele es sich weitgehend um bereits zu Monopolzeiten errichtete Anlagen, die einer besonderen Gemeinwohlbindung unterlägen. Durch die Nutzung entstehe der Antragstellerin ein weiterwirkender Wettbewerbsvorteil, der nur die Schaffung eines gleichwertigen Zugangs ausgeglichen werden könne. Die speziell zum Aufbau des VDSL-Netzes geschaffenen Kabelkanalanlagen stellten nur einen kleinen Teil des Gesamtnetzes der Antragstellerin dar; überwiegend sei von einer Nutzung der bereits vorhandenen Anlagen auszugehen. Es sei daher mehr ein gradueller Ausbau anzunehmen. Überdies erfolge die Zugangsgewährung an Wettbewerber entgeltlich, steigere die Auslastung der Kabelkanalanlagen und führe zu einer schnelleren Amortisation der Investitionen der Antragstellerin. Auch im Hinblick auf die zum Aufbau des FTTH-Netzes errichteten Kabelkanalanlagen sei die Zugangsverpflichtung angemessen. Insofern sei von einer höheren Schutzwürdigkeit der Investitionen im Vergleich zu den vorgenannten Anlagen auszugehen. Dies sei jedoch auch nur ein Abwägungskriterium. Vielmehr sei die Annahme von Anfangsinvestitionen auch im Hinblick auf den FTTH-Netzausbau nicht zwingend. Die Investitionen seien nicht im Zuge des erstmaligen Markteintritts erfolgt. Es handele sich somit um Ersatz- und Erneuerungsaufwendungen vergleichbar der PSTN- bzw. NGN-Zusammenschaltung, hinsichtlich derer die BNetzA auch keine Anfangsinvestitionen angenommen habe. Ersatz- und Erneuerungsinvestitionen käme ein erheblich geringeres Gewicht zu als den nach § 26 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 TKG explizit zu berücksichtigenden Anfangsinvestitionen. Im Weiteren sei das FTTH-Netz gegenüber dem Altbestand zwar grundsätzlich schutzwürdiger, zu berücksichtigen sei jedoch das angesichts des Alt-Kundenstamms verminderte Investitionsrisiko der Antragstellerin. Außerdem habe die Antragstellerin auch zum Aufbau des FTTH-Netzes auf den Altbestand zurückgreifen können. Dies entspreche auch weiterhin der aus den öffentlichen Planungsunterlagen ersichtlichen Vorgehensweise der Antragstellerin. Mögliche Investitionsrisiken könnten weiter über § 38 Abs. 5 Nr. 3 TKG im Entgeltgenehmigungsverfahren berücksichtigt werden. Den im Verwaltungsverfahren geäußerten Bedenken der Antragstellerin könne insofern nicht gefolgt werden. Das Gesetz gehe davon aus, dass auch Zugang zu neu aufgebauten FTTH-Anlagen gewährt werden könne; §§ 141 Abs. 2 Nr. 7, 143 Abs. 4 Nr. 3 TKG beträfen eine andere gesetzliche Zielsetzung und seien unabhängig von der mit der Marktregulierung beabsichtigten Eindämmung beträchtlicher Marktmacht. Die Regelungen ließen sich nicht ohne weiteres auf den Bereich der Marktregulierung übertragen. Im Rahmen der Abwägung habe das Interesse der Antragstellerin am Schutz ihrer in die Errichtung von Kabelkanalanlagen getätigten Investitionen hinter den gegenläufigen Interessen des Wettbewerbs- und Verbraucherschutzes zurückzutreten. Dem Lehrrohrzugang komme eine überragend wichtige Bedeutung für die zügige Errichtung von Netzen mit sehr hoher Kapazität und den Infrastrukturwettbewerb zu. Die grundsätzlich geschützten Interessen der Antragstellerin könnten zudem bei der Entgeltregulierung, insbesondere mit Blick auf jüngere Investitionen, Berücksichtigung finden. Auch in Bezug auf Maste und Trägersysteme oberirdischer Linien (MToiL) sei die Zugangsverpflichtung geeignet, erforderlich und angemessen.
20In Bezug auf Ziffer 4 des Beschlusses führte die BNetzA im Wesentlichen aus, die Verpflichtung der Antragstellerin zur Veröffentlichung eines Standardangebots folge aus §§ 13 Abs. 1, 29 Abs. 1 TKG. Die diesbezügliche Verpflichtung sei geeignet, erforderlich und angemessen, da der erstrebte Breitbandausbau nur dann seine volle Wirkung entfalten könne, wenn der Zugang möglichst ohne zeitliche Verzögerung zur Verfügung stehe. Das Standardangebotsverfahren verhindere die Verzögerung der Zugangsgewährung durch einzelfallbezogene Vertragsverhandlungen. Die Antragstellerin werde durch die Verpflichtung zudem nicht übermäßig belastet, da bereits Standardverträge für den Zugang gemäß § 77d TKG 2004 bestünden, die als Basis für ein Standardangebot dienen könnten.
21In Bezug auf Ziffer 5.1 des Beschlusses führte die BNetzA im Wesentlichen aus, die Verpflichtung könne auf § 38 Abs. 1 i. V. m. § 40 TKG gestützt werden. Es seien keine Gesichtspunkte ersichtlich, die einen Verzicht auf eine Entgeltverpflichtung beim Zugang zu baulichen Anlagen rechtfertigen könnten. Eine nachträgliche Missbrauchsprüfung gemäß § 46 TKG reiche nicht aus. Derzeit sei die Nachfrage nach dem Zugang zu Kabelkanalanlagen zwar noch gering. Da der Zugang jedoch in der Vergangenheit auf den Abschnitt HVt und KVz beschränkt gewesen sei, sei von einer nunmehr erheblich höheren Zugangsnachfrage auszugehen. Bei einem Absehen von Entgeltverpflichtungen bestünde die Gefahr, dass der Zugang durch zu hohe Entgelte beeinträchtigt werden könnte. Der Genehmigungspflicht sei der Vorrang gegenüber dem Anzeigeverfahren zu geben. Dies ergebe sich daraus, dass viel dafürspreche, dass der gesetzlichen Anforderung des § 38 Abs. 5 Nr. 3 TKG nur durch die Genehmigungspflicht Rechnung getragen werden könne. Ein Anzeigeverfahren sei zwingend mit dem Missbrauchsmaßstab verbunden. Die Berücksichtigung des § 38 Abs. 5 Nr. 3 TKG führe jedoch zu einer Abweichung von der klassischen Regulierung am Maßstab der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung und von einer Regulierung nach Maßstab des § 37 TKG. Daher müsse § 39 Abs. 1 Nr. 3 TKG zur Anwendung gelangen, was die vom Gesetz intendierte Anwendung der Entgeltgenehmigungspflicht anstelle des Anzeigeverfahrens nahelege. Im Rahmen der Ermessensausübung sei die Entgeltgenehmigungspflicht auch geeignet zur Förderung eines nachhaltig wettbewerbsorientierten Marktes. Im Falle der auferlegten Anzeigepflicht bestehe das Risiko, dass etwaig zu hoch angesetzte Entgelte – soweit kein offenkundiger Verstoß vorliege – nur noch für die Zukunft geändert werden könnten. Dies könne wegen einer potenziell über zwei Monate hinaus andauernden Überprüfungsdauer zu Brüchen in der Preiskontinuität führen. Die Entgeltgenehmigungspflicht sei weiter erforderlich und angemessen.
22Die Antragstellerin hat am 19. August 2022 Klage erhoben (Az.: 21 K 4744/22) und am 21. Dezember 2022 den vorliegenden Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt.
23Die Antragstellerin führt zu Begründung im Wesentlichen aus, die Marktfestlegung 2019, die Grundlage der Regulierungsverfügung sei, sei spätestens zum Zeitpunkt des Erlasses der Regulierungsverfügung nicht mehr aktuell gewesen. Der Festnetzmarkt habe sich seit 2016 grundlegend gewandelt. Es hätten sich unterschiedliche Wettbewerbsverhältnisse bezüglich der kupferbasierten Leistungen und den rein glasfaserbasierten Leistungen ergeben. Dies sei in der Marktfestlegung 2019 nicht berücksichtigt. Die Zahl der mit FTTB/H versorgten bzw. unmittelbar erreichbaren Kunden habe sich nach den eigenen Berechnungen der BNetzA allein in 2021 um ein Drittel auf erhöht. Die neueste in die Marktfestlegung eingeflossene Zahl habe lediglich anschließbare FTTB/H-Kunden angenommen. Es liege somit seit der Marktfestlegung 2019 mehr als eine Verdopplung des Marktes vor. Auch die Abdeckung mit hohen Bandbreiten steige stetig an: Mitte 2021 seien Prozent der Haushalte mit Gigabit-Geschwindigkeiten abgedeckt gewesen (Kabelnetze eingeschlossen); 2017 seien es Prozent gewesen. Die Wettbewerber der Antragstellerin hätten die eigenen Ausbauaktivitäten enorm gesteigert und sich Finanzierungen für eine weitere Steigerung gesichert. Zugleich sänken die Marktanteile der Antragstellerin, die insbesondere bei den hohen Bandbreiten einem intensiven Wettbewerb ausgesetzt sei. Die Mehrheit der verfügbaren aktiven Glasfaseranschlüsse entfielen auf Wettbewerber der Antragstellerin. Es seien mit der J., der P. und der M. neue Wettbewerber in den Markt eingetreten. Diese Marktentwicklung setze sich fort. Zudem wüchsen regionale Unterschiede, die Anlass böten, im Rahmen der Marktdefinition geografische Differenzierungen vorzunehmen. Die Entwicklungen hätten dazu geführt, dass keine bundesweit einheitlichen Wettbewerbsverhältnisse mehr angenommen werden könnten. Der Marktanteil der Antragstellerin in den wesentlichen Metropolregionen liege konstant unter Prozent. Auch der Markt für den Zugang zu baulichen Anlagen habe sich nach der Marktfestlegung 2019 vollständig gewandelt. Zur Zeit der Marktfestlegung seien die mit dem DigiNetzG geschaffenen symmetrischen Zugangsansprüche noch nicht wirksam geworden. Die hierdurch ausgelöste Entwicklung lasse sich an der Tätigkeit der Beschlusskammer 11 der BNetzA ablesen: Während im Juli 2018 noch Verträge für die Mitnutzung von Leerrohren registriert worden seien, seien es im August 2021 bereits gewesen.
24Aus dem Vorstehenden folge, dass das Regulierungsermessen schon nicht eröffnet gewesen sei, da es auf Tatbestandsebene an einer ausreichenden Marktfestlegung gefehlt habe. Es fehle zum einen der sachliche Konnex zwischen Marktdefinition und Regulierungsverfügung, denn die Marktfestlegung 2019 habe keine Ermittlung und Analyse des Markts für den Zugang zu baulichen Anlagen enthalten. Die Vorschrift des § 26 Abs. 3 Nr. 10 TKG mache das in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entwickelte Erfordernis eines engen funktionalen Zusammenhangs zwischen Zugangsverpflichtung und festgestelltem Marktversagen nicht obsolet. Dies folge bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, der eine spezifische Analyse der Marktverhältnisse auch im Hinblick auf den Zugang zu baulichen Anlagen fordere. Dies spiegele sich auch in Art. 72 EKEK sowie in der Explanatory Note zur Märkteempfehlung 2020 wieder. Die Auffassung der Regulierungsverfügung, wonach eine Abkoppelung der Zugangsverpflichtung von der Marktanalyse möglich sei, sei daher nicht richtig. Das auch von der BNetzA geforderte sinnvolle Verhältnis zum festgestellten Marktversagen könne überhaupt erst nach Inblicknahme der insofern bestehenden Wettbewerbsverhältnisse hergestellt werden. Das Bundesverwaltungsgericht habe seine Rechtsprechung zum engen funktionalen Zusammenhang in seiner Vectoring-Entscheidung auch nicht relativiert, sondern vielmehr mit Blick auf zwei unterschiedliche Varianten des Vorleistungszugangs zur TAL bekräftigt. Ein enger funktionaler Zusammenhang bestehe zwischen den unterschiedlichen Varianten des TAL-Zugangs einerseits und dem Zugang zu baulichen Anlagen aber gerade nicht. Der Zugang zu baulichen Anlagen vermittele auch nicht indirekt den Zugang zum Teilnehmeranschluss im Netz der Antragstellerin. Dass der sonach erforderliche enge funktionale Zusammenhang fehle, erkenne auch die BNetzA, die eine vermeintlich europarechtskonforme Auslegung der Vorschrift vornehmen wolle. Dies scheitere jedoch an der Wortlautgrenze. Im Übrigen sei die von der BNetzA favorisierte Auslegung dem Erwägungsgrund Nr. 187 EKEK auch nicht zu entnehmen. Dieser verhalte sich nicht zum Erfordernis des funktionalen Zusammenhangs. Zum anderen fehle es am erforderlichen zeitlichen Konnex zwischen Marktfestlegung und Regulierungsverfügung. Marktdefinition und Marktanalyse seien keine dauerhaft verwendbare Grundlage für Regulierungsverfügungen. Das ergebe sich aus §§ 13-15 TKG. Das TKG 2004 sei insofern entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin nicht anwendbar, da der Erlass der Regulierungsverfügung gemäß § 13 Abs. 7 TKG maßgeblich für die Frage nach der zeitlichen Anwendbarkeit der Rechtsgrundlage sei. Hieran ändere auch § 230 Abs. 3 TKG nichts, denn hieraus folge nicht, dass beliebig alte Marktfestlegungen zur Grundlage von Regulierungsverfügungen unter der Geltung des TKG 2021 gemacht werden könnten. Die gesetzlich angelegte Regelfrist aus § 14 Abs. 1 TKG sei überschritten worden. Die Regelfrist sei erkennbar in Reaktion auf die Verlängerung des Regulierungszeitraums auf fünf Jahre geschaffen worden und verenge den zeitlichen Spielraum für das Regulierungsverfahren erheblich, weil andernfalls auf einer Grundlage entschieden würde, die eine so weit in die Zukunft reichende Prognose nicht mehr zulasse. Die Vorschrift garantierte die enge Verknüpfung zwischen Marktfestlegung und Regulierungsverfügung, damit die Regulierungsentscheidungen auf einer aktuellen und belastbaren Tatsachengrundlage beruhten. Nach dem neuen Regelungsgefüge des TKG 2021 müsse eine Regulierungsverfügung spätestens 1-1,5 Jahre nach der Veröffentlichung der Ergebnisse von Marktdefinition und Marktanalyse ergehen. Dieses gesetzlich vorgegebene Zeitkorsett sei um ein Vielfaches überschritten worden. Im maßgeblichen Zeitpunkt, in dem die Marktfestlegung in der Sache getroffen worden sei, dem 11. Oktober 2019, sei der Konsultationsentwurf erst am 11. Oktober 2021, also zwei Jahre später, vorgelegt worden. Die Regelfrist von 6 Monaten sei damit um das Vierfache überschritten worden. Der Umstand, dass die Marktfestlegung am 11. Oktober 2019 nicht veröffentlicht worden sei, sei unerheblich. Die endgültige Regulierungsverfügung sei sodann erst am 21. Juli 2022 erlassen worden, drei Jahre nach der Marktfestlegung. Hieraus folge die fehlende Verwendbarkeit der Marktfestlegung 2019 für eine hierauf aufsattelnde Regulierungsverfügung. An der geschilderten Verzögerung habe auch die Europäische Kommission nachdrücklich Kritik geübt. Das Eingreifen eines Ausnahmetatbestands für die Regelfristüberschreitung sei nicht ersichtlich. Vielmehr sei die absolute Grenze einer denkbaren Fristüberschreitung jedenfalls überschritten. Diese absolute Grenze ergebe sich aus § 15 Abs. 3 Satz 1 TKG, wonach im Zeitpunkt des Erlasses der Regulierungsverfügung bereits die Veröffentlichung der Ergebnisse einer neuen Marktdefinition und Marktanalyse fällig gewesen wäre.
