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Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.
Gründe:
2Der am 13. Mai 2024 sinngemäß gestellte Antrag,
3die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 17. April 2024 gegen den Bescheid der Schulleiterin der H.-Schule (Realschule) in Y. vom 9. April 2024 anzuordnen, soweit der Antragsteller in die parallele Klasse (Klasse 9d, jetzt: 10d) überwiesen worden ist,
4hat keinen Erfolg.
5Der Antrag ist unbegründet.
6Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung eines Rechtbehelfs ganz oder teilweise anordnen, wenn diese - wie hier - von Gesetzes wegen nicht besteht (§§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 53 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 SchulG NRW). Der Maßstab, der für die nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung anzulegen ist, folgt aus § 53 Abs. 3 Satz 2 SchulG NRW. Danach haben Rechtsbehelfe (Widerspruch und Anfechtungsklage) gegen Ordnungsmaßnahmen nach § 53 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und 3 SchulG NRW – um eine solche geht es hier – keine aufschiebende Wirkung. Dieser Regelung liegt die Wertung des Gesetzgebers zugrunde, dass bei den erfassten Ordnungsmaßnahmen generell ein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung besteht, das grundsätzlich das entgegenstehende Aufschubinteresse des Betroffenen überwiegt. Dementsprechend kommt eine Aussetzung der Vollziehung nur in Betracht, wenn die angefochtene Entscheidung offensichtlich rechtswidrig ist oder dem privaten Aussetzungsinteresse des Antragstellers aus sonstigen besonderen und gewichtigen Gründen ausnahmsweise der Vorrang vor dem öffentlichen Vollzugsinteresse einzuräumen ist. Dieser Maßstab entspricht demjenigen der höchstrichterlichen und obergerichtlichen Rechtsprechung, die in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO ebenfalls darauf abstellt, ob im konkreten Einzelfall besondere individuelle Umstände vorliegen, die eine diesen Vorrang ausnahmsweise überwindende Eilentscheidung rechtfertigen.
7Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 18. Juli 2024 - 19 B 470/24 -, juris, Rn. 4 ff., vom 30. Januar 2020 - 19 B 1562/19 -, juris, Rn. 3, und vom 31. Oktober 2016 - 19 B 1188/15 -, juris, Rn. 2 f. m. w. N. auch zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts.
8Nach diesen Grundsätzen war die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die mit Bescheid vom 17. April 2024 verfügte Ordnungsmaßnahme „Überweisung in die parallele Klasse 9d (jetzt: 10d) am Schulstandort E.“ nicht anzuordnen. Die von der Schulleiterin der H.-Schule beschlossene Ordnungsmaßnahme erweist sich nach der hier einzig möglichen summarischen Prüfung weder als offensichtlich rechtswidrig noch sind anderweitig besondere und gewichtige Gründe für einen Vorrang des privaten Aussetzungsinteresses des Antragstellers ersichtlich.
9Die angeordnete Überweisung des Antragstellers in die parallele Klasse 9d (jetzt: 10d) des Schulstandorts E. findet ihre gesetzliche Grundlage in § 53 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 6 SchulG NRW.
10Zunächst ist davon auszugehen, dass vorliegend den sich aus § 53 Abs. 6, Abs. 8 und 9 SchulG NRW ergebenden formellen Anforderungen Genüge getan ist. Die in Rede stehende Schulordnungsmaßnahme ist von der zuständigen schulischen Stelle, hier der Schulleiterin nach entsprechender Beratung durch die Teilkonferenz (vgl. § 53 Abs. 6 Satz 1, Satz 2 Hs. 1 SchulG NRW), erlassen worden. Die Ordnungsmaßnahme erweist sich auch als frei von Verfahrensfehlern. Sie ist nach Anhörung sowohl eines erziehungsberechtigten Elternteils, hier der Mutter des Antragstellers, als auch dem Antragsteller selbst sowie der Klassenlehrerin erfolgt, die ihrerseits vor Erlass der Schulordnungsmaßnahme Gelegenheit zur inhaltlichen Stellungnahme hatten (vgl. § 53 Abs. 6 Satz 1 und 3, Abs. 8 SchulG NRW). Die Teilkonferenz war auch ordnungsgemäß i.S.d. § 53 Abs. 7 SchulG NRW besetzt. Schließlich ist die Ordnungsmaßnahme dem Antragsteller auch schriftlich bekannt gegeben und in einer den gesetzlichen Anforderungen (noch) genügenden Weise begründet worden (§ 53 Abs. 9 SchulG NRW).
