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Oberverwaltungsgericht NRW, 6 A 1605/20.A

Datum:
18.03.2024
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
6. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
6 A 1605/20.A
ECLI:
ECLI:DE:OVGNRW:2024:0318.6A1605.20A.00
 
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Köln, 16 K 9977/17.A
Leitsätze:

1. Allein der Umstand, dass sich eine Person in Deutschland (länger) aufgehalten und einen Asylantrag gestellt hat, löst bei Rückkehr in den Iran nach wie vor nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit staatliche Verfolgung aus.

2. Nach einem längeren Auslandsaufenthalt bei der Rückkehr in den Iran durchgeführte Befragungen stellen für sich genommen ohne das Hinzutreten besonderer Umstände keine relevanten, einen Schutzstatus begründende Handlungen im Sinne von § 3a AsylG dar. Entsprechendes gilt für eine etwaige Bestrafung wegen illegaler Ausreise.

3. a. Der Senat hält in Auswertung des aktuellen Erkenntnismaterials an seiner Einschätzung fest, wonach eine exilpolitische Betätigung eines iranischen Staatsangehörigen (erst) dann schutzrechtlich relevant ist, wenn sie in einem nach außen hin in exponierter Weise erfolgtem Auftreten besteht.

b. Welche Anforderungen in tatsächlicher Hinsicht an eine exilpolitische Tätigkeit gestellt werden müssen, damit sie in diesem Sinne als exponiert anzusehen ist, lässt sich nicht allgemein beantworten. Maßgeblich ist, ob die Aktivitäten den jeweiligen Asylsuchenden aus der Masse der mit dem iranischen Regime Unzufriedenen herausheben und als ernsthaften und gefährlichen Regimegegner erscheinen lassen.

c. Je größer öffentliche Sichtbarkeit, Reichweite und (potentieller) Einfluss des Betreffenden sind, umso eher wird dieser bei Rückkehr in den Iran mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit Verfolgung rechnen müssen.

d. Neben der Möglichkeit der Einflussnahme auf die öffentliche Meinung kann auch die Bedeutung bzw. Funktion einer Person innerhalb der iranischen Diaspora bzw. für eine Aktion oder Demonstration maßgeblich dafür sein, ob jemand als "Schlüsselperson" in den Fokus der iranischen Behörden gerät.

 
Tenor:

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 11.5.2020 wird geändert.

Die Beklagte wird unter Aufhebung der Ziffern 1 und 3 bis 6 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 19.6.2017 verpflichtet, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.

Die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens in beiden Instanzen trägt die Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v. H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v. H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 
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