25Die Regulierungsverfügung leide auch an Abwägungsfehlern in Bezug auf die Zugangsverpflichtung zu baulichen Anlagen. Dies ergebe sich schon aus der fehlenden Berücksichtigung der Marktverhältnisse auf dem Markt für den Zugang zu baulichen Anlagen. Selbst wenn man die Marktfestlegung 2019 für die Auferlegung von Zugangsverpflichtungen als ausreichend erachtete, folge daraus nicht, dass auf eine umfassende Prüfung des Zugangsmarkts für bauliche Anlagen hätte verzichtet werden dürfen. Dabei hätten auch die Auswirkungen der bestehenden symmetrischen Zugangsansprüche nach §§ 138 ff. TKG sowie die große Zahl der bereits vorhandenen kommerziellen Einigungen berücksichtigt werden müssen. Die von der BNetzA postulierten knappen Tiefbaukapazitäten ersetzten keine Untersuchung des vorhandenen Markts für den Zugang zu baulichen Anlagen. Die tatsächlichen Annahmen der BNetzA zu den Marktzuständen blieben unsubstantiiert und unbelegt. Mit der Annahme fehlender Eignung von baulichen Anlagen anderer Versorgungsnetze setze sich die BNetzA in Widerspruch zu der Wertung des europäischen Gesetzgebers aus der Kostensenkungsrichtlinie, die in Erwägungsgründen Nr. 10, 13 und 15 herausstelle, dass die Anforderungen an bauliche Anlagen nicht sehr spezifisch seien. Im Hinblick auf die Würdigung bereits im Markt bestehender kommerzieller Verträge über Leerrohrzugänge konstatiere die BNetzA ausdrücklich eine insofern unterlassene umfassende Ermittlung des Sachverhalts. Auch seien die gewandelten Marktverhältnisse auf den Glasfasermärkten nicht berücksichtigt worden. Die Marktfestlegung 2019 sei nicht nur bereits aus Sicht des Erlasszeitpunkts der Regulierungsverfügung veraltet, sondern beruhe zudem auf noch viel älteren Daten. Die zugrunde gelegten Daten stammten im Kern aus 2016, wobei die Erhebung im Jahr 2017 stattgefunden habe. Lediglich vereinzelte Nachfragen seien im Oktober 2017 noch beantwortet worden. Tatsächlich beruhe die Marktfestlegung 2019 auf 5-6 Jahre alten Erkenntnissen. Nach dem Stichtag eingetretene Umstände wie der um ein Vielfaches gesteigerte Ausbau und die Investitionstätigkeit von Wettbewerbern, die um ein Vielfaches gestiegene Nachfrage seitens der Endkunden, der Markteintritt zahlreicher neuer Wettbewerber und Investoren sowie eine zunehmende Tendenz zur Regionalisierung seien in der Marktfestlegung 2019 nicht berücksichtigt. Die gewandelten Marktverhältnisse gerade auf den Glasfasermärkten seien für die Regulierungsverfügung jedoch von fundamentaler Bedeutung. Denn ohne eine umfassende Analyse des aktuellen Stands des FTTB/H-Ausbaus könne die Angemessenheit von Verpflichtungen, die explizit dessen Förderung dienten, nicht beurteilt werden. Dabei handele es sich nicht um lediglich quantitative Veränderungen, die durch eine Aktualisierung der Marktfestlegung berücksichtigt werden könnten. Denn FTTB/H-Anschlüsse hätten sich im maßgeblichen Zeitraum nach der Marktfestlegung vom Nischenprodukt zum Zentrum des Investitionsgeschehens entwickelt, was eine auch qualitativ neue Dimension der Marktentwicklung darstelle. Dies führe in der Konsequenz dazu, dass die Antragstellerin nicht mehr über relevante Effizienzvorteile beim FTTB/H-Ausbau verfüge. Es bestehe eine Ausbaukonkurrenz auf Augenhöhe. Die Erstreckung der Zugangsverpflichtung auch auf solche Infrastrukturen, die die Antragstellerin für den Aufbau ihrer FTTB/H-Netze neu errichtet habe, führe daher zu einer Wettbewerbsverzerrung, da trotz gleichverteilter Gewichte im Ausbauwettbewerb eine asymmetrische Verpflichtung allein zu Lasten der Antragstellerin geschaffen werde. Dem allen könne nicht allein mit dem Argument begegnet werden, es werde lediglich ein zusammenhängender Markt reguliert auf dem die Produkte seitens der Endkunden als austauschbar betrachtet würden; denn auch bei einem zusammenhängenden Markt müssten angemessene Differenzierungen vorgenommen werden, die als Vorstufe eine umfassende Sachverhaltsermittlung voraussetzten. Diese Differenzierungen lägen nicht zuletzt auch der Regulierungsverfügung an anderer Stelle zugrunde. Die BNetzA habe weiter in unzureichender Weise die dynamische Entwicklung von Märkten in der Marktfestlegung 2019 berücksichtigt, was zu der unzutreffenden Annahme eines Greenfield-Marktanteils der Antragstellerin von % bei FTTH-Anschlüssen geführt habe. Tatsächlich liege der Marktanteil der Antragstellerin bei den FTTB/H-Anschlüssen viel niedriger; 2021 bei Prozent. In diesem Marktsegment sei die Antragstellerin damit nicht marktbeherrschend. Weiter habe auch die zunehmende Tendenz zur Regionalisierung des FTTB/H-Ausbaus berücksichtigt werden müssen. Die in der Marktfestlegung 2019 noch angenommenen bundeseinheitlichen Wettbewerbsverhältnisse seien nicht mehr gegeben. Die europäische Kommission habe die BNetzA schon bei ihrer Stellungnahme vom 4. Oktober 2019 zum Konsultationsentwurf der Marktfestlegung 2019 aufgefordert, räumliche Differenzierungen in Betracht zu ziehen. Dies werde in anderen EU-Ländern bereits praktiziert. Im Ergebnis führten die dargestellten Marktverhältnisse damit selbst dann zu einer Abwägungsfehlerhaftigkeit der Regulierungsverfügung, wenn man annähme, dass die Regulierungsverfügung prinzipiell noch auf die Marktfestlegung 2019 gestützt werden könne. Denn hierzu habe bereits das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass für alle Regulierungsentscheidungen die Sachlage zum Zeitpunkt des jeweiligen Beschlusses maßgeblich sei. Diese habe sich nunmehr in der aufgezeigten Weise verändert.
26Die BNetzA lege der Auferlegung von Zugangsverpflichtungen nach § 26 Abs. 1 TKG weiter ein fehlerhaftes Normverständnis zugrunde. Die Begründung der Regulierungsverfügung stelle bei der Darstellung des Prüfprogramms den überholten Wortlaut des § 21 Abs. 1 Satz 1 TKG 2012 dar, tatsächlich hätten sich jedoch im nunmehr geltenden § 26 Abs. 1 TKG Abweichungen ergeben. Namentlich sei das Wort „insbesondere“ aus dem Wortlaut gestrichen und die Voraussetzungen der „Behinderung des Wettbewerbs auf dem Endkundenmarkt“ sowie die „Beeinträchtigung der Endnutzerinteressen“ statt eines „oders“ nunmehr durch ein „und“ verknüpft. Beides habe die BNetzA in der Folge verkannt und ihrer Entscheidung ein falsches Prüfprogramm zugrunde gelegt. Diese Änderungen seien nicht nur redaktioneller Natur, sondern ausweislich der Gesetzesbegründung bewusste gesetzgeberische Entscheidungen gewesen. Eine richtlinienkonforme Auslegung komme nicht in Betracht. Diese scheitere zum einen am explizit in den Gesetzesmaterialien niedergelegten Willen des deutschen Gesetzgebers. Zum anderen bestehe unter dem Strich keine Differenz zwischen Richtlinienrecht und nationalem Recht. In der Folge habe zunächst im Rahmen des § 26 Abs. 1 TKG festgestellt werden müssen, dass die dort genannten Voraussetzungen kumulativ vorliegen, bevor in die Prüfung des § 26 Abs. 2 TKG und die Ausübung des Auswahlermessens habe eingestiegen werden dürfen. Durch die abweichende Vorgehensweise der BNetzA seien die vom Gesetzgeber ausdrücklich in den Vordergrund gerückten zugangsregulatorischen Primärziele in unzulässiger Weise relativiert und die vorgenommene Abwägung in eine Schieflage gebracht worden. Eine belastbare Prüfung der Primärziele sei zugleich in Folge der unterlassenen umfassenden Ermittlung und Analyse der gewandelten Wettbewerbsverhältnisse auf dem FTTB/H-Markt auch nicht möglich gewesen. § 26 Abs. 1 TKG fordere nach dem zutreffenden Verständnis zwingend eine regionalisierte Betrachtungsweise. Auch hierzu könne die Marktfestlegung 2019 nicht als Grundlage herangezogen werden. Schließlich sehe die Regulierungsverfügung von einer kumulativen Prüfung der Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 TKG ab. Weiter enthalte die Regulierungsverfügung auch keine ausreichende Alternativenprüfung im Hinblick auf eine symmetrische bzw. reziproke Regulierung; eine solche Regulierung würde dem von der BNetzA erstrebten Regulierungsziel besser dienen. Die auferlegte Zugangsverpflichtung sei weiter mit Blick auf das von ihr verfolgte Regulierungsziel der Förderung des Ausbaus von Netzen mit sehr hoher Kapazität ungeeignet. Die Regulierungsverfügung verkenne, dass ein durch die Regulierungsverfügung ermöglichter Überbau dem Netzausbau schade. Denn die Antragstellerin werde durch die Zugangsverpflichtung von Investitionen in neue FTTB/H-Netze abgeschreckt: Mit dem Überbau erhöhe sich das Investitionsrisiko und die Rentabilität werde vermindert. Jedes wirtschaftlich handelnde Unternehmen müsse angesichts dieser Vorzeichen seine Investitionen in weniger risikobehaftete Bereiche lenken; auch die Wettbewerber würden mit Kostenanreizen in bereits erschlossene Gebiete gelenkt Diese Sogwirkung auf diejenigen Gebiete, die bereits von der Antragstellerin versorgt werden, wirke sich zwangsläufig insgesamt negativ auf den Netzausbau und die flächendeckende Versorgung aus, weil dadurch manche Gebiete doppelt versorgt würden und andere Gebiete keine Versorgung erhalten könnten. Dabei komme den Investitionsentscheidungen der Antragstellerin für den Gesamtaufbau von FTTB/H-Netzen eine besondere Bedeutung zu und könne folglich nicht unberücksichtigt bleiben. Der Vergleich der Investitionsrisiken und Rentabilitätserwartungen der Antragstellerin erfolge sowohl produktübergreifend als auch international. Die Annahme der BNetzA in der Regulierungsverfügung, die Antragstellerin würde für die Verteidigung ihrer Marktposition alles tun, sei angesichts dessen falsch. Investitionen in den FTTB/H-Ausbau könnten nur getätigt werden, wenn sich diese aus Sicht der Aktionäre der R. lohne; eine Investition „um jeden Preis“ sei weder faktisch noch rechtlich möglich. Weiter könnten die durch den ermöglichten Überbau bestehenden Investitionsrisiken nicht über § 38 Abs. 5 Nr. 3 TKG kompensiert werden. Ein durch einen Überbau drohender Endkundenverlust könne über das Entgelt für die Zugangsgewährung nicht ausgeglichen werden. Dies gelte zumindest solange, wie das Entgelt nicht so hoch sei, dass es den Verlust des Endkunden vollständig aufwiege. Eine derartige Entgeltgestaltung sei jedoch unter Geltung einer kostenbasierten Entgeltregulierung nicht denkbar. Ebenfalls zu Unrecht folgere die Regulierungsverfügung ein fehlendes Investitionshemmnis der Antragstellerin aus deren der Regulierungsverfügung vorangehenden Investitionsverhalten. Denn dem der Regulierungsverfügung vorangehenden Eckpunktepapier sei gerade keine Zugangsverpflichtung betreffend bauliche Anlagen zu entnehmen gewesen. Investitionspläne der Beteiligungsgesellschaften der Antragstellerin, der sowie seien irrelevant, da diese Unternehmen von der Regulierungsverfügung nicht betroffen seien. Ein Überbau sei ohnehin gesetzlich nicht gewollt. Die Ausführungen in der Regulierungsverfügung stünden insofern in eklatantem Widerspruch zu den Erwägungen des Gesetzgebers zum DigiNetzG betreffend §§ 138 ff. TKG. Insofern habe der Gesetzgeber ausdrücklich die negativen Auswirkungen des Risikos des Überbaus hervorgehoben und die Vermeidung desselben gefordert. Dies zeige deutlich, dass aus Sicht des Gesetzgebers die Rentabilität des erstausbauenden Netzbetreibers durch einen Überbau erheblich beeinträchtigt werden könne und ökonomisch nicht sinnvoll sei. Er trage nicht zur Verwirklichung der Ziele des TKG bei. Diese Erwägungen zu symmetrischen Zugangsansprüchen gälten auch für asymmetrische Zugangsansprüche. Denn für das marktmächtige Unternehmen gälte keine abweichende Kalkulation des Investments. Soweit die Regulierungsverfügung ausführe, dass sich die Erwägungen zu den symmetrischen Zugangsansprüchen nur bedingt auf die Marktregulierung übertragen ließen, sei dies nicht überzeugend. Der grundlegende Aspekt einer drohenden Investitionsentwertung gelte für beide Fälle. Weiter sei die insofern geäußerte Auffassung der BNetzA, die Marktregulierung diene primär der Eindämmung von Marktmacht vor dem Hintergrund der gesetzlich angelegten Regulierungsziele auch unzutreffend. Vor dem Hintergrund des Vorstehenden hätte die BNetzA die Zugangsverpflichtung jedenfalls auf solche Kabelkanalanlagen beschränken müssen, die der Aufnahme von Kupferkabeln dienten. Die Zugangsverpflichtung sei weiter nicht erforderlich. Es bestünden zum einen die milderen und gleich geeigneten symmetrischen Zugangsansprüche nach §§ 138 ff. TKG. Die insofern vorgebrachte Argumentation der BNetzA, Einzelstreitigkeiten über die Zugangsgewährung müssten über das Instrumentarium der Markregulierung vermieden werden, überzeuge nicht. Einzelfragen stellten sich auch im Zuge der Zugangsgewährung über das Marktregulierungsverfahren; dies gelte insbesondere für die Frage der ausreichenden Kapazität. Auch ein Standardangebot mache diese Fragen nicht entbehrlich. Insoweit sei die Regulierungsverfügung auch widersprüchlich, als sie attestiere, dass die Antragstellerin ohnehin bereits über marktgängige Standardverträge verfüge, die für ein Standardangebot herangezogen werden könnten. Es sei mithin auch nicht zutreffend, dass eine Zugangsgewährung im Wege der §§ 138 ff. TKG aufwändige Verhandlungen im Einzelfall erforderten. Letztlich sei die Zugangsverpflichtung auch unangemessen. Die BNetzA habe die Bedeutung der Anfangsinvestitionen der Antragstellerin verkannt und deren Investitionsrisiken innerhalb eines hochkompetitiven Wettbewerbsumfelds und die Chance auf Amortisierung ihrer Investitionen abwägungsfehlerhaft untergewichtet. Es sei unvertretbar, die Investitionen in neue FTTB/H-Netze nicht als Anfangsinvestitionen einzustufen. Der im TKG angelegte Schutz von Anfangsinvestitionen schütze gerade auch Produktinnovationen. Es handle sich bei den Investitionen in FTTB/H-Netze gerade nicht um Ersatz- oder Erneuerungsaufwendungen. Denn es würden keine Bauteile wegen Verschleißes o. ä. ausgetauscht, sondern vielmehr neue Anschlussnetze auf Grundlage einer völlig neuen Anschlusstechnik geschaffen. Die Auslegung der BNetzA, ein im Festnetzmarkt bereits aktives Unternehmen könne schon begrifflich keine Anfangsinvestitionen mehr tätigen, führe im Ergebnis dazu, dass das marktmächtige Unternehmen nie in den Genuss des Schutzes von § 26 Abs. 2 Satz Nr. 3 TKG kommen könne. Diese Auslegung könne auch in Anbetracht der systematischen Stellung der Vorschrift im System der Marktregulierung nicht zutreffen. Auch könne nicht mehr damit argumentiert werden, dass die Antragstellerin durch ihren Kundenstamm einen Wettbewerbsvorteil habe. Die in der Rechtsprechung der erkennenden Kammer getroffene Wertung aus der Vergangenheit hätte dahingehend überprüft werden müssen. Derzeit sei es angesichts der gewandelten Wettbewerbsverhältnisse gerade nicht mehr so, dass die Antragstellerin einen relevanten Vorteil aus ihrem Kundenstamm ziehen könne. Der Vorteil werde inzwischen vollständig aufgewogen, was sich im Investitionspotenzial der Wettbewerber zeige. Die Regulierungsverfügung enthalte auch keine tragfähige Auseinandersetzung mit den realen Investitionsrisiken der Antragstellerin. Die BNetzA habe nicht ermittelt, ob die Antragstellerin angesichts einer umfassenden Zugangsverpflichtung die Deckungsbeiträge für ihre FTTB/H-Investitionen werde amortisieren können. Eine Nachholung entsprechender Erwägungen im Gerichtsverfahren komme nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht in Betracht. Aus dem Vorgesagten folge jedenfalls, dass die BNetzA von einer Zugangsverpflichtung betreffend Kabelkanalanlagen hätte absehen müssen, die in den letzten 7 Jahren fertig gestellt worden seien. Der im gerichtlichen Verfahren seitens der Antragsgegnerin betonte Umstand, die Antragstellerin habe ihre Investitionstätigkeiten in Kenntnis der geplanten Zugangsverpflichtungen nicht zurückgefahren, lasse ein fehlendes Verständnis für Investitionsentscheidungen erkennen. Selbstverständlich könnten aus einer angekündigten Regulierungsverfügung keine kurzfristigen Schlüsse gezogen werden oder gar ein vollständiger Rückzug aus einem Stammgeschäft folgen. Dies sei noch kein Zeichen dafür, dass die Zugangsverpflichtung kein Investitionshemmnis für die Antragstellerin darstelle.
27Die Verpflichtung zur Vorlage eines Standardangebots (Ziffer 4 der Regulierungsverfügung) sei ebenfalls rechtswidrig. Die Rechtswidrigkeit folge bereits aus der Rechtswidrigkeit der entsprechenden Zugangsverpflichtung. Weiter zeige die Begründung der Regulierungsverfügung selbst, dass eine Standardangebotsverpflichtung nicht erforderlich sei. Denn die BNetzA gehe selbst davon aus, dass die Antragstellerin bereits über Standardverträge für den Zugang zu baulichen Anlagen verfüge, die im Grundsatz den Anforderungen an ein Standardangebot entsprächen.