11Die Überweisung des Antragstellers in die parallele Klasse 9d (jetzt: 10d) des Schulstandorts E. erweist sich nach summarischer Prüfung auch nicht als offensichtlich materiell rechtswidrig. Gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 SchulG NRW dienen erzieherische Einwirkungen und Ordnungsmaßnahmen der geordneten Unterrichts‑ und Erziehungsarbeit der Schule sowie dem Schutz von Personen und Sachen. Ordnungsmaßnahmen können angewendet werden, wenn eine Schülerin oder ein Schüler Pflichten verletzt (Abs. 1 Satz 2). Dabei ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten (Abs. 1 Satz 3). Ordnungsmaßnahmen sind insbesondere nur zulässig, wenn – wie in § 53 Abs. 2 SchulG NRW exemplarisch genannt – erzieherische Einwirkungen nicht ausreichen (Abs. 1 Satz 4). In § 53 Abs. 3 SchulG NRW sind – abschließend – die gesetzlich vorgegebenen Ordnungsmaßnahmen aufgeführt; als solche sieht § 53 Abs. 3 SchulG NRW u. a. die Überweisung in eine parallele Klasse vor (Satz 1 Nr. 2 der Vorschrift).
12Die beiden in § 53 Abs. 1 Satz 1 SchulG NRW genannten Teilzwecke qualifizieren die Ordnungsmaßnahmen als ausschließlich zukunftsgerichtete pädagogische Maßnahmen (Prävention). Sie dienen dazu, den betroffenen Schüler selbst von einer Wiederholung seines Fehlverhaltens abzuhalten, ihn in seinem künftigen Verhalten zur Erfüllung seiner schulischen Pflichten anzuhalten und bei ihm Einsicht und Besserung zu bewirken (Spezialprävention) und/oder Mitschüler davon abzuhalten, ähnliche Ordnungsverstöße zu begehen, um Störungen des Schulbetriebs künftig zu unterbinden (Generalprävention). Es steht dabei grundsätzlich im Ermessen der Schule, ob sie eine Schulordnungsmaßnahme jeweils ausschließlich auf spezial- oder generalpräventive Gründe stützt und ob sie, wenn sie beide Gesichtspunkte heranzieht, diese kumulativ oder alternativ zugrunde legt.
13Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. September 2014 - 19 B 985/14 -, juris, Rn. 6 ff.
14Gemessen an diesen Maßstäben und unter Berücksichtigung der im Eilverfahren einzig möglichen summarischen Prüfung erweist sich die hier von der Schulleiterin nach Beratung durch die Teilkonferenz beschlossene Ordnungsmaßnahme nicht als offensichtlich materiell rechtswidrig.
15Für die Einzelrichterin steht zunächst mit einem für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes hinreichenden Maß an Gewissheit fest, dass der Antragsteller seit geraumer Zeit seine sich aus dem Schulverhältnis gemäß § 42 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 SchulG NRW ergebenden Pflichten verletzt hat (vgl. § 53 Abs. 1 Satz 2 SchulG NRW). So wurde er am 00. Januar 0000, im 7. Schuljahr, wegen mehrfach nicht erledigter Hausaufgaben schriftlich getadelt. Wenige Tage später, am 0. Februar 0000, erfolgte eine schriftliche Information der Eltern des Antragstellers wegen erneut nicht erledigter Hausaufgaben. Auch am 00. September 0000 war es zu einem Vorfall während des Englischunterrichts gekommen. Der Antragsteller hatte ohne Einverständnis der Lehrkraft einen Stressball aus dem Pult entnommen und in der Klasse herumgereicht, was zur Störung des Unterrichts führte, und hatte am Ende der Stunde einen Mitschüler beleidigt. Daraufhin kam es nach der Schulstunde zu einem erzieherischen Gespräch. Am 00. Dezember 0000 erhielt der Antragsteller einen weiteren schriftlichen Tadel wegen wiederholter Störung des Biologieunterrichts am 00. November 0000 und mehrfacher Missachtungen von Anweisungen der Lehrkräfte. So war er u.a. zur angeordneten Nacharbeit einer Schulstunde unentschuldigt nicht erschienen und hatte eine angeordnete schriftliche Nacharbeit (Störungstext) unentschuldigt nicht abgegeben.
16Anlass für die nunmehrige streitgegenständliche Ordnungsmaßnahme ist schließlich ein Vorfall vom 00. März 0000; dem Antragsteller wird vorgeworfen, an diesem Tag in der Pause einer Lehrkraft, Herrn X., von hinten an den Kopf gespuckt zu haben. Äußerer unstreitiger Anlass und zentrale Grundlage der Ordnungsmaßnahme ist der Umstand, dass der Lehrkraft X. in besagter Pause von hinten an den Kopf gespuckt wurde. Die Annahme der Schulleiterin, der Antragsteller habe diese Tat begangen, erweist sich nach summarischer Prüfung nicht als offensichtlich rechtswidrig. Vielmehr lag dieser Annahme eine hinreichende Sachverhaltsaufklärung und Dokumentation des Ergebnisses der Sachverhaltsermittlung zugrunde.
17Nach Auskunft der Schule befanden sich zum Zeitpunkt des Vorfalles drei Klassen in dem maßgeblichen Bereich des Schulhofs (7b, 9b und 9c); die betreffenden Schülerinnen und Schüler seien zu dem Vorfall befragt worden. Alle Aussagen derjenigen Schülerinnen und Schüler, die sich zu dem Vorfall nicht hätten äußern können, da sie diesen nicht beobachtet hatten, seien im Vorfeld aussortiert worden. Mehrere der Schule namentlich bekannte Schülerinnen und Schüler hätten bestätigt, dass der Antragsteller Herrn X. von hinten angespuckt habe. Die Namen würden indes zum Schutze der Schülerinnen und Schüler, die ihrerseits Angst vor Repressionen durch den Antragsteller hätten, zurückgehalten. Im Rahmen der Auswertung der Zeugenaussagen sei für die Schule verwunderlich gewesen, dass ausweislich der Aussage von zwei Zeugen ein blonder Junge Herrn X. bespuckt habe, der den Zeugen aber nicht bekannt gewesen sei. Denn nach Einschätzung der Schulleiterin und Lehrkräfte sei es so, dass sich die Schülerinnen und Schüler untereinander jedenfalls vom Ansehen her sehr gut kennen und den einzelnen Klassen oder Jahrgangsstufen zuordnen können.
18Zudem sei der Vorfall von der Lehrkraft Frau B. aus nächster Nähe beobachtet worden. Frau B. habe ebenfalls schriftlich angegeben, dass es der Antragsteller – und niemand anderes – gewesen sei, der Herrn X. bespuckt habe. So bestätigte Frau B. in ihrer detaillierten schriftlichen Erklärung vom 00. März 0000, dass sie Herrn X. unmittelbar gegenübergestanden habe, als dieser vom Antragsteller von hinten bespuckt worden sei. Sie habe wahrgenommen, dass der Antragsteller Spucke im Mund gesammelt und sodann Herrn X. in hohem Bogen an den Hinterkopf gespuckt habe. Herr X. habe dies zunächst nicht bemerkt, da die Spucke in seinem Haar gelandet sei. Alle übrigen Schülerinnen und Schüler hätten gelacht und sich über die Situation lustig gemacht; der Antragsteller habe sich demgegenüber schnell von der Gruppe entfernt und sei in Richtung Eingang gegangen.