28Weiter sei auch die die Entgeltgenehmigungspflicht (Ziffer 5.1 der Regulierungsverfügung) rechtswidrig, was sich ebenfalls aus der Rechtswidrigkeit der entsprechenden Zugangsverpflichtung ergebe. Diese sei im Weiteren nicht überzeugend begründet. Soweit die BNetzA primär § 38 Abs. 5 Nr. 3 TKG für die Notwendigkeit einer Entgeltgenehmigungspflicht anführe, sei dies widersprüchlich, da somit eine dem Schutz der Interessen der Antragstellerin dienende Vorschrift zum Anlass der die Antragstellerin besonders belastenden Entgeltgenehmigungspflicht genommen werde. Es sei kein Grund ersichtlich, warum nicht auch eine nachträgliche Missbrauchskontrolle durchgeführt werden könne. Auch dabei werde binnen weniger Monate Rechtssicherheit hinsichtlich der zulässigen Entgelte geschaffen.
29Im Klageverfahren VG Köln 21 K 4744/22 beantragt die Antragstellerin,
301. den Beschluss der Beklagten vom 21. Juli 2022 (BK3i-19/020) teilweise aufzuheben, insoweit der Klägerin die folgenden Verpflichtungen auferlegt werden:
31a) Verpflichtung nach Ziff. 1.1 des Tenors, anderen Unternehmen Zugang zu Kabelkanalanlagen sowie Masten und Trägersystemen oberirdischer Leitungen zum Zweck des Ausbaus und Betriebs von Netzen mit sehr hoher Kapazität an festen Standorten zu gewähren;
32hilfsweise zu a),
33b) Verpflichtung nach Ziff. 1.1 des Tenors, anderen Unternehmen Zugang auch zu solchen Kabelkanalanlagen sowie Masten und Trägersystemen oberirdischer Leitungen zum Zweck des Ausbaus und Betriebs von Netzen mit sehr hoher Kapazität an festen Standorten zu gewähren, die die Klägerin zum Aufbau ihres FTTB/H-Netzes neu errichtet hat,
34weiter hilfsweise zu a) und b),
35c) Verpflichtung nach Ziff. 1.1 des Tenors, anderen Unternehmen Zugang auch zu solchen Kabelkanalanlagen sowie Masten und Trägersystemen oberirdischer Leitungen zum Zweck des Ausbaus und Betriebs von Netzen mit sehr hoher Kapazität an festen Standorten zu gewähren, die vor weniger als sieben Jahren fertig gestellt worden sind;
36d) Verpflichtung nach Ziff. 4 des Tenors, ein Standardangebot für Zugangsleistungen für Kabelkanalanlagen sowie Masten und Trägersystemen oberirdischer Leitungen zum Zweck des Ausbaus und Betriebs von Netzen mit sehr hoher Kapazität an festen Standorten zu veröffentlichen;
37e) Verpflichtung nach Ziff. 5.1 des Tenors, die Entgelte für die Gewährung des Zugangs zu Kabelkanalanlagen sowie Masten und Trägersystemen oberirdischer Leitungen zum Zweck des Ausbaus und Betriebs von Netzen mit sehr hoher Kapazität an festen Standorten nach Maßgabe der §§ 39 TKG genehmigen zu lassen;
38f) Verpflichtung nach Ziff. 4 des Tenors, ein Standardangebot für Zugangsleistungen für den virtuell entbündelten Zugang in Form eines Layer-2-Zugangsprodukts am Switch/BNG bei massenmarktfähigen FTTB/H-Infrastrukturen zu veröffentlichen;
392. hilfsweise zu den Anträgen zu 1., den Beschluss der Beklagten vom 21.07.2022 (BK3i-19/020) insgesamt aufzuheben, falls das Gericht den Beschluss insoweit für nicht teilbar hält.
40Die Antragstellerin beantragt im vorliegenden Eilverfahren,
41die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin vom 19. August 2022 (Az. 21 K 4744/22) im Hinblick auf die Klageanträge zu 1. a–e. anzuordnen.
42Die Antragsgegnerin beantragt,
43den Antrag abzulehnen.
44Die Antragsgegnerin führt zur Begründung ihres Antrags im Wesentlichen aus, der Regulierungsverfügung hafteten keine Fehler an, die zu einer Begründetheit der Klage in der Hauptsache führen würden. Zunächst sei die Marktfestlegung vom 11. Oktober 2019 eine belastbare Grundlage für die Auferlegung von Zugangsverpflichtungen im Rahmen der Regulierungsverfügung. Die BNetzA habe schon nicht gegen § 14 Abs. 1 TKG verstoßen. Die Ergebnisse der Marktdefinition und Marktanalyse seien zeitgleich mit dem Entwurf der Regulierungsverfügung am 11. Oktober 2021 auf den Internetseiten der BNetzA veröffentlicht worden. Die Marktfestlegung sei damit nicht bereits am 11. Oktober 2019 endgültig veröffentlicht worden, sondern zu diesem Zeitpunkt lediglich von der Präsidentenkammer getroffen worden. Ungeachtet dessen sei § 14 Abs. 1 TKG aber auch nicht einschlägig, da die Vorschrift auf § 12 Abs. 6 Satz 1 TKG aufbaue. Beide Vorschriften seien erst am 1. Dezember 2021 in Kraft getreten, als die Marktfestlegung bereits veröffentlicht gewesen sei. Eine dem § 14 Abs. 1 TKG entsprechende Regelung habe das TKG 2004 nicht enthalten. Überdies sei in § 230 Abs. 3 TKG klargestellt, dass Festlegungen nach §§ 10, 11 TKG 2004 als Festlegungen gemäß §§ 10, 11 TKG 2021 gälten. Daraus folge im Umkehrschluss, dass für Festlegungen vor dem 1. Dezember 2021 nicht die Vorschriften für die unter dem aktuellen TKG erlassenen Festlegungen gälten. Die Marktfestlegung unterliege auch keinem begrenzten Wirksamkeitszeitraum. Ein solcher lasse sich dem Wortlaut von § 14 Abs. 1 TKG nicht entnehmen; es handele sich dabei ausdrücklich um eine Regelfrist. Auch aus der Gesetzesauslegung lasse sich kein begrenzter Wirksamkeitszeitraum entnehmen. Art. 68 Abs. 6 UAbs. 2 EKEK stelle vielmehr klar, dass eine Regulierungsverfügung auch ohne neue Marktanalyse um Zugangsverpflichtungen erweitert werden könne. Im Übrigen blieben auch Regulierungsverfügungen nach Ablauf einer Festlegungsfrist auf Basis der vorangehenden Marktfestlegung wirksam. Auch § 15 Abs. 3 Satz 1 TKG spreche gegen die Annahme eines Verfalls einer Marktfestlegung. Eine entsprechende Annahme habe zudem absurde Folgen, denn nach Verfall könnten für drei Jahre keine Änderungen an der bestehenden Regulierungsverfügung vorgenommen werden. Die vorhergehende Regulierungsverfügung basierend auf noch älteren Daten würde folglich länger gelten. Die Annahme des Verfalls liefe auch den Zielen des TKG entgegen, das gerade bezwecke, angemessene Maßnahmen gegen festgestelltes Marktversagen zu treffen. Die BNetzA habe weiter geprüft, ob die Voraussetzungen für die Überprüfung der Marktanalyse gemäß § 15 Abs. 1 TKG vorgelegen hätten und dies aktenkundig verneint. Damit bestehe auch kein Grund, die Eignung der Marktfestlegung als Grundlage für die Regulierungsverfügung in Frage zu stellen. Die insofern von der Antragstellerin vorgebrachten Argumente seien auch bereits im Verwaltungsverfahren vorgetragen worden. Änderungen und Entwicklungen, die von der Antragstellerin vorgetragen worden seien, belegten lediglich Entwicklungen des Glasfaserausbaus, die bereits über vorausschauende Betrachtungen in die Marktanalyse eingeflossen seien. Eine tatsächliche Verschiebung der Marktanteile sei von der Antragstellerin jedoch nicht belegt worden. Die Daten der BREKO Marktanalyse 2021 seien nicht zur Bekräftigung der Argumentation der Antragstellerin geeignet. Die Zahlen seien aus Sicht der BNetzA nicht nachvollziehbar und widersprächen den von der BNetzA im Zuge des Jahres- und Tätigkeitsberichts erhobenen Zahlen. Hierin könne keine Fortschreibung der der Marktfestlegung zugrunde gelegten Daten gesehen werden. Im Übrigen sei aus den Ausführungen der Antragstellerin nicht ersichtlich, dass sich das dargestellte Investitionsgeschehen bereits auf die Marktanteile niedergeschlagen hätte. Ausschlaggebend sei das tatsächliche und prognostizierte Nachfrageverhalten. Erst mit der Bereitstellung, also nach Fertigstellung des Glasfaseranschlusses, könne es zu Veränderungen der Endkundenmarktanteile kommen. Übertragen auf den Vorleistungsmarkt müsse das Vorleistungsprodukt beworben und abgesetzt werden. Vor dem Hintergrund, dass Ausbauvorhaben mehrere Jahre in Anspruch nähmen, sei ein Niederschlag der Entwicklungen auf die Marktanteile noch nicht ersichtlich und werde sich erst in der kommenden turnusmäßigen Überprüfung zeigen. Es seien auch keine Tatsachen vorgetragen, die dafür sprächen, dass die Endkunden die über VDSL-, HFC- und Glasfasernetze derzeit überwiegend nachgefragten Breitbandzugangsprodukte nicht mehr als austauschbar betrachteten. Eine Verkleinerung der Betrachtung allein auf die Entwicklung der Tätigkeiten im Glasfaserausbau sei damit nicht geeignet, Aufschluss über die Marktentwicklung im Gesamten zu geben. Auch die Antragstellerin fasse unter dem Topos Glasfaseranschlüsse sowohl FTTH- als auch VDSL-Anschlüsse zusammen. Nichts Anderes ergebe sich aus der Vermarktung der Antragstellerin. Die auch über VDSL produzierbaren Bandbreiten bis 250 Mbit/s im Download dominierten auch den Absatz der Glasfaseranschlüsse der Antragstellerin und machten der aktiven FTTH-Anschlüsse der Antragstellerin aus. Die Marktfestlegung beinhalte notwendigerweise eine Prognose über die Entwicklung der Marktverhältnisse. Im Übrigen entsprächen die heutigen Verhältnisse den im Rahmen der Marktfestlegung angeführten Prognoseszenarien. Die Datengrundlage sei hierfür verwendbar und nicht veraltet gewesen. Es seien bis zum 10. April 2019 Datenerhebungen erfolgt und in die Marktfestlegung eingeflossen. Soweit die Antragstellerin die Zunahme von mit Glasfaser FTTB/H versorgten bzw. unmittelbar erreichbaren Kunden hervorhebe, sei hieraus nicht ersichtlich, dass dies zu einer in der Marktfestlegung nicht vorhergesehenen Verschiebung der Marktanteile geführt habe. Auch die Darstellung der Antragstellerin ihres Marktanteils stimme mit der tatsächlichen Marktlage nicht überein, trage nicht. Der insofern maßgebliche Greenfield-Marktanteil der Antragstellerin liege in Städten mit mehr als einer Million Einwohner bei Prozent und bei Städten mit mehr als 500.000 Einwohnern sogar bei Prozent. Ein Absinken des Marktanteils auf die von der Antragstellerin angegebenen Prozent sei sehr unwahrscheinlich. Dies werde auch bei einer umfassenden Betrachtung deutlich: Trotz Anstiegs des Anteils der aktiven FTTB/H-Anschlüsse und Absinken des Anteils der DSL-Anschlüsse sei der Endkunden-Marktanteil der Antragstellerin nur minimal von Prozent 2016 auf Prozent 2021 gefallen. Auch der von der Antragstellerin hervorgehobene Anstieg der Abdeckung mit hohen Bandbreiten sei von der Marktfestlegung prognostiziert worden. Der sachliche Markt erfasse überdies alle Bandbreiten, sodass die Entwicklung des Bereichs hoher Bandbreiten für den Marktanteil am Gesamtmarkt irrelevant sei.
45Rechtsfehler bei der Auferlegung der Zugangsverpflichtung seien im Weiteren ebenfalls nicht ersichtlich. Der von der Antragstellerin erhobene Vorwurf des fehlenden sachlichen Konnexes zwischen Marktfestlegung und Regulierungsverfügung sei unzutreffend. Es bedürfe des auf Grundlage von § 26 Abs. 3 Nr. 10 TKG zur Rechtslage nach TKG 2004 entwickelten Erfordernisses eines engen funktionalen Zusammenhangs nicht mehr. Dies ergebe sich sowohl aus dem Wortlaut der Vorschrift als auch aus den zugrundeliegenden richtlinienrechtlichen Vorgaben des EKEK. Einer besonderen Analyse der Märkte für bauliche Anlagen bedürfe es danach gerade nicht. Die Auferlegung der Zugangsverpflichtung wäre jedoch selbst unter der Geltung des alten TKG möglich gewesen, da der sonach erforderliche enge funktionale Zusammenhang auch vorliegend gegeben sei. Wenn dieser zu einem nachgelagerten Markt bestehen könne, könne er erst recht zum vorgelagerten Markt bestehen. Denn auf Basis einer Vorleistung auf dem vorgelagerten Markt werde der Zugangsnachfrager in die Lage versetzt, die Leistung auf dem verfahrensgegenständlichen Markt selbst zu produzieren. Im Übrigen habe die BNetzA den Stellungnahmen der Europäischen Kommission weitestgehend Rechnung zu tragen, die gefordert habe, die Zugangsverpflichtung zu den baulichen Anlagen der Antragstellerin so bald wie möglich in Kraft zu setzen.
46Die Abwägungsentscheidung sei fehlerfrei. Hierbei habe die BNetzA zunächst kein fehlerhaftes Normverständnis zugrunde gelegt. Die BNetzA habe nicht die Voraussetzungen des vormaligen § 21 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 zugrunde gelegt. § 26 Abs. 1 TKG sei richtlinienkonform dahingehend auszulegen, dass mit dem Wort „und“ zwischen den Voraussetzungen keine kumulative Verbindung, sondern eine Aufzählung gemeint sei. Weiter sei nicht die vor die Klammer gezogene Darstellung des Prüfprogramms für die Rechtmäßigkeit der Abwägungsentscheidung relevant, sondern die tatsächliche Abwägungsentscheidung selbst: Beide Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 TKG seien in die Abwägungsentscheidung miteinbezogen worden. Der Wortlaut des § 26 Abs. 1 TKG lasse keinen Schluss darauf zu, dass die Antragstellerin innerhalb der Prüfung der beiden Voraussetzungen, soweit diese erfüllt seien, begrenzt sei. Vielmehr könne sie mit Blick auf § 26 Abs. 2 TKG weitere Aspekte in die Abwägung einfließen lassen. Die BNetzA habe auch den Sachverhalt zutreffend ermittelt. Zur nicht gegebenen gleichen Geeignetheit der Zugangsansprüche nach §§ 138 ff. TKG habe die BNetzA in der Regulierungsverfügung Ausführungen gemacht. Auch das von der Antragstellerin in Bezug genommene Gutachten von Prof. Dr. K. bestätige die höhere Effektivität des marktregulierten Zugangs. Im Weiteren sei jedoch zu betonen, dass das Standardangebot nach § 138 Abs. 5 TKG nicht gleichwertig zu einem nach § 29 Abs. 3 TKG geprüften Standardangebot im Rahmen der Marktregulierung sei. Auch insoweit sei auf die Stellungnahme der Europäischen Kommission zu verweisen, der weitestgehend Rechnung zu tragen gewesen sei. Soweit die Antragstellerin weiter vortrage, dass Wettbewerber derart in das Ausbaugeschehen betreffend FTTB/H eingestiegen seien, dass nicht mehr von einem Effizienzvorteil der Antragstellerin auszugehen sei, gehe dieser Vortrag an den Tatsachen vorbei. Dass Wettbewerber auch in erheblichem Umfang in Glasfaserinfrastrukturen investierten, bedeute nicht, dass dadurch die Vorteile der Antragstellerin in Gestalt eines überragenden Endkunden- und Wholesale-Kundenstamms, des Zugriffs auf bauliche Anlagen sowie der gemeinsamen Nutzung der aktiven Technik von Glasfaser- und Kupfer-Anschlüssen ausgeglichen werde. Dies alles sei in der Regulierungsverfügung ausführlich dargelegt und entspreche auch der Außendarstellung der Antragstellerin.
47Die Abwägung sei weiter fehler- und willkürfrei. Die Zugangsverpflichtung sei zur Erreichung der Regulierungsziele geeignet. Das gelte auch in den Fällen, in denen die Zugangsgewährung zu einem Überbau des Glasfasernetzes der Antragstellerin führe. Den Einwand der Antragstellerin, der drohende Überbau führe zu einem Investitionshemmnis, sei von der BNetzA geprüft und verworfen worden. Das Zutreffen der entsprechenden Einschätzungen zeige sich nunmehr im tatsächlichen Investitionsgebaren der Antragstellerin, obwohl ihr die geplanten Zugangsverpflichtungen seit dem Konsultationsentwurf aus Oktober 2021 bekannt gewesen seien. Dass die Gesetzessystematik nicht der Inkaufnahme eines Überbaus entgegenstehe, sei in der Regulierungsverfügung ausgeführt worden. Im Rahmen der Angemessenheitsprüfung sei auch rechtsfehlerfrei der Schutz der Investitionen der Antragstellerin berücksichtigt worden. Hierzu habe die Regulierungsverfügung umfängliche Ausführungen enthalten. Die im gerichtlichen Verfahren vorgetragene Gleichsetzung von Produktinnovationen mit gänzlich neuen Produkten überzeuge nicht; sie lasse den erheblichen Wettbewerbsvorteil der Antragstellerin aufgrund ihres bestehenden Netzes außer Acht. Die Auseinandersetzung der Regulierungsverfügung mit den Investitionsrisiken der Antragstellerin sei hinreichend. Selbst wenn die Ausbauinvestitionen der Antragstellerin in FTTB/H-Netze als Anfangsinvestitionen zu werten seien, verhülfe dies dem Antrag nicht zum Erfolg. Denn die Abwägung ginge aus den vorgetragenen Erwägungen heraus dennoch zu Lasten der Antragstellerin aus.
48Abwägungsfehler in Bezug auf die Standardangebotsverpflichtung und die Entgeltgenehmigungspflicht seien nicht ersichtlich oder in hinreichender Auseinandersetzung mit der Regulierungsverfügung geltend gemacht.
49Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf die Gerichtsakten im Eil- und Hauptsacheverfahren sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der BNetzA (8 elektronische Beiakten).
50II.
51Der seit dem Beginn der Leistungspflicht gemäß Ziffer 1.1 der streitgegenständlichen Regulierungsverfügung am 1. Januar 2024 zulässige Antrag ist unbegründet. Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nummer 3 ganz oder teilweise anordnen. Vorzunehmen ist hierbei eine Interessenabwägung zwischen dem Interesse des Antragstellers an der Aussetzung der sofortigen Vollziehung gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Beibehaltung der sofortigen Vollziehbarkeit, die sich im Grundsatz an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientiert. Das Aussetzungsinteresse des Antragstellers überwiegt das Vollziehungsinteresse, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der getroffenen Maßnahme bestehen.
52Erweisen sich die Erfolgsaussichten in der Hauptsache hingegen als offen, ist im Rahmen einer allgemeinen Interessenabwägung zu gewichten, ob die Folgen, die die Antragstellerin bei einem für sie ungünstigen Ausgang des Eilverfahrens und späterem Obsiegen im Verfahren der Hauptsache zu gewärtigen hat, schwerer wiegen als die Folgen, die einträten, wenn ihr vorläufiger Rechtsschutz gewährt würde, ihre Klage aber endgültig abgewiesen werden sollte. Bei der letztgenannten Gewichtung der wechselseitigen Interessen ist auch zu berücksichtigen, dass § 217 Abs. 1 TKG abweichend von § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO von der sofortigen Vollziehung der Entscheidungen der Bundesnetzagentur regelmäßig ausgeht. Der dort angeordnete Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage hat nicht lediglich zur Folge, dass die Behörde von der ihr sonst nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO obliegenden Pflicht entbunden wird, das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO besonders zu begründen. Er enthält vielmehr die gesetzliche Wertung, dass das öffentliche Interesse am Sofortvollzug selbst bei offenem Prozessausgang regelmäßig erhebliches Gewicht hat.
53Vgl. zur unveränderten Rechtslage nach dem TKG 2004 BVerwG, Beschluss vom 8. April 2010 – 6 VR 2.10 –, juris, Rn. 11.
54Hiervon ausgehend fällt die Interessenabwägung im Ergebnis zulasten der Antragstellerin aus. Die Erfolgsaussichten der Klage gegen den Beschluss der BNetzA vom 21. Juli 2022 sind im angegriffenen Umfang bei summarischer Prüfung offen (hierzu I.). Die in dieser Situation vorzunehmende Interessenabwägung fällt zulasten der Antragstellerin aus (hierzu II.).
55I.
56Die Erfolgsaussichten der Klage gegen den Beschluss der BNetzA vom 21. Juli 2022 erweisen sich im angegriffenen Umfang bei summarischer Prüfung als offen. Zwar bestehen gegen den angegriffenen Beschluss an keiner Stelle ernstliche Zweifel (1.). Offen ist jedoch, ob die BNetzA auch unter der Geltung des § 26 Abs. 1, 2 TKG - wie geschehen - die Prüfung der Frage, ob und welche Zugangsverpflichtungen sie auferlegt, gemeinsam und unter Bildung eines „Zielbündels“ vornehmen durfte (2.).
571.
58An der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Beschlusses bestehen an keiner Stelle ernstliche Zweifel.
59Maßgeblich für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist das Telekommunikationsgesetz in der Fassung vom 10. September 2021, zum Zeitpunkt des Erlasses der Regulierungsverfügung zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. Juli 2022 (BGBl. I S. 1166).
60Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2018 - 6 C 4.17 -, juris, Rn. 13; BVerwG, Beschluss vom 28. Januar 2010 - 6 B 50.09 -, juris, Rn. 14.
61Gemäß § 13 Abs. 1 TKG erlegt die BNetzA Unternehmen, die über beträchtliche Marktmacht verfügen, Verpflichtungen nach den §§ 24 bis 30, 38 oder 49 TKG auf, wenn sie der Ansicht ist, dass das Marktergebnis für die Endnutzer ohne diese Verpflichtungen keinen wirksamen Wettbewerb darstellen würde. Dabei hat das Gericht im Rahmen der Anfechtung einer Regulierungsverfügung auch die Rechtmäßigkeit der ihr zugrundeliegenden Marktdefinition und -analyse i. S. v. §§ 10, 11 TKG zu überprüfen. Denn der Marktregulierung unterliegen nur solche Märkte, auf denen die Voraussetzungen des § 10 TKG vorliegen und für die eine Marktanalyse nach § 11 TKG das Fehlen wirksamen Wettbewerbs ergeben hat; gem. § 13 Abs. 7 TKG ergehen regulatorische Entscheidungen mit den Ergebnissen der Marktdefinition und -analyse als einheitlicher Verwaltungsakt. Die Ergebnisse des Marktdefinitions- und Marktanalyseverfahrens sind ein untrennbarer Bestandteil der Regulierungsverfügung. Zwar hat allein diese Verfügung, nicht aber die auf der Vorfragenebene getroffenen Marktfestlegungen, Regelungscharakter mit Außenwirkung i. S. v. § 35 Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) und die Festlegungen zur Marktdefinition und Marktanalyse können daher zwar nicht isoliert zur gerichtlichen Überprüfung gestellt werden; sie sind aber vom Gericht inzident zu überprüfen.
62Vgl. BVerwG, Urteil vom 1. September 2010 – 6 C 13.09 –, juris Rn. 14.
63Hinsichtlich der Marktdefinition und Analyse (a) sowie hinsichtlich der Regulierungsverfügung selbst (b) bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit.
64a)
65Die Marktdefinition und Marktanalyse gemäß §§ 10, 11 TKG vom 11. Oktober 2019 weist keine Rechtsfehler auf. Bei der vor Inkrafttreten des im Zeitpunkt des Erlasses der Regulierungsverfügung geltenden TKG getroffenen Marktfestlegung ist gemäß § 230 Abs. 3 TKG zu berücksichtigen, dass Festlegungen, die - wie hier - über Marktdefinitionen und -analysen nach §§ 10 und 11 des TKG 2004 getroffen worden sind, als Festlegungen nach §§ 10 und 11 TKG (maßgebliche Fassung) gelten. Die Marktfestlegung 2019 ist hiervon ausgehend taugliche Entscheidungsgrundlage für die auferlegten Regulierungsverpflichtungen. Sie ist weder wegen der Überschreitung des Fristenregimes zwischen Marktfestlegung und Regulierungsverfügung nach § 14 TKG (hierzu aa)) noch wegen Überschreitung des Fristenregimes zwischen den Marktfestlegungen untereinander nach § 15 TKG bzw. § 14 Abs. 2 TKG 2004 (hierzu bb)) unverwertbar. Es musste im maßgeblichen Zeitpunkt auch keine neue Marktanalyse und Marktdefinition wegen veränderter Marktgegebenheiten vorgenommen werden (hierzu cc)).
66aa)
67Die Marktfestlegung 2019 konnte auch unter Beachtung der nunmehr in § 14 Abs. 1 TKG normierten Regelfrist als taugliche Grundlage für die hierauf aufbauende Regulierungsverfügung fungieren. Gemäß § 14 Abs. 1 TKG legt die BNetzA in der Regel innerhalb von sechs Monaten nach Veröffentlichung der Ergebnisse von Marktdefinition und Marktanalyse einen Entwurf einer Regulierungsverfügung vor. Die Vorschrift knüpft an die mit der TKG-Reform neu in das TKG aufgenommene Vorschrift des § 12 Abs. 6 Satz 1 TKG an, wonach die BNetzA die Ergebnisse der Marktdefinition nach § 10 und der Marktanalyse nach § 11 unter Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Beteiligten unverzüglich nach Stellungnahme der Kommission veröffentlicht.
68Hiervon ausgehend läuft die mit § 14 Abs. 1 TKG offenbar erstrebte Verfahrensstraffung - ungeachtet der Frage, welche rechtliche Folgen mit einem Verstoß gegen die Vorschrift verbunden wären - vorliegend jedenfalls ins Leere. Denn im Zeitpunkt des Inkrafttretens des novellierten TKG am 1. Dezember 2021 waren sowohl die Ergebnisse von Marktdefinition und Marktanalyse als auch der Entwurf der Regulierungsverfügung bereits veröffentlicht (zeitgleich am 11. Oktober 2021). Selbst unter insoweit rückwirkender Anlegung der Verfahrensvorschriften des novellierten TKG ist die Vorschrift schon deshalb inhaltlich eingehalten, da die Veröffentlichung der Marktfestlegung 2019 und die Veröffentlichung des Konsultationsentwurfs für die streitgegenständliche Regulierungsverfügung zeitlich am 11. Oktober 2021 zusammenfielen. Eine zeitlich davorliegende Veröffentlichung allein der Ergebnisse von Marktdefinition und Marktanalyse im Sinne der nunmehr geltenden § 12 Abs. 6 Satz 1, § 14 Abs. 1 TKG - welche die 6-Monats-Frist nach § 14 Abs. 1 TKG hätte auslösen können - hat es ausweislich des Verwaltungsvorgangs nicht gegeben und war nach der zum damaligen Zeitpunkt geltenden Rechtslage auch nicht gesetzlich vorgeschrieben:
69Fristauslösend war nicht der 27. Mai 2019, der Zeitpunkt der Veröffentlichung des Konsultationsentwurfs der Marktdefinition und Marktanalyse. Denn hierbei handelt es sich ersichtlich nicht um die Veröffentlichung der (letztgültigen) Ergebnisse von Marktdefinition und Marktanalyse. Denn eine Stellungnahme der Europäischen Kommission hatte es entgegen § 12 Abs. 6 Satz 1 TKG gerade noch nicht gegeben.
70Fristauslösend war auch nicht der 11. Oktober 2019, der Zeitpunkt an dem die Marktdefinition und Marktanalyse seitens der Präsidentenkammer der BNetzA getroffen worden ist. Denn schon eine Veröffentlichung der Ergebnisse der getroffenen Marktfestlegung hat es in diesem Zusammenhang ausweislich des Verwaltungsvorgangs nicht gegeben. Die Marktfestlegung wurde lediglich an die für den Erlass der Regulierungsverfügung zuständige Beschlusskammer 3 sowie in Abschrift an das Bundeskartellamt übermittelt. Dies entsprach auch der damaligen Praxis der BNetzA (Bl. 24379 f. des Verwaltungsvorgangs zur Marktfestlegung).
71Vgl. zum letztgenannten Punkt auch Gurlit in: Säcker/Körber, TKG, 4. Auflage 2023, § 12, Rn. 33.
72Schließlich folgt aus der zeitlichen Spanne zwischen Treffen von Marktdefinition und Marktanalyse am 11. Oktober 2019 durch die Präsidentenkammer der BNetzA und dem Veröffentlichen der Ergebnisse in der Sache am 11. Oktober 2021 insgesamt kein Verstoß gegen das novellierte TKG. Denn insoweit greift jedenfalls § 230 Abs. 3 TKG ein, der eine auf Grundlage der TKG 2004 getroffene Marktfestlegung als eine auf Grundlage des novellierten TKG getroffene Marktfestlegung fingiert. Die hiermit nach der Gesetzesbegründung intendierte Fortgeltung der Marktfestlegung ausdrücklich auch für den Fall, dass die Festlegung bereits ergangen, aber noch nicht mit einer Regulierungsverfügung als einheitlicher Verwaltungsakt veröffentlicht worden ist,
73vgl. BT-Drs. 19/28865, S. 411 f.,
74bedingt notwendigerweise, dass im novellierten TKG neu eingeführte Verfahrensvorschriften betreffend Marktdefinition und Marktanalyse (namentlich die Pflicht zur unverzüglichen Veröffentlichung derselben) nicht rückwirkend auf die nach alter Rechtslage erlassene Marktdefinition und Marktanalyse angewendet werden. Vielmehr ist das Verfahren der Marktdefinition und Marktanalyse als im Zeitpunkt der Festlegungsentscheidung der Präsidentenkammer der BNetzA getroffen im Sinne des § 230 Abs. 3 TKG zu betrachten, da weitergehende Vorgaben zum damaligen Zeitpunkt nicht bestanden. Durchgreifende Bedenken gegen dieses Verständnis der Rechtslage bestehen nicht deshalb, da es dazu führt, dass das Fristenregime des § 14 Abs. 1 Satz 1 TKG in diesem Einzelfall faktisch leerläuft. Dies ist Konsequenz des Umstandes, dass sich die Vorschrift des § 14 Abs. 1 Satz 1 TKG auf den „Normalfall“ nach dem neuen TKG bezieht, vorliegend aber ein Sachverhalt im Raum steht, der sich auf einen Übergangszeitraum bezieht. Im Übrigen wird der materielle Gehalt des § 14 Abs. 1 Satz 1 TKG dadurch gewahrt, dass das Gericht zu überprüfen hat, ob zum Zeitpunkt des Erlasses der Regulierungsverfügung keine neue Marktanalyse und Marktdefinition wegen veränderter Marktgegebenheiten vorgenommen werden musste (siehe Oben und Unten cc)).
75bb)
76Auch eine Überschreitung des Fristenregimes zwischen den Marktfestlegungen untereinander nach § 15 TKG bzw. § 14 Abs. 2 TKG 2004 liegt nicht vor. Soweit die Antragstellerin auf § 15 Abs. 3 Satz 1 TKG abstellt, ist die Vorschrift bereits unter Beachtung des § 230 Abs. 3 TKG nicht anwendbar. Nach § 15 Abs. 3 Satz 1 TKG legt die BNetzA grundsätzlich spätestens alle fünf, jedoch nicht vor Ablauf von drei Jahren nach Veröffentlichung der Ergebnisse der Marktdefinition und Marktanalyse nach § 12 Absatz 6 TKG einen neuen Entwurf der Ergebnisse der Marktdefinition und Marktanalyse vor. Hiervon ausgehend scheidet eine Anwendung des § 15 Abs. 3 Satz 1 TKG schon deshalb aus, da es kein fristauslösendes Ereignis im Sinne dieser Vorschrift gibt. Denn eine Veröffentlichung der Ergebnisse der Marktdefinition und Marktanalyse nach § 12 Absatz 6 TKG konnte es nach dem TKG 2004 nicht geben. Auch der Entwurf der Marktfestlegung war nicht unter dem neuen TKG sondern noch unter der Geltung des TKG 2004 am 27. Mai 2019 vorgelegt worden. Wenn § 230 Abs. 3 TKG die Fortgeltung von Altfestlegungen anordnet, kann das nur bedeuten, dass für die Rechtmäßigkeit dieser Festlegungen auf das alte TKG abzustellen ist und zwar auch dann, wenn „eigentlich“ der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage im neuen TKG „liegt“.
77Die stattdessen einschlägige Vorschrift des § 14 Abs. 2 TKG 2004 ist eingehalten. Danach legt die BNetzA - außer in den Fällen des § 14 Abs. 1 TKG 2004 - alle drei Jahre nach Erlass einer vorherigen Regulierungsverfügung im Zusammenhang mit diesem Markt unter anderen die Entwürfe der Marktdefinition nach § 10 TKG und der Marktanalyse nach § 11 Nr. 1 TKG vor. Ausgehend vom Erlass der vorherigen Regulierungsverfügung am 1. September 2016 wurde der Entwurf der neuen Marktfestlegung am 27. Mai 2019 fristgerecht vorgelegt.
78Im Übrigen war schon nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum TKG 2004 anerkannt, dass aus § 14 Abs. 2 Satz 1 TKG 2004 und dem darin zeitlich bestimmten Überprüfungsauftrag nicht folge, dass eine einmal durchgeführte Marktanalyse ohne Rücksicht auf die Marktgegebenheiten nach zwei (bzw. zuletzt: drei) Jahren gewissermaßen automatisch außer Kraft tritt, sodass sie bis zum Abschluss einer neuen Marktanalyse auch nicht mehr Grundlage ergänzender Regulierungsmaßnahmen sein könnte.
79Vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2011 – 6 C 36.10 –, juris, Rn. 19.
80Dass sich hieran, insbesondere an den Ausführungen zur Verzögerungsanfälligkeit des Gesamtverfahrens, mit Blick auf § 15 Abs. 3 Satz 1 TKG substantiell etwas geändert hätte, legt auch die Antragstellerin nicht überzeugend dar. Hiergegen dürfte nicht zuletzt auch § 15 Abs. 5 Satz 1 TKG sprechen.
81cc)
82Es war im maßgeblichen Zeitpunkt (21. Juli 2022) auch nicht die erneute Durchführung eines Marktdefinitions- und Marktanalyseverfahrens aufgrund einer Änderung tatsächlicher Marktgegebenheiten erforderlich.
83Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 21. September 2018 – 6 C 50.16 –, juris, Rn. 36.
84Die Präsidentenkammer der BNetzA hat sich mit einem entsprechenden Antrag der Antragstellerin vom 13. Juni 2022 im Verwaltungsverfahren auseinandergesetzt und diesen aus tragfähigen Gründen heraus abgelehnt (Bl. 5087 f. des Verwaltungsvorgangs der Regulierungsverfügung). Die Antragstellerin zeigt demgegenüber nicht auf, dass sich die der Marktfestlegung 2019 zugrunde gelegten Marktgegebenheiten vor Erlass der Regulierungsverfügung in maßgeblicher Weise verändert hätten. Soweit die Antragstellerin eine fehlende sachliche Differenzierung von kupfer- und glasfaserbasierten Leistungen rügt, zeigt sie nicht auf, dass eine solche Differenzierung auf der Stufe der Marktanalyse und Marktdefinition nunmehr erforderlich gewesen wäre. Die von der BNetzA in der Begründung der Marktfestlegung getroffene und sodann im Gerichtsverfahren erneut erläuterte Annahme, es liege ein sachlich einheitlicher Markt in Bezug auf kupfer- und glasfaserbasierten Anschlüssen vor, sodass es insgesamt wegen der Austauschbarkeit der jeweiligen Leistungen aus Endkundensicht sowie des bestehenden Marktmachtübertragungspotenzials auf eine marktsegmentsübergreifende Betrachtung der Marktmacht ankomme, ist tragfähig. Die Antragstellerin stellt auch durch die Schilderung des zwischenzeitlichen Investitionsgeschehens von Wettbewerbern die der Marktfestlegung 2019 zugrundeliegenden Annahmen nicht in Frage: Soweit die Antragstellerin dort darauf abgestellt hat, dass sich die Zahl der mit Glasfaser versorgten bzw. unmittelbar erreichten Kunden allein im Jahr 2021 um etwa ein Drittel erhöht habe (Ende 2021 habe sie bei Mio. Kunden gelegen), ändert dieser Umstand nichts daran, dass sich der Antragsgegnerin eine signifikante Verselbständigung des Glasfasermarkts nicht aufdrängen musste. Die Bandbreiten bis 250 Mbit/s, die auch über das kupferbasierte VDSL-Produkt realisierbar sind, dominierten auch in April 2022 mit einem Anteil von über Prozent den Absatz der FTTH-Anschlüsse der Antragsgegnerin (Bl. 3581 des Verwaltungsvorgangs der Regulierungsverfügung). Auch ist nach wie vor auch nach der Vermarktungsstrategie der Antragstellerin aus jüngster Zeit von einer Austauschbarkeit von kupfer- und glasfaserbasierten Leistungen aus Endkundensicht auszugehen. Denn die Antragstellerin fasst unter ihrem Produkt „Z.“ je nach Verfügbarkeit sowohl das kupferbasierte VDSL-Produkt als auch FTTH zusammen.
85Vgl. insofern exemplarisch die FAQ: „Ist ein FTTH-Anschluss das gleiche wie ein Glasfaseranschluss“: „Internetquelle wurde entfernt“ (zuletzt abgerufen: 29.02.2024); Leistungsbeschreibung Z. „Internetquelle wurde entfernt“ (zuletzt abgerufen: 29.02.2024).
86Dem Vorbringen der Antragstellerin, dass das Investitionsvolumen der Wettbewerber der Antragstellerin ständig steigend sei, ließ sich nicht entnehmen, dass sich die Investitionsankündigungen ihrer Wettbewerber bereits tatsächlich auf die Marktanteile ausgewirkt hätten. Denn hierfür ist erforderlich, was die Antragsgegnerin im gerichtlichen Verfahren zutreffend darlegt, dass Leistungen auf dem Vorleistungs- oder Endkundenmarkt durch die Wettbewerber tatsächlich abgesetzt werden oder sich dies zumindest kalkulierbar abzeichnet. Überdies ist auch das potenziell zunehmende Investitionsgeschehen im Bereich FTTH bereits in die Marktfestlegung 2019 eingeflossen und in diesem Zusammenhang prognostiziert worden, dass dies langfristig nur begrenzte Auswirkungen auf die Marktmacht der Antragstellerin haben würde (Bl. 24228 des Verwaltungsvorgangs der Marktfestlegung). Diese Prognose im weiteren Zeitverlauf als weitgehend bestätigt zu betrachten, ist nicht zu beanstanden.
87Entgegen dem Vortrag der Antragstellerin hat die BNetzA ihrer Prüfung im Rahmen der Marktfestlegung 2019 auch den modifizierten Greenfield-Ansatz zugrunde gelegt (Bl. 24202 des Verwaltungsvorgangs der Marktfestlegung).
88Soweit die Antragstellerin auf ihre nunmehrigen „Marktanteile“ bei den FTTH-Anschlüssen eingeht und diese beziffert, geht dies in Anbetracht eines einheitlich definierten und zumindest im maßgeblichen Zeitpunkt nicht neu zu definierenden Gesamtmarkts für den TAL-Zugang an festen Standorten an der Sache vorbei; die Antragsgegnerin hat in diesem Zusammenhang nie behauptet, der „Marktanteil“ der Antragstellerin liege in diesem Segment bei Prozent. Im Übrigen geht es nicht um „Marktanteile“ als solche, sondern um die „Marktanteile“ bei Anwendung des „Greenfield-Ansatzes“, d.h. bei Hinwegdenken der bisherigen Regulierung.
89Hinsichtlich der in der Marktfestlegung 2019 unterbliebenen regional differenzierten Marktfestlegung zeigt die Antragstellerin ebenfalls nicht auf, dass im maßgeblichen Zeitpunkt eine Erneuerung von Marktanalyse und Marktdefinition erforderlich gewesen wäre. Im Rahmen der Marktdefinition und Analyse vom 11. Oktober 2019 - dem Zeitpunkt an dem die Marktdefinition und Marktanalyse seitens der Präsidentenkammer der BNetzA getroffen worden ist - wurde von einem einheitlichen nationalen Markt ausgegangen, was ausführlich begründet wurde (Zusammenfassung auf S. 205 f. der Marktfestlegung 2019). Mit dieser Begründung der Marktfestlegung 2019 setzt sich die Antragstellerin nicht auseinander. Soweit die Antragstellerin nunmehr regionale Unterschiede bei den Investitionen in den Breitbandausbau hervorhebt, haben diese wie vorstehend ausgeführt schon keine hinreichenden Veränderungen der Marktmacht gezeitigt. Es bestand daher keine Veranlassung die Marktfestlegung unter dem Gesichtspunkt der Regionalisierung zu erneuern.
90Soweit die Antragstellerin im Zusammenhang mit der sachlichen Marktabgrenzung weiter rügt, dass ungeachtet der Annahme eines einheitlichen nationalen Marktes für kupfer- und glasfaserbasierten Leistungen eine Ausdifferenzierung der Marktsegmente nach Kupferleistungen und Glasfaserleistungen geboten gewesen wäre, da die Marktsegmente von vollständig anderen Markt- und Wettbewerbsverhältnissen geprägt seien, ändert das nichts daran, dass auf der Ebene der sachlichen Marktabgrenzung nach den Feststellungen der Antragsgegnerin ein einheitlicher Markt anzunehmen war; insoweit erkennt die Antragstellerin richtig, dass diesbezüglich auf der Ebene der Abhilfemaßnahmen eine Differenzierung zu erfolgen habe (Bl. 1030 der Gerichtsakte). Auch der Umstand, dass im Rahmen der Regulierungsverfügung nach Anschlusstypen differenzierte Abhilfemaßnahmen ergangen sind, lässt keinen Rückschluss auf die Notwendigkeit der Erneuerung der Marktanalyse und Marktdefinition wegen gewandelter Marktgegebenheiten zu. Soweit die Antragstellerin im Zusammenhang mit der sachlichen Marktabgrenzung schließlich rügt, die Differenzierung nach Kupfer- und Glasfaseranschlüssen sei in der Regulierungsverfügung zwar angelegt, gehe aber nicht weit genug, ist dies keine Frage der Marktfestlegung, sondern der hierauf aufsattelnden Abwägung über das „Ob“ und „Wie“ von Abhilfemaßnahmen im Rahmen der Regulierungsverfügung.
91b)
92Auch hinsichtlich der Regulierungsverfügung selbst bestehen an keiner Stelle ernstliche Zweifel an ihrer Rechtmäßigkeit. Hinsichtlich der Auferlegung von Zugangsverpflichtungen zu baulichen Anlagen selbst - d.h. für sich genommen - sind bei Zugrundelegung der Rügen der Antragstellerin überwiegend keine Rechtsfehler gegeben. Die Voraussetzungen des § 26 Abs. 3 Nr. 10 TKG liegen voraussichtlich vor.
93aa)
94Gemäß § 26 Abs. 3 Nr. 10 TKG kann die BNetzA Unternehmen, die über beträchtliche Marktmacht verfügen, unter Beachtung von § 26 Abs. 1 TKG unter anderem die Verpflichtung auferlegen, Zugang zu baulichen Anlagen zu gewähren, auch dann, wenn diese nicht Teil des sachlich relevanten Marktes nach § 10 sind, sofern die Zugangsverpflichtung im Hinblick auf das in der Marktanalyse nach § 11 festgestellte Problem erforderlich und angemessen ist.
95Einer Zugangsauferlegung zu baulichen Anlagen im streitgegenständlichen Umfang auf Grundlage der Marktfestlegung 2019 steht nicht das in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 21 TKG 2004 entwickelte Erfordernis eines engen funktionalen Zusammenhangs zwischen der Einrichtung, zu der Zugang zu gewähren ist, und dem Markt, für den ein Regulierungsbedarf festgestellt worden ist, entgegen.
96Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Januar 2010 – 6 C 22.08 –, juris, Rn. 30; BVerwG, Urteil vom 12. Juni 2013 – 6 C 10.12 –, juris, Rn. 26.
97Denn ein solches, über den reinen Wortlaut des § 26 Abs. 3 Nr. 10 TKG hinausgehendes Erfordernis, findet im derzeitigen TKG keine Stütze. Vielmehr eröffnet der Wortlaut des § 26 Abs. 3 Nr. 10 TKG gerade die Möglichkeit auch dann Zugangsverpflichtungen betreffs baulicher Anlagen aufzuerlegen, wenn die baulichen Anlagen nicht Teil des sachlich relevanten Markts sind, die Zugangsverpflichtung aber dennoch im Hinblick auf das Marktproblem in verhältnismäßiger Weise Abhilfe oder Linderung zu verschaffen in der Lage ist. In dieser Formulierung findet sich zwar das Erfordernis eines Zusammenhangs zwischen Gegenstand der Zugangsverpflichtung und festgestelltem Marktproblem insofern, als Ersterer irgendwie geeignet sein muss, Zweiterem Abhilfe oder Linderung zu verschaffen. Dass dieser Zusammenhang darüber hinaus indes besonders eng oder funktional sein müsste, lässt sich dem Wortlaut nicht entnehmen.
98Diese Lesart findet eine weitere Stütze in Art. 72 EKEK, der die Zugangsverpflichtung betreffend bauliche Anlagen richtlinienrechtlich eröffnet. In Art. 72 Abs. 1 EKEK ist lediglich von einer Berücksichtigung der Marktanalyse die Rede. Besonders qualifizierte Anforderungen an die Art und Weise der Berücksichtigung bzw. den erforderlichen Zusammenhang werden nicht aufgestellt. Noch weiter geht Art. 72 Abs. 2 EKEK: Danach können die nationalen Regulierungsbehörden Unternehmen dazu verpflichten, den Zugang gemäß dem vorliegenden Artikel zu gewähren, unabhängig davon, ob die unter die Verpflichtung fallenden Anlagen gemäß der Marktanalyse Teil des relevanten Marktes sind, sofern die Verpflichtung im Hinblick auf die Erreichung der Ziele des Artikels 3 notwendig und verhältnismäßig ist. Dementsprechend attestiert auch die Gesetzesbegründung zu § 26 Abs. 3 Nr. 10 TKG unter Bezugnahme auf Art. 72 EKEK lediglich, dass durch die Formulierung der Vorschrift weiterhin eine Verbindung zur Marktanalyse geschaffen werde; dass es dabei um einen engen funktionalen Zusammenhang gehen müsste, ist nicht ersichtlich.
99Vgl. BT-Drs. 19/26108, S. 265.
100In systematischer Hinsicht ist zudem festzustellen, dass ein Zugang zu baulichen Anlagen unter Wahrung des Erfordernisses eines engen funktionalen Zusammenhangs der Einführung des § 26 Abs. 3 Nr. 10 TKG flankiert durch das Suffizienzkriterium nach § 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 TKG nicht bedurft hätte. Zugang zu baulichen Anlagen als Annex zu Zugangsansprüchen zu Netzkomponenten hätte auch – in Fortsetzung des bisherigen Rechtszustands – über § 26 Abs. 3 Nr. 1 TKG gewährt werden können. Die Einführung einer speziellen Vorschrift, die vorrangig (!) den basalen Zugang zur weitest vorgelagerten Vorleistung gewähren soll, spricht damit systematisch eindeutig dafür, dass in Abkehr von den überkommenen Voraussetzungen an die Qualität des Zusammenhangs zwischen Zugangsleistung und festgestelltem Marktproblem, die Auferlegungsmöglichkeiten für den Zugang zu baulichen Anlagen erheblich erweitert werden sollten.
101Vgl. im Ergebnis auch Neumann in: Säcker/Körber, TKG, 4. Auflage 2023, § 26, Rn. 253.
102Soweit die Antragstellerin einer Formulierung im streitgegenständlichen Beschluss entnehmen möchte, die BNetzA habe § 26 Abs. 3 Nr. 10 TKG in fehlerhafter Weise europarechtskonform verengend ausgelegt, liegt nach Ansicht der Kammer ein Fehlverständnis der von der BNetzA gewählten Formulierung vor. So wollte die BNetzA nach Ansicht der Kammer mit dem Satz auf Seite 112 des Beschlusses: „Die Formulierung […] ist europarechtskonform und damit weiter als allein auf einen konditionierten Zugang bezogen auszulegen.“, nicht ausdrücken – wie die Antragstellerin offenbar meint –, die Voraussetzung sei weiter im Sinne von „weiterhin“ als allein auf einen konditionierten Zugang bezogen auszulegen, sondern vielmehr als weiter im Sinne von „weitergehender“. So verstanden, drückt die BNetzA mit der zitierten Passage lediglich das im vorhergehenden Absatz des hiesigen Beschlusses dargelegte Auslegungsergebnis in anderen Worten aus.
103Ausgehend vom Vorstehenden ist es dann auch nicht als unzureichende Sachverhaltsaufklärung seitens der BNetzA zu werten, dass die Marktzusammenhänge in Bezug auf die baulichen Anlagen nicht im Sinne einer Marktanalyse untersucht worden sind. Denn eine solche gesonderte Untersuchung wird nach dem Wortlaut von § 26 Abs. 3 Nr. 10 TKG gerade nicht gefordert. Dass die Marktfestlegung 2019 eine hinreichende Grundlage für die Auferlegung von Zugangsverpflichtungen auch zu baulichen Anlagen darstellte, wurde bereits dargelegt.
104bb)
105Zur Gewährung von Zugang zu baulichen Anlagen kann gem. § 26 Abs. 3 Nr. 10 TKG verpflichtet werden, wenn die Zugangsverpflichtung im Hinblick auf das in der Marktanalyse nach § 11 festgestellte Problem erforderlich und angemessen ist. Auch im Rahmen der Anwendung dieser Bestimmung steht der Antragsgegnerin Regulierungsermessen zu. Dabei kann dahinstehen, ob sich dies bereits daraus ergibt, dass die Bestimmung richtlinienkonform dahin auszulegen ist, dass auch auf die Erreichung der Ziele nach § 2 TKG abzustellen ist.
106Vgl. so in der Tat Neumann in: Säcker/Körber, TKG, 4. Auflage 2023, § 26, Rn. 251.