19Darüber hinaus hätten zwei Lehrkräfte die Aussage eines Schülers gegenüber anderen Mitschülern vernommen, wonach der Antragsteller seine Tat unmittelbar vor Begehung gegenüber seinen Freunden angekündigt habe. So hätten sowohl der 2. Realschulkonrektor, Herr O., als auch die Lehrkraft Frau K. am Tag nach dem Vorfall, d.h. am 00. März 0000, die Aussage eines Schülers akustisch vernommen, welcher sich gegenüber anderen Mitschülern konkret zum Vorfall geäußert habe. Dieser Schüler habe am 00. März 0000 kurz vor dem in Rede stehenden Vorfall in unmittelbarer Nähe des Antragstellers gestanden und klar und deutlich gehört, dass dieser – der Antragsteller – gegenüber seinen Freunden angekündigt habe, jetzt Herrn X. von hinten anzuspucken, wobei die Freunde des Antragstellers diesen in seinem Vorhaben bestärkt hätten. In Bezug auf diese akustische Wahrnehmung der beiden Lehrkräfte O. und K. wurde auf die gerichtliche Aufklärungsverfügung vom 12. Juli 2024 mit Schriftsatz vom 20. August 2024 eine undatierte dienstliche Erklärung der Lehrkräfte O. und K. zur Gerichtsakte gereicht.
20Dass die Schulleiterin den dienstlichen Äußerungen ihres 2. Konrektors und der Lehrkraft Frau K. sowie den schriftlichen Aussagen mehrerer Schülerinnen und Schüler sowie der Lehrkraft Frau B. mehr Glauben geschenkt hat als den vom Antragsteller im gerichtlichen Verfahren zur Gerichtsakte gereichten eidesstattlichen Versicherungen der Schülerinnen und Schüler W., F., Z., S., U., V., Q. und R., ist rechtlich nicht zu beanstanden. Diese Bewertung durch die Schulleiterin erweist sich nicht als offensichtlich rechtswidrig.
21Einer schriftlichen Stellungnahme, die eine Lehrkraft – vorliegend der 2. Konrektor, Herr O., sowie die Lehrkräfte Frau K. und Frau B. – ausdrücklich als solche abgegeben und unterzeichnet hat, kommt eine erhöhte Beweiskraft zu.
22Vgl. zur Beweiskraft dienstlicher Äußerungen: OVG NRW, Beschluss vom 12. September 2016 - 19 B 894/16 -, S. 3 f. des Entscheidungsabdrucks m.w.N. (n.v.).; VG Düsseldorf, Beschluss vom – 18 L 2317/23 -, juris, Rn. 47.
23Sie hat im Rahmen der Sachverhaltswürdigung ein Gewicht, das der Beweiskraft etwa einer eidesstattlichen Versicherung jedenfalls nicht nachsteht. Unabhängig davon, ob vorliegend die schriftliche Erklärung des 2. Konrektors sowie die Lehrkraft Frau K. im beamtenrechtlichen Sinne eine formell ordnungsgemäße "dienstliche Erklärung" darstellt, haben diese sie jedenfalls im Rahmen der streitgegenständlichen Schulordnungsmaßnahme als 2. Konrektor bzw. Lehrkraft abgegeben; sie haben auf diese Weise hinreichend deutlich gemacht, dass sie die Erklärung im dienstlichen Zusammenhang als Beamte und nicht als Privatperson abgegeben haben und abgeben wollten. In diesem Zusammenhang gilt es Folgendes zu beachten: Mit einer dienstlichen Erklärung setzt sich ein Beamter grundsätzlich dem Risiko dienst- und auch disziplinarrechtlicher Konsequenzen aus, wenn sie nicht vollständig der Wahrheit entspricht. Eine dienstliche Erklärung hat daher kein geringeres Gewicht als eine eidesstattliche Versicherung einer Privatperson. Ein Beamter begeht nämlich grundsätzlich ein Dienstvergehen, wenn er schuldhaft die ihm obliegenden Pflichten verletzt. Hierzu gehört auch die aus der allgemeinen Dienst- und Treuepflicht erwachsende konkrete Dienstpflicht, u. a. in dienstlichen Angelegenheiten gegenüber Vorgesetzten oder dem Dienstherrn die - volle - Wahrheit zu sagen und Vorgesetzte zutreffend und nicht bewusst irreführend zu informieren. Hierbei sind an die Sorgfaltspflicht der Beamten angesichts der Bedeutung wahrheitsgemäßer Erklärungen im Rahmen einer geordneten Verwaltungstätigkeit - hier zumal im Interesse einer vertrauensvollen Zusammenarbeit im Rahmen des Schulverhältnisses - keine geringen Anforderungen zu stellen.
24Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 11. Januar 2010 - 19 A 3316/08 -, juris, Rn. 6 ff., vom 29. Dezember 2008 - 19 B 1581/08 -, m.w.N., und vom 22. November 2002 - 19 B 1842/02 -.
25Angesichts dessen bedürfte es, um die Darstellung der Lehrkräfte ernstlich in Zweifel zu ziehen, triftiger Gründe dafür, dass die Angaben des 2. Konrektors sowie die Lehrkraft Frau K. in ihrer dienstlichen Stellungnahme falsch sind, etwa weil sie aus bestimmten, außerhalb der Erklärung liegenden Gründen gar nicht zutreffen können.
26Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 11. Januar 2010 - 19 A 3316/08 -, juris, Rn. 8.
27Derartiges ist weder vorgetragen noch sind entsprechende Anhaltspunkte sonst ersichtlich. Schließlich wird die von der Schulleiterin vorgenommene Wertung, der Antragsteller und niemand anderes habe Herrn X. angespuckt, zudem gestützt durch die detaillierte schriftliche Aussage der Lehrkraft Frau B. sowie sechs weiterer Schülerinnen und Schüler.
28Dass die Schulleiterin den von dem Antragsteller beigebrachten, an Eides statt versicherten Aussagen demgegenüber keinen Glauben geschenkt hat, erweist sich nicht als offensichtlich rechtswidrig. Ihre Bewertung, diesen Aussagen weniger Glauben zu schenken, da sie von Freunden oder von sonst im Lager des Antragstellers stehenden Schülerinnen und Schülern abgegeben worden seien, erweist sich angesichts der diesen gegenüberstehenden gegenteiligen Aussagen der Lehrkräfte O., K. und B., die teils als dienstliche Erklärung abgegeben wurden, sowie der Angaben von sechs weiteren Mitschülern, die allesamt den Antragsteller als denjenigen erkannt haben, der die Lehrkraft X. bespuckt hat, als tragfähig. Demgegenüber ist eine vollständige Sachverhaltsaufklärung im Wege einer Beweisaufnahme im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes weder möglich noch nötig; eine solche ist vielmehr dem Hauptsacheverfahren vorbehalten, in dessen Rahmen der Sachverhalt gegebenenfalls durch umfangreiche Beweisaufnahme aufzuklären sein wird. Für das vorliegende Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes erweist sich die von der Schulleiterin hier vorgenommene Sachverhaltsbewertung aus den vorstehenden Gründen jedenfalls nicht als offensichtlich rechtswidrig, sondern vielmehr als tragfähig.