107Denn die Einräumung von Regulierungsermessen bei der Anwendung des § 26 Abs. 3 Nr. 10 TKG ergibt sich bereits aus der Systematik des § 26 TKG: Auch § 26 Abs. 3 TKG verweist auf § 26 Abs. 1 TKG („unter Beachtung von Absatz 1“), wo Regulierungsermessen eingeräumt wird. Die Regelung des § 26 Abs. 1 TKG wird ihrerseits flankiert von der Regelung nach § 26 Abs. 2 TKG, in der mehrfach auf die Ziele nach § 2 TKG Bezug genommen wird und in der die Ziele konkretisiert werden; auch dort ist also Regulierungsermessen gegeben. Vor diesem Hintergrund wäre es unverständlich, wenn gerade die Regelung des § 26 Abs. 3 Nr. 10 TKG nicht vom Regulierungsermessen erfasst sein sollte. Im Übrigen ist die Regelung des § 26 Abs. 3 TKG an die Regelung nach § 21 Abs. 2 TKG 2004 angelehnt; im Rahmen dieser Regelung war aber ungeachtet der abweichenden Formulierung klar, dass vollständiges Regulierungsermessen besteht.
108Vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 27. Januar 2010 – 6 C 22.08 –, juris Rn. 15.
109Dass der Gesetzgeber des neuen TKG hiervon hätte abweichen wollen, ist nicht ersichtlich. Der Beschlusskammer steht dementsprechend im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen des § 26 Abs. 3 Nr. 10 TKG ein umfassender Auswahl- und Ausgestaltungsspielraum zu. Bezugspunkt für dessen Ausübung sind neben der Prüfung der Erforderlichkeit und Angemessenheit und neben den stets zu beachtenden Grundrechtspositionen des regulierten Unternehmens und seiner Wettbewerber die in § 2 Abs. 2 TKG vorgegebenen Regulierungsziele und Regulierungsgrundsätze des § 2 Abs. 3 TKG. Die gerichtliche Kontrolle der Ausübung dieses einheitlichen regulierungsbehördlichen Letztentscheidungsrechts ist auf Abwägungsfehler beschränkt. Das Regulierungsermessen wird fehlerhaft ausgeübt, wenn eine Abwägung überhaupt nicht stattgefunden hat - Abwägungsausfall -, in die Abwägung nicht an Belangen eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden musste - Abwägungsdefizit -, die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt worden ist - Abwägungsfehleinschätzung - oder der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen worden ist, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht - Abwägungsdisproportionalität -. Die gerichtliche Kontrolle der Ausübung des Regulierungsermessens hat sich dabei grundsätzlich auf diejenigen Erwägungen zu beschränken, die die Behörde zur Begründung ihrer Entscheidung dargelegt hat.
110Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. September 2018 – 6 C 50.16 –, juris, Rn. 39, 43, m. w. N.
111Hiervon ausgehend ist die weitere Abwägungsentscheidung auch und gerade mit Blick auf die spezifischen Voraussetzungen von § 26 Abs. 3 Nr. 10 TKG, ebenfalls nicht zu beanstanden. Abwägungsfehler sind nicht ersichtlich.
112aaa)
113Abwägungsfehler in Bezug auf die Annahme der BNetzA, die Zugangsverpflichtung betreffend bauliche Anlagen erweise sich als geeignet im Hinblick auf das Ziel der Konnektivität und der Förderung von Netzen mit sehr hoher Kapazität, sind nicht ersichtlich. Soweit die Antragstellerin anführt es liege insofern eine Abwägungsfehleinschätzung vor, da ein Überbau dem Netzausbau schade und gesetzlich nicht gewollt sei, kann dem nicht gefolgt werden. Die BNetzA hat sich im Rahmen der Begründung der Regulierungsverfügung mit den benannten Einwänden auseinandergesetzt (S. 115 f. des Beschlusses). Insofern hat sie das potenzielle Investitionshindernis eines zu befürchtenden Überbaus, das aus Sicht der Antragstellerin bestehen könne, erkannt, aber als gegenüber dem prognostizierten Ziel des Erhalts der marktbeherrschenden Stellung der Antragstellerin nachrangig eingestuft. Dass dies eine Fehleinschätzung im Hinblick auf die Geeignetheit der Zugangsgewährung zur Erreichung der Regulierungsziele jedenfalls für die streitgegenständliche Regulierungsperiode darstellte, macht die Antragstellerin nicht deutlich. Die Antragstellerin spricht insofern selbst von eher mittel- bis langfristigen Auswirkungen auf ihr Investitionsverhalten, da Investitionsentscheidungen nicht auf die Schnelle aufgegeben werden könnten.
114Dass sich die Zugangsverpflichtung einschließlich des Risikos eines Überbaus sonach schon in der streitgegenständlichen Regulierungsperiode als ungeeignet im Hinblick auf den Ausbau breitbandiger Netze erweisen wird, ist auch nach dem Vortrag der Antragstellerin nicht ersichtlich. Vielmehr weist die Antragsgegnerin zurecht darauf hin, dass die Antragstellerin ihre Investitionspläne nach Veröffentlichung des Eckpunkte-Papiers 2019 nicht erkennbar reduziert hat. Soweit die Antragstellerin dem entgegen hält, im Eckpunkte-Papier 2019 sei noch keine Zugangsverpflichtung betreffend bauliche Anlagen vorgesehen gewesen, so ist dies betreffs des Papiers selbst zwar richtig; indes wurde im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung zum Eckpunkte-Papier vom 12. Juli 2019 die sich abzeichnende Umsetzung des EKEK in Bezug auf Art. 72 und die damit voraussichtlich verbundene Erweiterung der Zugangsverpflichtung auf bauliche Anlagen ausführlich diskutiert (Vgl. Bl. 60 ff. des Verwaltungsvorgangs der Regulierungsverfügung). Im Übrigen verengt die Argumentation der Antragstellerin zum einen den Blick zu stark auf das eigene Investitionsverhalten und blendet das mit der Regulierung zu erwartende Investitionsverhalten der Wettbewerber aus; zum anderen erscheint die Annahme, das Abfangen von Investitionsrisiken für die Antragstellerin könne im Wege der Entgeltgenehmigung realisiert werden (§ 38 Abs. 5 Nr. 3 TKG), nicht fehlgeleitet.
115Soweit die Antragstellerin hierzu rügt, es sei unter der Geltung einer kostenbasierten Entgeltregulierung nicht vorstellbar, dass über das Entgelt für die Zugangsgewährung zu baulichen Anlagen der im Nachgang eines Überbaus verlorene Endkunde ausgeglichen werde, so ist hierzu Dreierlei zu sagen: Zum Ersten ist nicht ersichtlich, warum im Szenario eines Überbaus eine signifikant höhere Gefahr des Endkundenverlusts bestehen sollte, als in anderen Fällen der Zugangsgewährung auf einer nachgelagerten Vorleistungsebene. Zum Zweiten ist nicht verständlich, warum die Antragstellerin davon ausgeht, der von ihr angenommene Endkundenverlust sei auch als Verlust im Rahmen des Vorleistungsgeschäfts zu betrachten. Denn die seitens eines überbauenden Wettbewerbers von der Antragstellerin in Anspruch genommene Nutzung der Kabelkanalanlagen zum Zwecke des Überbaus ist als Inanspruchnahme einer Vorleistung einzustufen; insofern bleibt der Antragstellerin ein Vorleistungsgeschäft gegen Entgelt erhalten. Zum Letzten ist nicht erkennbar, wieso die (frustrierten) Investitionskosten für den Aufbau baulicher Anlagen nicht über das Instrumentarium der Entgeltregulierung tatsächlich abzufangen wären. Die BNetzA geht hierbei innerhalb der Regulierungsverfügung (S. 278 des Beschlusses) selbst davon aus, dass sich die Entgeltregulierung unter Berücksichtigung von § 38 Abs. 5 Nr. 3 TKG grundsätzlich von einer klassischen Regulierung am Maßstab der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung und von einer Regulierung nach § 37 TKG unterscheide. Vielmehr komme § 39 Abs. 1 Nr. 3 TKG zur Anwendung. Dass diese für das Entgeltverfahren erwogene Vorgehensweise im derzeitigen Verfahrensstand erkennbar rechtsfehlerhaft wäre und zu einer unzureichenden Berücksichtigung der durch einen Überbau provozierten Investitionsrisiken führen könnte, ist weder substantiiert vorgetragen noch ersichtlich.
116Soweit die Antragstellerin zunächst geltend gemacht hat, der Überbau von bereits bestehenden Glasfasernetzen der Antragstellerin sei gesetzlich nicht gewollt, kann auf die Ausführungen in der Regulierungsverfügung verwiesen werden: Es ist nicht ersichtlich, dass die für die symmetrische Zugangsgewährung geltenden §§ 141 Abs. 2 Nr. 7, 143 Abs. 4 Nr. 3 TKG Rückschlüsse auf die Grenzen der im TKG an anderer Stelle geregelten Marktregulierung zuließen. Dass die Marktregulierung generell nicht durch die symmetrischen Zugangsregulierungsvorschriften nach §§ 138 ff. TKG gesperrt wird, ergibt sich unmittelbar aus einem Vergleich von § 26 Abs. 3 Nr. 10 TKG zu den §§ 138 ff. TKG und folgt im Übrigen auch aus der Entstehungsgeschichte der maßgeblichen gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften, in denen die Absicht des Richtliniengebers zum Ausdruck kommt, der sektorspezifischen Regelung den Vorrang zu lassen („lex-specialis“-Grundsatz).
117Vgl. Scherer/Butler in: K./Scherer/Graulich, TKG, 3. Aufl. 2021, § 77d Rdnr. 23.
118Auch geht es bei der symmetrischen Zugangsgewährung nicht - wie hier - um die Eindämmung beträchtlicher Marktmacht, sondern primär um die Senkung der Kosten, des Ausbaus von Hochgeschwindigkeitsnetzen durch Hebung von Synergien. Schließlich dürften die von der Antragstellerin zu ihren Gunsten bemühten Vorschriften gegen sie selbst gerichtet sein. Im Rahmen der genannten Vorschriften wird - was die Beschlusskammer richtig hervorgehoben hat - offenbar die Gefahr gesehen, dass kleinere, lokale Projekte von Kommunen und alternativen, nur regional agierenden Netzbetreibern vor nachlaufenden eigenwirtschaftlichen Ausbauaktivitäten des marktbeherrschenden Unternehmens - und das ist eben die Antragstellerin - geschützt werden sollen. Dass auch diesen Überlegungen letztlich der Grundgedanke zugrunde liegt, dass ein (drohender) Überbau bei Investitionsentscheidungen in den Blick zu nehmen ist, ist zwar richtig. Das hat die Antragsgegnerin aber - wie oben dargestellt - zu Recht selbst in den Blick genommen und hat darüber fehlerfrei entschieden (siehe Oben). Offenbar hat die Antragstellerin entsprechende Einwände nunmehr auch selbst fallen gelassen, wenn sie im Schriftsatz vom 19. April 2023 vom Überbau als Indiz für einen gesunden Infrastrukturwettbewerb spricht.
119Soweit die Antragstellerin im Sinne eines Abwägungsdefizits weiter rügt, die von der eröffneten Überbaumöglichkeit ausgehende Sogwirkung auf bereits ausgebaute FTTH-Netze der Antragstellerin und die Folgen für den Netzausbau sei nicht erwogen worden, greift dies nicht durch. Die Sogwirkung in der von der Antragstellerin beschriebenen Form musste sich der BNetzA im Sinne eines Anhaltspunkts für die Ungeeignetheit der Zugangsverpflichtung nicht aufdrängen,
120zu diesem Maßstab vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2013 - 6 C 24.12 -, juris Rn. 52,
121denn der Beschluss geht zu Recht davon aus, dass die Antragstellerin auch abseits von FTTH-Infrastrukturen über Kabelkanalanlagen auf der Relation zwischen HVt und Endkunden verfügt. Einen spezifischen Sog auf bereits breitbandig (FTTH) ausgebaute Gebiete bringt die Zugangsverpflichtung sonach weder flächendeckend noch in der von der Antragstellerin angenommenen Zwangsläufigkeit mit sich.
122bbb)
123Auch im Hinblick auf die Erforderlichkeit einer Zugangsverpflichtung betreffend bauliche Anlagen sind Abwägungsfehler nicht ersichtlich. Soweit die Antragstellerin darauf abstellt, dass der Glasfasermarkt auch ohne die auferlegte Verpflichtung eine enorme Dynamik entfaltet habe, bei der die Wettbewerber der Antragstellerin hohe Investitionssummen aufbrächten, und dass sich die Prüfung von § 26 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 TKG auf unbelegte und nicht hinreichend aufgeklärte Annahmen stütze, greifen auch diese Rügen nicht durch. Die Antragstellerin tritt den Argumenten der BNetzA, der eigenen Errichtung von baulichen Anlagen durch die Wettbewerber stünden angesichts des Tempos der Marktentwicklung derzeit auf unabsehbare Zeit hohe Tiefbaukosten entgegen, und die Nutzung alternativer Infrastrukturen als die der Antragstellerin sei im Hinblick auf die Regulierungsziele weniger geeignet, nicht substantiiert entgegen. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Annahme der BNetzA, die Linienführung der Kabelkanalanlagen der Antragstellerin auf der Relation HVt – Endkunde stelle – soweit eine solche existiere – die effizienteste Anbindung der Endkunden dar, die zudem am wenigsten zusätzlichen Tiefbau erfordere. Diese von der Antragstellerin als These bezeichnete Annahme der BNetzA ist hingegen aus Sicht des Gerichts einleuchtend und bedarf nach der Begründungslogik der BNetzA nicht zwangsläufig weiterer Belege, zumal die BNetzA zugleich die Nachteile einer symmetrischen Zugangsgewährung herausstellt, die mit der Nutzung alternativer, ggf. nicht telekommunikationsspezifischer Infrastruktur einherginge. Im Übrigen zieht die BNetzA aus der von der Antragstellerin nicht bestrittenen Feststellung, dass die Antragstellerin über Kilometer Leerrohrtrassen verfüge (S. 122 des Beschlusses), den jedenfalls für die Zwecke des § 26 Abs. 3 Nr. 10 TKG vertretbaren Schluss, dass bei bislang marktübergreifend mitgenutzten bzw. vermieteten Leerrohrtrassen von insgesamt lediglich km eine vergleichbar geeignete, das heißt mitnutzbare, Infrastruktur an baulichen Anlagen nicht vorliege. Hiergegen ist auch mit Blick auf die Erwägungen zu den weniger gut geeigneten symmetrischen Zugangsansprüchen, die insoweit eingreifen würden, nichts zu erinnern. Der Annahme der BNetzA, die Antragstellerin sei nicht zur freiwilligen Nutzungsüberlassung von baulichen Anlagen bereit (S. 123 des Beschlusses), ist die Antragstellerin im gerichtlichen Verfahren schließlich nicht entgegengetreten.
124Soweit die Antragstellerin geltend macht, die symmetrischen Zugangsansprüche aus §§ 138 ff. TKG seien ein milderes, gleich geeignetes Mittel um den Ausbau von Netzen mit sehr hoher Kapazität zu fördern, hat sich die BNetzA mit diesem Einwand in der Beschlussbegründung hinreichend auseinandergesetzt und eine entsprechende gleiche Geeignetheit verneint (S. 122 des Beschlusses). Gegen die angeführten Argumente, die Instrumente der Marktregulierung verhinderten kleinteilige, projektbezogene und individuelle Vertragsverhandlungen und böten durch das geprüfte Standardangebot eine höhere Planungssicherheit, ist unter Beachtung des Regulierungsermessens der BNetzA nichts zu erinnern. Soweit die Antragstellerin dem entgegenhält, Einzelfragen seien auch im Zuge eines Standardangebotsverfahrens zu klären, setzt sie sich mit dem von der BNetzA erwogenen Aspekt der erhöhten Planungssicherheit, die durch ein geprüftes Standardangebot vermittelt werde, nicht hinreichend auseinander. Soweit die Antragstellerin rügt, die von der BNetzA angestellte Argumentation sei im Hinblick auf bereits von der Antragstellerin verwendete Standardverträge widersprüchlich, greift auch dieser Einwand nicht durch. Die BNetzA stellt lediglich heraus (S. 270 des Beschlusses), dass die bereits von der Antragstellerin verwendeten Standardverträge nach § 77d Abs. 5 TKG 2004 die Basis für ein Standardangebotsverfahren sein könnten; ob diese Standardverträge der Prüfung nach § 29 Abs. 3 Satz 1 TKG standhielten, ein Standardangebotsverfahren mit anderen Worten von vorneherein obsolet wäre, ist damit nicht gesagt. Schließlich gilt auch hier: Die Marktregulierung nach § 26 Abs. 3 Nr. 10 TKG steht selbstständig neben der Regulierung nach den §§ 138 ff. TKG (siehe Oben).
125Soweit die Antragstellerin durch das Sich-Zueigenmachen der Ausführungen von Prof. Dr. K. auch auf eine fehlende Alternativenprüfung in Bezug auf die symmetrischen Zugangsansprüche nach § 22 Abs. 1 TKG abstellt, musste sich eine solche Prüfung der BNetzA nicht aufdrängen. Denn durch die Regelung des § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 TKG ist schon nach der gesetzlichen Systematik offensichtlich, dass eine Zugangsgewährung nach § 22 Abs. 1 TKG nicht als milderes Mittel an die Stelle einer Zugangsverpflichtung nach § 26 TKG treten kann. Auch musste sich der BNetzA nicht aufdrängen zu prüfen, ob der Zugang zu den Kabelkanalanlagen der Antragstellerin nicht davon abhängig gemacht werden solle, dass die Wettbewerber der Antragstellerin ihrerseits Zugang zu ihren Kabelkanalanlagen gewähren. Dass geht schon an dem Umstand vorbei, dass allein bezüglich der Antragstellerin das Bestehen von Marktmacht festgestellt wurde.