29Durfte die Schulleiterin mithin gestützt auf die ihr vorliegenden Schüleraussagen und (dienstlichen) Erklärungen ihrer Lehrkräfte davon ausgehen, dass der Antragsteller der Lehrkraft X. von hinten an den Kopf gespuckt hat, erweist sich die daraufhin ergriffene Ordnungsmaßnahme (Überweisung des Antragstellers in die parallele Klasse 9d (jetzt: 10d) am Schulstandort E.) auch nicht als offensichtlich unverhältnismäßig.
30Dem Erlass der streitgegenständlichen Ordnungsmaßnahme steht insbesondere nicht entgegen, dass die Schulleiterin wegen des streitgegenständlichen Vorwurfs nicht lediglich erzieherische Einwirkungen i.S.d. § 53 Abs. 2 SchulG NRW ergriffen hat. Die Bewertung der Schulleiterin, dass im vorliegenden Fall erzieherische Einwirkungen nicht ausreichen (vgl. § 53 Abs. 1 Satz 3 SchulG NRW), erweist sich nicht als offensichtlich rechtswidrig. Zum einen hat der Antragsteller, wie dargelegt, in der Vergangenheit bereits mehrfach seine sich aus dem Schulverhältnis gemäß § 42 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 SchulG NRW ergebenden Pflichten verletzt, und zwar trotz der zwischenzeitlich in Reaktion hierauf durch die Lehrkräfte ergriffenen erzieherischen Einwirkungen. Angesichts dieser Erfahrungen erweist sich die Annahme der Schulleiterin, dass im Falle des Antragstellers weitere erzieherische Einwirkungen nicht auskömmlich sind, um eine nachhaltige positive Verhaltensänderung herbeizuführen, als nicht offensichtlich rechtswidrig. Es bestand kein Anlass, zunächst erneut auf – im Falle des Antragstellers offenkundig wirkungslose – erzieherische Einwirkungen i.S.d. § 53 Abs. 2 SchulG NRW zurückzugreifen. Zum anderen erweist sich der dem Antragsteller nunmehr gemachte Vorwurf, am 00. März 0000 in der Pause der Lehrkraft X. von hinten an den Kopf gespuckt zu haben, als so schwerwiegend, dass sich auch die weitere Annahme der Schulleiterin, erzieherische Einwirkungen seien angesichts der Schwere des nunmehrigen Pflichtenverstoßes ohnehin nicht mehr auskömmlich, nicht als offensichtlich rechtswidrig darstellt.
31Die Überweisung in die Parallelklasse 9d (jetzt: 10d) des Schulstandorts E. ist zunächst grundsätzlich geeignet, eine dauerhafte positive Verhaltensänderung beim Antragsteller herbeizuführen. Durch den räumlichen Wechsel des Schulstandorts wird dem Antragsteller nachdrücklich verdeutlicht, dass die Schule nicht länger gewillt ist, sein regelwidriges Verhalten am bisherigen Schulstandort I. zu dulden und dass er sein Verhalten zwingend ändern muss, um seine Schullaufbahn erfolgreich an dieser Schule fortsetzen und beenden zu können. Auf diese Weise erhält der Antragsteller im Sinne einer „letzten Chance“ die Gelegenheit, sein bisheriges Verhalten zu überdenken und nachhaltig positiv zu verändern.
32Demgegenüber stellt eine Überweisung in eine Parallelklasse am bisherigen Schulstandort I. kein gleich geeignetes Mittel dar. Denn eine solche Überweisung des Antragstellers in eine Parallelklasse des bisherigen Schulstandorts hätte zur Folge, dass der Antragsteller weiterhin auf die durch ihn verunglimpfte Lehrkraft X. treffen würde und zugleich seine ihn in seinem regelwidrigen Verhalten unterstützende Clique weiterhin um sich hätte mit der Folge, dass jedenfalls einer der von der Schulleiterin erstrebten Zwecke der Maßnahme, namentlich die betroffene Lehrkraft vor dem Antragsteller bzw. vor weiteren Zusammentreffen und ggf. Vorfällen mit ihm wirkungsvoll zu schützen, nicht erreicht würde.
33Die streitgegenständliche Schulordnungsmaßnahme ist zur Zweckerreichung auch erforderlich und angemessen. Wie ausgeführt, haben andere, mildere erzieherische Einwirkungen bislang ihre Wirkung bei dem Antragsteller verfehlt. Die Überweisung in die Parallelklasse eines anderen Schulstandorts ist angesichts der Schwere des Regelverstoßes auch angemessen, und zwar auch mit Blick auf die Eingriffstiefe angesichts der räumlichen Entfernung des Schulstandorts vom Wohnort des Antragstellers sowie des Umstandes, dass der Antragsteller sich nunmehr in der Jahrgangsstufe 10 und damit wenige Monate vor den Zentralen Prüfungen am Ende der Klasse 10 befindet.
34Das der Schule anvertraute Rechtsgut der Erziehung würde beträchtlichen Schaden erleiden, wenn Vorfälle wie der Vorliegende die Schule nicht zur Ergreifung geeigneter Ordnungsmaßnahmen veranlassen würde. Treffen – wofür angesichts der vorstehenden Ausführungen bei summarischer Prüfung Überwiegendes spricht – die gegen den Antragsteller erhobenen Vorwürfe zu, so besteht die Gefahr des Eintritts nicht oder nur schwer reparabler Schäden für das Ansehen und auch das körperliche und psychische Wohlbefinden der betroffenen Lehrkraft X.. Auch das allgemein an der Schule herrschende Unterrichtsklima und die Erfüllung des der Schule übertragenden Erziehungsauftrags würden hierdurch nicht unerheblich beeinträchtigt. Der Verbleib eines Schülers, der zuvor bewusst und willentlich eine Lehrkraft vor den Augen einer Vielzahl von Schülern und Lehrkräften derart verunglimpft und herabgewürdigt hat, an demselben Schulstandort erscheint bei Berücksichtigung der Interessen der betroffenen Lehrkraft und auch der übrigen Lehrkräfte unerträglich und nicht zumutbar. Zugleich würde der Erziehungsauftrag der Schule konterkariert, da diejenigen Schülerinnen und Schüler, die den Vorfall beobachtet haben, den Eindruck erhielten, derartiges Verhalten bleibe folgenlos.
35Vor diesem Hintergrund erweist sich die Überweisung des Antragstellers in die Parallelklasse 9d (jetzt: 10d) am Schulstandort E. auch nicht als offensichtlich unverhältnismäßig im engeren Sinne. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass ein solcher Schulstandortwechsel naturgemäß mit gewissen Unannehmlichkeiten für den Antragsteller verbunden sein dürfte. So wird er sich an die neue Lern- und Lehrumgebung ebenso gewöhnen müssen wie an (teilweise) neues Lehrpersonal und andere, ihm bislang ggf. nicht bekannte Mitschüler; zudem hat er einen gegenüber dem bisherigen Schulstandort weiteren Schulweg auf sich zu nehmen. Es wird auch nicht verkannt, dass der Antragsteller nur noch knapp ein Schuljahr bis zum Beginn der Zentralen Prüfungen am Ende der Klasse 10 hat, was einen solchen räumlichen Schulstandortwechsel ungleich schwerwiegender macht. Gleichwohl fällt die vorliegend anzustellende Gesamtwürdigung angesichts der hier zu schützenden gewichtigen Rechtsgüter zu Lasten des Antragstellers aus mit der Folge, dass dieser die ihm entstehenden Unannehmlichkeiten hinzunehmen hat. Denn der in Rede stehende Regelverstoß (massives Verunglimpfen einer Lehrkraft durch Anspucken auf dem Schulhof vor zahlreichen anderen Schülern und Lehrkräften) wiegt angesichts der hier zu schützenden gewichtigen Rechtsgüter (u. a. körperliche und seelische Gesundheit der betroffenen Lehrkraft, Wahrung des Schulfriedens, Erreichen des schulischen Erziehungs- und Bildungsauftrags) schwer. Zu berücksichtigen ist ferner, dass der Antragsteller nicht etwa in eine Parallelklasse einer anderen Schule derselben Schulform überwiesen