126Zu dem Maßstab des „Aufdrängens“ vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2013 - 6 C 24.12 -, juris Rn. 52.
127Letztlich sind auch keine Abwägungsfehler im Hinblick auf die Angemessenheitsprüfung ersichtlich. Dies gilt namentlich mit Blick auf die Berücksichtigung der Investitionsrisiken der Antragstellerin. Hierbei kann offenbleiben, ob die BNetzA bezüglich der zum Aufbau des FTTB/H-Netzes errichteten Kabelkanalanlagen zu Recht die Einstufung als Anfangsinvestition (§ 26 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 TKG) abgelehnt hat, da sie nicht mit einem erstmaligen Markteintritt verbunden gewesen seien was schon daraus folge, dass das Kupfer- und Glasfasernetz demselben Markt angehöre. Daran bestehen deshalb Zweifel, da § 26 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 TKG im Rahmen des Begriffs der „Anfangsinvestition“ auch auf die Investitionsrisiken abstellt, die mit den Investitionen in Netze mit sehr hoher Kapazität verbunden sind; das dürfte dafür sprechen, den Begriff der „Anfangsinvestition“ nicht markt- sondern netzbezogen zu verstehen.
128Vgl. Neumann in: Säcker/Körber, TKG, 4. Auflage 2023, § 26, Rn. 145.
129Denn jedenfalls stützt sich die Argumentation der BNetzA (alternativ) tragend auf den Gesichtspunkt, dass auch das Vorliegen von Anfangsinvestitionen nur einen Abwägungsbelang unter mehreren darstelle und jedenfalls der Kundenstamm der Antragstellerin zu einem derart großen Wettbewerbsvorteil der Antragstellerin führe, dass die Wettbewerbsinteressen die Investitionsinteressen der Antragstellerin überwögen. Hiergegen ist nichts zu erinnern, zumal die BNetzA ausdrücklich erkannt und herausgestellt hat, dass die Investitionen in das FTTB/H-Netz gegenüber dem Altbestand schutzwürdiger seien, letzterer aber gleichwohl den Ausbau des FTTB/H-Netzes gegenüber den Wettbewerbern erleichtere und überdies verbleibende Investitionsrisiken über eine Berücksichtigung im Entgeltgenehmigungsverfahren abgefangen werden könnten. Dem setzt die Antragstellerin lediglich entgegen, dass das aktuelle kompetitive Marktumfeld nicht berücksichtigt worden sei, das den einstigen Vorteil durch den Kundenstamm entwerte. Dieses Argument ist für die Kammer nicht nachvollziehbar, zumal nach der maßgeblichen Marktfestlegung 2019 von einer beträchtlichen Marktmacht der Antragstellerin auf dem gemeinsamen Markt betreffs Zugangs zur TAL an festen Standorten auszugehen ist. Durch das Marktmachtübertragungspotenzial der Antragstellerin (in Gestalt ihres Kundenstamms) zwischen Kupfermarkt und Glasfasermarkt als Teilen des nunmehr noch einheitlichen, zukünftig aber möglicherweise jeweils gesondert abzugrenzenden Markts, sind die Investitionsrisiken der Antragstellerin gegenüber ihren Wettbewerbern erheblich herabgesetzt. Dies wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Wettbewerber ihrerseits ein Investitionsverhalten unter Eingehung eines gegenüber der Antragstellerin größeren Investitionsrisikos an den Tag legen, zumal - wie Gesagt - das Investitionsrisiko der Antragstellerin über das Entgeltgenehmigungsverfahren noch zusätzlich abgefangen werden kann.
130cc)
131Die weiter angegriffene Verpflichtung zur Veröffentlichung eines Standardangebots in Ziffer 4 des Beschlusses (hierzu aaa)) und die Anordnung der ex-ante-Entgeltgenehmigungspflicht in Ziffer 5.1 des Beschlusses (hierzu bbb)) sind bei summarischer Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache ebenfalls voraussichtlich offensichtlich rechtmäßig (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
132aaa)
133Die Pflicht zur Veröffentlichung eines Standardangebots kann in rechtmäßiger Weise auf § 29 Abs. 1 Nr. 1 TKG gestützt werden. Soweit die Antragstellerin rügt, der Verpflichtung fehle es an der Erforderlichkeit, da die BNetzA selbst vom Vorliegen von Standardverträgen ausgehe, greift dies nicht durch. Die BNetzA trifft in der Beschlussbegründung lediglich die nicht zu beanstandende Annahme, dass die besagten Standardverträge nach § 77d Abs. 5 TKG 2004 als Basis für ein Standardangebot dienen könnten. Dass diese Standardverträge in ihrer jetzigen Gestalt der Prüfung nach § 29 Abs. 3 Satz 1 TKG offensichtlich standhielten, ein Standardangebotsverfahren also obsolet wäre, ist damit nicht gesagt.
134bbb)
135Die Verpflichtung sich, die Entgelte für die Gewährung des Zugangs gemäß Ziffer 1.1 – soweit dieser von der Antragstellerin angegriffen wird – nach Maßgabe der §§ 39 ff. TKG genehmigen zu lassen, kann in rechtmäßiger Weise auf § 38 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 TKG gestützt werden. Die BNetzA hat die entsprechende Ermessensentscheidung auf S. 275 ff. des Beschlusses umfänglich begründet. Dem setzt die Antragstellerin nichts Substanzielles entgegen. Soweit sie rügt, die Entgeltgenehmigungspflicht sei nicht erforderlich, da eine nachträgliche Missbrauchskontrolle gemäß § 46 TKG gleichermaßen effektiv sei, setzt sie sich nicht in hinreichender Weise mit der diesbezüglichen Argumentation im Beschluss (S. 279 f.) auseinander. Gegen die Erwägungen zur nicht gegebenen Gleichgeeignetheit einer nachträglichen Missbrauchskontrolle, die ggf. nicht verhindern könne, dass es zu nachträglichen und nur für die Zukunft wirkenden Anpassungen und damit zu Brüchen in der Preiskontinuität kommen könnte, ist nichts zu erinnern. Diese Erwägung ist auch selbständig tragend neben den Erwägungen der BNetzA zu den Auswirkungen des § 38 Abs. 5 Nr. 3 TKG auf die zu wählenden Modalitäten der Entgeltkontrolle. Zu Letzterem erübrigen sich daher zumindest für die Zwecke des Eilverfahrens weitergehende Ausführungen.
1362.
137Offen ist jedoch, ob die BNetzA auch unter der Geltung des § 26 Abs. 1, 2 TKG - wie geschehen - die Prüfung der Frage, ob und welche Zugangsverpflichtungen sie auferlegt, gemeinsam und unter Bildung eines „Zielbündels“ vornehmen durfte. Allerdings war für das TKG 2004 anerkannt, dass die Antragsgegnerin über die Auferlegung von Zugangsverpflichtungen nach § 21 TKG 2004 im Rahmen der Berücksichtigung eines sog. Zielbündels zu entscheiden hatte. Nach der Rechtsprechung war dies allerdings nicht Folge des – in § 26 Abs. 1 TKG nunmehr nicht mehr enthaltenen – Wortes „insbesondere“ in § 21 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004, sondern Folge des Umstandes, dass im Rahmen des § 21 Abs. 1 Satz 2 TKG 2004 die Regulierungsziele nach § 2 TKG in den Blick zu nehmen waren.
138BVerwG, Urteile vom 21. September 2018 - 6 C 8.17 -, juris Rn. 43 und 6 C 50.16 Rn. 41 und 47; BVerwG, Urteil vom 28. November 2007 – 6 C 42.06 –, juris Rn. 28. So auch Scherer in: K./Scherer/Graulich, TKG, 3. Aufl. 2021, § 21 Rn. 15. Neumann/Thomaschki, in: Säcker, 3. Aufl. 2013, § 21 Rn. 38 stellten hingegen auf das Wort „insbesondere“ in § 21 Abs. 1 Satz 1 TKG ab.
139Offen ist aber, ob die BNetzA auch unter der Geltung des § 26 Abs. 1, 2 TKG - wie geschehen - die Prüfung der Frage, ob und welche Zugangsverpflichtungen sie auferlegt, noch gemeinsam unter Bildung eines „Zielbündels“ vornehmen durfte. Wäre dies nicht der Fall und hätte „vorab“ eine Prüfung allein anhand der Tatbestandsmerkmale des § 21 Abs. 1 TKG erfolgen müssen („wenn anderenfalls die Entwicklung eines nachhaltig wettbewerbsorientierten Endkundenmarktes behindert würde und die Interessen der Endnutzer beeinträchtigt würden.“) wäre die angegriffene Entscheidung voraussichtlich rechtswidrig (a). Dürfte hingegen nach wie vor eine Prüfung anhand eines Zielbündels erfolgen, in dessen Rahmen die Kriterien nach § 26 Abs. 1 TKG nur mit zu berücksichtigen sind, wäre die angegriffene Entscheidung voraussichtlich rechtmäßig (b). Welche der beiden Auslegungsvarianten die richtige ist, stellt sich derzeit als offen dar (c).
140a)
141Hätte die Antragsgegnerin „vorab“ eine Prüfung allein anhand der Tatbestandsmerkmale des § 21 Abs. 1 TKG durchführen müssen („wenn anderenfalls die Entwicklung eines nachhaltig wettbewerbsorientierten Endkundenmarktes behindert würde und die Interessen der Endnutzer beeinträchtigt würden.“) wäre die angegriffene Entscheidung voraussichtlich rechtswidrig; das gilt ungeachtet der Frage, ob sich die Prüfung des „ob“ der Auferlegung einer Zugangsverpflichtung zunächst nur „global“ im Sinne von „irgendeiner“ Zugangsverpflichtung im Sinne von § 3 Nr. 74 TKG oder „konkret“ mit Blick auf eine in § 26 Abs. 3 TKG genannte Alternative der Zugangsgewährung stellt. Dies wird schon daran deutlich, dass die Antragsgegnerin in der Sache nicht die Vorschrift des § 26 Abs. 1 TKG in ihrer neuen Fassung, sondern die des § 21 TKG in seiner alten Fassung zitiert hat, obschon relevante Änderungen vorliegen; bereits das indiziert das Vorliegen eines Abwägungsfehlers.
142Vgl. U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Aufl. 2023, § 39 Rn. 28.
143Auch in der Sache hat die Antragsgegnerin an keiner Stelle eigenständig geprüft, ob ohne die Gewährung des Zugangs generell die Entwicklung eines nachhaltig wettbewerbsorientierten Endkundenmarktes behindert und die Interessen der Endnutzer beeinträchtigt würden. Die „versprengten“ Prüfungen der Antragsgegnerin dieser Merkmale vermögen diesen Mangel nicht zu heilen: Soweit auf S. 106 f. der angegriffenen Verfügung (öffentliche Fassung) im Rahmen eines Zielbündels auch die Wettbewerbsförderung und die Wahrung der Verbraucherinteressen erwähnt werden, langt dies ersichtlich nicht hin, um den so verstandenen Anforderungen des § 26 Abs. 1 TKG gerecht zu werden. Zum einen wird nicht geprüft, ob ohne die Gewährung des Zugangs die Entwicklung eines nachhaltig wettbewerbsorientierten Endkundenmarktes behindert würde und die Interessen der Endnutzer beeinträchtigt würden; „Förderung“ bzw. „Wahrung“ von bestimmten Interessen und deren „Behinderung“ bzw. „Beeinträchtigung“ sind unterschiedliche Maßstäbe. Zum anderen wurden neben den genannten beiden Interessen weitere Interessen in den Blick genommen. Entsprechendes gilt für die Ausführungen auf S. 117, 119, 129 und 134 f. der angegriffenen Verfügung (öffentliche Fassung). An alldem ändert sich auch dann nichts, wenn man in § 26 Abs. 1 TKG aufgrund einer gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung das Wort „und“ durch das Wort „oder“ (wie in § 21 Abs. 1 TKG a.F.) ersetzen würde.
144Dafür Neumann, in: Säcker/Körber, TKG, 4. Auflage 2023, § 26, Rn. 48 ff.
145Denn die Antragsgegnerin hat weder hinreichend geprüft, ob ohne die Gewährung des Zugangs die Entwicklung eines nachhaltig wettbewerbsorientierten Endkundenmarktes behindert würde noch ob die Interessen der Endnutzer beeinträchtigt würden (siehe oben).
146Ein diesbezüglicher Fehler wäre auch nicht deshalb unbeachtlich, da das der Antragsgegnerin zustehende Regulierungsermessen diesbezüglich auf Null reduziert war. Wäre Bezugspunkt des nach § 26 Abs. 1 TKG eingeräumten Regulierungsermessens hier allein die Auferlegung der jeweiligen einzelnen Verpflichtungen - hier: der Verpflichtungen nach § 26 Abs. 3 Nr. 10 TKG - ist kein Anhaltspunkt für eine Ermessensreduzierung auf Null zu erkennen. Das gilt aber auch, wenn man als Bezugspunkt für die Ausübung des Regulierungsermessen nach § 26 Abs. 1 TKG die generelle Auferlegung von Zugangsverpflichtungen nach § 3 Nr. 74 TKG - also die Frage, ob überhaupt solche Verpflichtungen auferlegt werden sollen - nimmt (wobei sich an dieser Fragestellung nichts dadurch ändert, dass der hier vorliegende Antrag derzeit auf die Zugangsverpflichtungen nach § 26 Abs. 3 Nr. 10 TKG bezogen ist, da auch bei diesen Zugangsverpflichtungen eine Prüfung nach § 26 Abs. 1 TKG zu erfolgen hat <§ 26 Abs. 3 Halbsatz 1 TKG>). Denn ungeachtet der großen Relevanz der Auferlegung von Zugangsverpflichtungen für die Teilnehmeranschlussleitung ist nicht ersichtlich, dass das der Antragsgegnerin zustehende Regulierungsermessen diesbezüglich auf Null reduziert gewesen wäre. Dagegen spricht schon, dass sich das weite Regulierungsermessen der Antragsgegnerin auf sämtliche Formen der Regulierung nach den §§ 24 ff. TKG bezieht und nicht nur auf die Auferlegung von Zugangsverpflichtungen.
147Vgl. auch Neumann, in: Säcker/Körber, TKG, 4. Auflage 2023, § 26 Rn. 65.
148b)
149Anders stellt sich die Lage hingegen dar, wenn man unter Berücksichtigung des § 26 Abs. 2 TKG der Auffassung wäre, dass nach wie vor eine Prüfung anhand eines Zielbündels zu erfolgen habe, in dessen Rahmen die Kriterien nach § 26 Abs. 1 TKG nur mit zu berücksichtigen seien. Dann wäre die angegriffene Entscheidung nämlich voraussichtlich offensichtlich rechtmäßig, da die Antragsgegnerin eine solche Prüfung vorgenommen hat.
150c)
151Welche der beiden Auslegungsvarianten die richtige ist, stellt sich derzeit als offen dar. Nach nationalen Recht sind beide Auslegungsvarianten denkbar, insbesondere besteht weder in der einen noch in der anderen Richtung eine eindeutige Klarheit (aa). Auch das Gemeinschaftsrecht ist für beide Auslegungsvarianten offen (bb). Klarheit kann daher nur durch Vorlage des Hauptsacheverfahrens an den Europäischen Gerichtshof gewonnen werden (cc).
152aa)
153Nach nationalem Recht sind beide Auslegungsvarianten denkbar. Es gibt sowohl Gesichtspunkte die dafür sprechen, dass § 26 TKG dahingehend auszulegen ist, dass die Antragsgegnerin „vorab“ eine Prüfung allein anhand der Tatbestandsmerkmale des § 26 Abs. 1 TKG hätte durchführen müssen (aaa), als auch Gesichtspunkte die dafür sprechen, dass die Antragsgegnerin - nach wie vor - im Rahmen eines Zielbündels über die Auferlegung von Zugangsverpflichtungen zu entscheiden hatte (bbb). Damit ist Raum für eine richtlinienkonforme Auslegung eröffnet.
154aaa)
155Dafür, dass § 26 TKG dahingehend auszulegen ist, dass die Antragsgegnerin „vorab“ eine Prüfung allein anhand der Tatbestandsmerkmale des § 26 Abs. 1 TKG hätte durchführen müssen („wenn anderenfalls die Entwicklung eines nachhaltig wettbewerbsorientierten Endkundenmarktes behindert würde und die Interessen der Endnutzer beeinträchtigt würden.“), scheint zunächst einmal der Wortlaut der Vorschrift zu sprechen. Denn in § 26 Abs. 1 TKG wurde - in Abkehr zu § 21 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 - das Wort „insbesondere“ gestrichen.
156So Neumann in: Säcker/Körber, TKG, 4. Auflage 2023, § 26, Rn. 42.