wird, sondern (nur) in die Parallelklasse derselben Schule, allerdings an einen anderen, 6,5 Kilometer (statt zuvor 2,3 Kilometer) von seinem Wohnort entfernten Schulstandort. Darüber hinaus besucht der Antragteller bereits seit dem 8. April 2024 die Parallelklasse 9d (jetzt: 10d) am Schulstandort E. und hatte mithin ausreichend Zeit und Gelegenheit, sich in die neue Lernumgebung einzufinden. Über die vorgenannten Unannehmlichkeiten hinausgehende nennenswerte schulische Beeinträchtigungen oder sonstige Nachteile für die weitere Schullaufbahn des Antragstellers sind – insbesondere mit Blick auf den identischen Lernstoff an beiden Schulstandorten – indes nicht zu erwarten; Derartiges hat der Antragsteller auch nicht glaubhaft gemacht.
36Erweist sich die streitgegenständliche Schulordnungsmaßnahme nach alledem nicht als offensichtlich unverhältnismäßig, ist auch nichts dafür dargetan, dass die Maßnahme offensichtlich ermessensfehlerhaft wäre. Ermessensfehler, auf deren Prüfung das Gericht beschränkt ist (vgl. § 114 Satz 1 VwGO), sind nicht ersichtlich. Dies gilt sowohl hinsichtlich des Einschreitens- als auch des Auswahlermessens. Anders als der Antragsteller meint, war die Schulleiterin insbesondere nicht gehalten, wegen des in Rede stehenden massiven Fehlverhaltens eine andere, aus seiner Sicht weniger belastende Ordnungsmaßnahme zu wählen. Die Entscheidung über die Art der Ordnungsmaßnahme und ihren Umfang hat die Schulleiterin in Ausübung des ihr obliegenden pädagogischen Ermessens je nach Art und Schwere des Fehlverhaltens und der Persönlichkeit des Schülers, insbesondere seiner Einsichtsfähigkeit, zu treffen.
37Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 17. Juni 2014 - 19 B 679/14 -, juris, Rn. 13, und vom 23. Februar 2007 - 19 B 306/07 -, juris, Rn. 5.
38Für eine fehlerhafte Ausübung dieses pädagogischen Ermessensspielraumes ist vorliegend nichts ersichtlich. Insbesondere war die Schulleiterin angesichts der Schwere des Regelverstoßes nicht gehalten, dem Antragsteller „nur“ einen schriftlichen Verweis (§ 53 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SchulG NRW) zu erteilen.
39Erweist sich die streitgegenständliche Ordnungsmaßnahme nach alledem nicht als offensichtlich rechtswidrig, hat der Antragsteller auch anderweitige besondere und gewichtige Gründe für einen ausnahmsweisen Vorrang seines privaten Aussetzungsinteresses nicht aufgezeigt.
40Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG (halber Auffangwert).
41Rechtsmittelbelehrung:
42(1) Gegen die Entscheidung über den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet.
43Auf die seit dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
44Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist schriftlich bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) eingeht.
45Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
46Die Beschwerdeschrift und die Beschwerdebegründungsschrift sind durch einen Prozessbevollmächtigten einzureichen. Im Beschwerdeverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen.
47Die Beschwerdeschrift und die Beschwerdebegründungsschrift sollen möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
48(2) Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
49Auf die seit dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.
50Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
51Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt.
52Die Beschwerdeschrift soll möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
53War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.