157Für dieses Verständnis des § 26 Abs. 1 TKG lässt sich weiter anführen, dass der Gesetzgeber das Wort „insbesondere“ planvoll aus dem Wortlaut gestrichen hat, um die „die Ausrichtung der Zugangsregulierung auf der Vorleistungsebene auf eine Beseitigung des Wettbewerbsproblems im Endkundenmarkt“ zu verdeutlichen.
158Vgl. BT-Drs. 19/26108, S. 263.
159Hieraus kann ggf. die gesetzgeberische Absicht entnommen werden, die Möglichkeit der Auferlegung von Zugangsverpflichtungen auf der Ebene des „ob“ in Abkehr vom bisherigen Vorgehen auf spezifische Regulierungsanlässe zu beschränken. Hierfür kann auch angeführt werden, dass der Gesetzgeber in systematischer Hinsicht den bisherigen § 21 Abs. 1 TKG 2004 in § 26 TKG auf zwei Absätze verteilt hat. Für die damit suggerierte Eigenständigkeit von § 26 Abs. 1 TKG spricht auch Folgendes: In systematischer Hinsicht bedürfte es nicht des § 26 Abs. 1 TKG, der einzelne Regulierungsanlässe abschließend hervorhebt, wenn über § 26 Abs. 2 TKG letztlich doch eine breit aufgestellte, gemeinsame Prüfung zu erfolgen hätte bzw. erfolgen dürfte. Der eigenständige Anwendungsbereich von § 26 Abs. 1 TKG ist nur bei einer gestuften Prüfung erkennbar.
160bbb)
161Allerdings sprechen auch starke Gesichtspunkte dafür, dass die Antragsgegnerin - nach wie vor - im Rahmen eines Zielbündels über die Auferlegung von Zugangsverpflichtungen zu entscheiden hatte. Zwar war nach der Entstehungsgeschichte die Streichung des Wortes „insbesondere“ damit begründet worden, „die Ausrichtung der Zugangsregulierung auf der Vorleistungsebene auf eine Beseitigung des Wettbewerbsproblems im Endkundenmarkt“ zu verdeutlichen. Gleichzeitig wurde die Streichung des Wortes „insbesondere“ aber auch damit begründet, dass insoweit der entsprechenden Streichung in Art. 73 Abs. 1 Unterabsatz 1 EKEK Rechnung getragen werde.
162Vgl. BT-Drs. 19/26108, S. 263.
163Diese Bezugnahme ist unverständlich. Denn Art. 73 Abs. 1 UAbs. 1 EKEK enthält zwar nicht das Wort „insbesondere“, öffnet die Aufzählung der Regulierungsanlässe aber auch in der geltenden Fassung durch die Worte „unter anderem wenn“. Diese Öffnung ist auch in anderen Sprachfassungen enthalten: niederländisch („onder andere wanneer“), französisch („notamment lorsqu’elles“), italienisch („in particolare qualora“). In der englischen Sprachfassung ist hingegen wohl keine Öffnung der Aufzählung angelegt („in situations when“). Ob die englische Sprachfassung in der deutschen Gesetzesbegründung zum TKG als „zutreffende Fassung“ in Bezug genommen wurde, kann nur gemutmaßt werden. Damit kann als Fazit der Entstehungsgeschichte des § 26 Abs. 1 TKG nur festgehalten werden, dass die Entstehungsgeschichte mehr Fragen aufwirft, als sie Antworten gibt.
164Vor allem aber: Für diese zweite Ansicht lässt sich anführen, dass die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Möglichkeit der Bildung eines Zielbündels im Rahmen der Prüfung von § 21 Abs. 1 TKG 2004 nicht auf § 21 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 und das damals darin noch enthaltene Wort „insbesondere“ als Öffnungspunkt zurückgeführt, sondern unmittelbar aus § 21 Abs. 1 Satz 2 TKG 2004 entnommen wurde, der durch die Worte „bei der Prüfung“ einen Bezug zu Satz 1 herstellte. Dies zugrunde gelegt, lässt sich § 26 Abs. 2 TKG, der durch die gleichen Worte eingeleitet wird wie § 21 Abs. 1 Satz 2 TKG 2004, möglicherweise nach wie vor als die das (einheitliche und gemeinsame) Prüfungsprogramm vorgebende Vorschrift interpretieren.
165Hiergegen lässt sich allerdings wiederum anführen, dass § 26 Abs. 2 Satz 1 TKG nunmehr über den alten § 21 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 hinaus (nach dem Wortlaut) zuvorderst den sog. „Suffizienztest“ enthält und sich die eröffnete Prüfung unter Bezugnahme auf die Ziele des § 2 TKG scheinbar allein auf diesen bezieht. Dann benennt jedoch § 26 Abs. 2 Satz 2 TKG weitere Abwägungsgesichtspunkte, deren Bezug zum „Suffizienztest“ einerseits nicht recht deutlich wird und deren eigenständige Bedeutung (ohne den hinzugelesenen Satz 1 Halbsatz 2) zum anderen nicht verständlich wird. Insofern erscheint es jedoch zwingend, § 26 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 TKG wie folgt zusammen zu lesen: „Bei der Prüfung, ob und welche Zugangsverpflichtungen nach Absatz 1 gerechtfertigt sind und ob diese in einem angemessenen Verhältnis zu den Zielen nach § 2 stehen [§ 26 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 TKG], berücksichtigt die Bundesnetzagentur insbesondere […] [§ 26 Abs. 2 Satz 2 TKG]“. Hierdurch erscheint es zumindest vertretbar, den nunmehrigen § 26 Abs. 2 TKG als Fortsetzung des § 21 Abs. 1 Satz 2 TKG 2004 zu lesen.
166In diese Richtung wohl auch Neumann in: Säcker/Körber, TKG, 4. Auflage 2023, § 26, Rn. 69 f.
167Insgesamt ist damit Raum für eine richtlinienkonforme Auslegung eröffnet.
168bb)
169Nachdem Raum für eine richtlinienkonforme Auslegung eröffnet ist, ist der Gehalt des Gemeinschaftsrechts für die Auslegung des nationalen Rechts maßgeblich. Indes ist auch das Gemeinschaftsrecht für beide Auslegungsvarianten offen: Zum einen ist - wie dargestellt - der Gehalt des Art. 73 Abs. 1 EKEK schon angesichts divergierender Sprachfassungen unklar (siehe Oben) und auch die Vorschrift des Art. 73 Abs. 2 Satz 1 EKEK wirft die Frage auf, ob eine Prüfung anhand von Zielbündeln zulässig ist (vgl. Oben die Ausführungen zu § 26 Abs. 2 Satz 1 TKG). Zum anderen dürften hier auch die Regelung über die Zugangsverpflichtungen zu baulichen Anlagen - nach der bisherigen Antragsfassung geht es allein um die Zugangsverpflichtungen zu baulichen Anlagen nach § 26 Abs. 3 Nr. 10 TKG - nach Art. 72 EKEK inmitten stehen, denn diese Vorschrift ist gerade die, die die Möglichkeit der Zugangsverpflichtung zu baulichen Anlagen richtlinienrechtlich regelt.
170Vgl. Neumann, in: Säcker/Körber, TKG, 4. Auflage 2023, § 26 Rn. 246; Geppert, in Geppert/Schütz, Beck'scher TKG-Kommentar, 5. Auflage 2023, § 26 Rn. 186.
171Auch diese Vorschrift ist jedoch für beide Auslegungsvarianten offen: Für ein „Ende der Zielbündelprüfung“ bei den baulichen Anlagen spricht Art. 72 Abs. 1 EKEK. Nach dieser Vorschrift können die nationalen Regulierungsbehörden gemäß Artikel 68 Unternehmen dazu verpflichten, angemessenen Anträgen auf Zugang zu baulichen Anlagen, wozu unter anderem auch Gebäude oder Gebäudezugänge, Verkabelungen in Gebäuden, Antennen, Türme und andere Trägerstrukturen, Pfähle, Masten, Leitungsrohre, Leerrohre, Kontrollkammern, Einstiegsschächte und Verteilerkästen gehören, und auf deren Nutzung stattzugeben, wenn die nationale Regulierungsbehörde unter Berücksichtigung der Marktanalyse zu dem Schluss gelangt, dass die Verweigerung des Zugangs oder unangemessene Bedingungen mit ähnlicher Wirkung die Entwicklung eines nachhaltig wettbewerbsorientierten Marktes behindern oder den Interessen der Endnutzer zuwiderlaufen würden. Diese Vorschrift enthält in sämtlichen von den Kammermitgliedern verstandenen (vorgenannten) Sprachfassungen eine geschlossene bzw. abschließende Aufzählung von Regulierungsanlässen.
172Für eine Beibehaltung der Zielbündelprüfung auch bei den baulichen Anlagen spricht jedoch Art. 72 Abs. 2 EKEK. Nach dieser Vorschrift können die nationalen Regulierungsbehörden Unternehmen dazu verpflichten, den Zugang gemäß dem vorliegenden Artikel zu gewähren, unabhängig davon, ob die unter die Verpflichtung fallenden Anlagen gemäß der Marktanalyse Teil des relevanten Marktes sind, sofern die Verpflichtung im Hinblick auf die Erreichung der Ziele des Artikels 3 notwendig und verhältnismäßig ist. Durch den Wortlaut der Vorschrift wird mithin gerade eine Zielbündelprüfung eröffnet.
173Wie das Verhältnis von Art. 72 Abs. 1 und 2 EKEK zu verstehen ist, ist unklar: Einerseits kann Art. 72 Abs. 1 EKEK mit Blick auf Art. 68 EKEK nach dem Wortlaut der Vorschrift allein auf ein auf einem eventuellen Markt für bauliche Anlagen marktmächtiges Unternehmen bezogen verstanden werden. Dies hätte zur Folge, dass Art. 72 Abs. 2 EKEK als ein separates Regulierungsinstrument mit eigenständigen Voraussetzungen für die Fälle verstanden werden könnte, in denen - wie hier - ein solcher Markt gerade nicht zugrunde gelegt wurde. Das hätte allerdings zur Folge, dass dem auf dem eventuell bestehenden Markt für bauliche Anlagen marktmächtigen Unternehmen ggf. nur unter strengeren Voraussetzungen Zugangsverpflichtungen mit Bezug zu baulichen Anlagen auferlegt werden könnten, als dies in den Fällen des Art. 72 Abs. 2 EKEK der Fall wäre; der Sinn einer solchen Differenzierung erhellt sich jedenfalls nicht unmittelbar. Andererseits kann Art. 72 Abs. 1 EKEK ggf. auch als Grundnorm gelesen werden, die durch Art. 72 Abs. 2 EKEK lediglich für einen Spezialfall konkretisiert wird. Für eine solche Auslegung spricht, dass nach dem Wortlaut Art. 72 Abs. 2 EKEK von einem „Zugang gemäß dem vorliegenden Artikel“ spricht; offenbar also eine Zugangsgewährung unter einheitlichen Grundvoraussetzungen zugrunde legt und dass bei einer solchen Auslegung ein einheitlicher Gehalt von Art 72 Abs. 1 und 2 festgehalten werden könnte.
174Weiter tritt hinzu, dass die Rolle des durch Art. 73 Abs. 2 UAbs. 2 EKEK eröffneten sog. „Suffizienztests“ und dessen Auswirkung auf die zu prüfenden Regulierungsanlässe in Art. 72 Abs. 1 EKEK unklar ist. Einerseits wird - möglicherweise, abhängig von den Sprachfassungen des Art. 73 EKEK - durch Art. 72 Abs. 1 EKEK ein gegenüber Art. 73 Abs. 1 UAbs. 1 EKEK enger gezogenes Prüfungsprogramm formuliert. Auf der anderen Seite deutet die Existenz von Art. 73 Abs. 2 UAbs. 2 EKEK und insbesondere die darin in der deutschen Sprachfassung verwendete Formulierung „bloße Auferlegung“ darauf hin, dass der Unionsgesetzgeber die Zugangsverpflichtung betreffend baulicher Anlagen prinzipiell für weniger eingriffsintensiv erachtet. In diese Richtung deutet auch Erwägungsgrund Nr. 187 EKEK. Dies wiederum steht in einem gewissen Spannungsverhältnis zu Art. 72 Abs. 1 EKEK, der die insofern eröffneten Regulierungsanlässe gegenüber Art. 73 Abs. 1 UAbs. 1 EKEK - in der deutschen Fassung, s.o. - enger fasst und insbesondere nicht für weitere Abwägungsbelange öffnet. Bezeichnenderweise wird im Rahmen des Art. 73 Abs. 2 UAbs. 2 EKEK auch nicht danach gefragt, ob die bloße Auferlegung von Verpflichtungen gemäß Art. 72 EKEK ein verhältnismäßiges Mittel zur Vermeidung einer „Behinderung der Entwicklung eines nachhaltig wettbewerbsorientierten Marktes“ ist, sondern ob die Verpflichtung gemäß Art. 72 EKEK ein verhältnismäßiges Mittel zur „Förderung des Wettbewerbs und der Interessen der Endnutzer“ wäre. Ob etwas behindert oder lediglich gefördert wird, sind zwei verschiedene Maßstäbe.
175cc)
176Nach alledem erscheint das Verhältnis der unterschiedlich formulierten gemeinschaftsrechtlichen Regulierungsvoraussetzungen zueinander grundlegend klärungsbedürftig. Da gemäß Art. 68 Abs. 1 EKEK ein umfänglicher Umsetzungsauftrag des nationalen Gesetzgebers bestand, dürfte die Auslegung des europäischen Sekundärrechts durch den Europäischen Gerichtshof auch Auswirkungen auf die Auslegung von § 26 TKG haben. Bis zu einer Entscheidung über ein seitens der Kammer beabsichtigtes Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 267 AEUV erweist sich die Rechtmäßigkeit des Vorgehens der BNetzA daher als offen.
177II.
178Die in Folge offener Erfolgsaussichten der Hauptsache vorzunehmende allgemeine Interessenabwägung fällt zulasten der Antragstellerin aus. Dieses Ergebnis ist in erheblicher Weise bereits durch die eingangs ausgeführte Wertung des § 217 Abs. 1 TKG indiziert. Auch eine Folgenabwägung stellt dies nicht in einer anderes Licht: Denn die Folgen einer stattgebenden Entscheidung im Eilverfahren bei späterer, abweisender Entscheidung in der Hauptsache sind aus Sicht der Kammer gravierender als jene, die bei ablehnender Entscheidung im Eilverfahren und späterem Erfolg in der Hauptsache einträten. Denn bei stattgebender Entscheidung im Eilverfahren hinsichtlich Ziffer 1. und 1.1 der Regulierungsverfügung würde der mit der Regulierung erstrebte Effekt eines beschleunigten Ausbaus breitbandiger Netze auf Basis vorhandener baulicher Infrastruktur mit sofortiger Wirkung unterbunden; die so eingetretene zeitliche Verzögerung beim Netzausbau wäre selbst bei späterem Misserfolg der Klage in der Hauptsache faktisch nicht mehr zu beseitigen. Demgegenüber erscheint es im umgekehrten Fall technisch möglich, den etwaig an Wettbewerber gewährten Zugang zu baulichen Anlagen der Antragstellerin ohne bleibende (wirtschaftliche) Auswirkung zu beseitigen. Denn der wirtschaftlich relevante Aspekt der Zugangsgewährung ist aus Sicht der Kammer das auf längere Dauer angelegte Einbringen von Glasfasern o.ä. der Wettbewerber in die baulichen Anlagen der Antragstellerin. Dieser Vorgang dürfte durch das Entnehmen des eingebrachten Materials aus den baulichen Anlagen der Antragstellerin umkehrbar sein, zumal der Zugang soweit ersichtlich nur zum Bestand der baulichen Anlagen gewährt werden muss. Soweit bauliche Maßnahmen erforderlich sein sollten, um den Zugang technisch zu realisieren, dürften, was die Kostentragung angeht, hierzu ohnehin die Wettbewerber berufen sein. Nach alledem dürfte das Hauptrisiko für die Inanspruchnahme der Zugangsverpflichtung zu baulichen Anlagen bis zu einer abschließenden Entscheidung im Hauptsacheverfahren bei den Wettbewerbern liegen. Zusätzlich erscheint zweifelhaft, ob die Wettbewerber bei der gegebenen offenen Rechtslage überhaupt in relevantem Umfang einen Zugang nachfragen werden. Hinsichtlich Ziffer 4 und 5 der Regulierungsverfügung - soweit sie im Klageverfahren angegriffen werden - geht die Abwägung schon deshalb zu Lasten der Antragstellerin aus, da es sich insoweit nur um Folgeverpflichtungen zu den Ziffern 1 bzw. 1.1 der Regulierungsverfügung handelt.
179Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
180Der Streitwert ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG. Dabei hat das Gericht einen Hauptsachestreitwert von 5.000.000,00 Euro angesetzt. Dieser Streitwert wurde dann (in Anlehnung an Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit) entsprechend dem vorläufigen Charakter des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens um die Hälfte reduziert.
181Rechtsmittelbelehrung
182Ziffer 1 dieses Beschlusses ist unanfechtbar, § 217 Abs. 3 Satz 1 TKG.
183Gegen Ziffer 2 dieses Beschlusses kann schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, Beschwerde bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln eingelegt werden.
184Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, einzulegen. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
185Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) wird hingewiesen.
186Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt.
187Die Beschwerdeschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.