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Die Berufung des Klägers gegen das am 8. März 2023 verkündete Urteil der 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 28 O 107/22 - wird zurückgewiesen.
Die Zurücknahme der Berufung der Beklagten gegen das vorbezeichnete Urteil hat den Verlust des eingelegten Rechtsmittels zur Folge.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 40 % und die Beklagte zu 60 %.
Die Kostenentscheidungen beider Instanzen sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Soweit der Berufungsantrag zu a zurückgewiesen wird, wird die Revision zugelassen.
Gründe:
2I.
3Der Kläger war registrierter Nutzer des von der Muttergesellschaft der Beklagten betriebenen sozialen Netzwerkes S. und war als solcher Vertragspartner der Beklagten. Am 28. November und 11. Dezember 2021 sowie am 5. und 13. Januar 2022 veröffentlichte der Kläger auf seinem Profil Beiträge, die die Beklagte jeweils am selben Tag entfernte. Am 13. Februar 2022 deaktivierte die Beklagte das Nutzerkonto des Klägers und übersandte ihm eine entsprechende Nachricht.
4Mit dem angefochtenen Urteil, auf das wegen aller weiteren Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts sowie wegen des erstinstanzlichen Vortrags und der erstinstanzlichen Anträge Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Beklagte antragsgemäß verurteilt, das Profil des Klägers vollständig wiederherzustellen, dem Kläger Auskunft darüber zu erteilen, ob die Deaktivierung seines Profils durch ein beauftragtes Unternehmen erfolgte und gegebenenfalls durch welches, und den Kläger von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten freizustellen. Soweit der Kläger darüber hinaus beantragt hat, die Beklagte zu verurteilen, die bei ihr gespeicherten Daten zu berichtigen, es zu unterlassen, den Kläger zu sperren oder sein Konto zu deaktivieren, und sie zu verurteilen, an den Kläger Schadensersatz in Höhe von 1.500 € zu zahlen, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Diese Anträge verfolgt der Kläger mit seiner Berufung weiter. Die Beklagte hat ihre Berufung zurückgenommen.
5Der Kläger wiederholt und vertieft im Berufungsverfahren seine erstinstanzlichen Rechtsausführungen. Bezüglich des mit dem Berufungsantrag zu a geltend gemachten Anspruchs meint er, die Speicherung eines rechtswidrigen Lösch- und Sperrvorgangs, der darüber hinaus nach eigener Behauptung der Beklagten nach einem gewissen Zeitablauf gar nicht mehr als Verstoß gezählt werde, sei unter datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten mehrfach rechtswidrig und sei auch nicht zur Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen erforderlich. Im Falle einer antragsgemäßen Verurteilung zur Datenlöschung sei die Beklagte auch nach einer entsprechenden Löschung der Vermerke immer noch im Besitz der Unterlagen, die den vorliegenden Rechtsstreit und die gelöschten, in rechtswidriger Weise entstandenen Vermerke beträfen, nur dass diese Vermerke eben nicht mehr im Datensatz des Klägers vorhanden seien. Der Löschungsanspruch folge aus Art. 17 Abs. 1 DSGVO, des Weiteren auch aus § 280 Abs. 1, § 249 Abs. 1 BGB. Soweit das Landgericht schlüssigen Vortrag zu den in der Vergangenheit erfolgten Löschungen vermisst habe, sei dies doppelt falsch. Denn zum einen bestehe der Löschungsanspruch, da die Beklagte die Daten nicht mehr benötige, selbst dann, wenn der Kläger tatsächlich gegen die Gemeinschaftsstandards verstoßen haben sollte. Zum anderen sei es die Beklagte, die für sich in Anspruch nehme, Daten über angebliche Vertragsverstöße des Klägers sammeln zu dürfen; damit sei es auch Sache der Beklagten, hierzu vorzutragen und Beweis zu erbringen.
6Der Kläger beantragt sinngemäß,
7das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und die Beklagte - bezüglich der Unterlassung unter Androhung von Ordnungsmitteln - zusätzlich zu verurteilen,
8a) die bei ihr gespeicherten Daten des Klägers dahingehend zu berichtigen, dass alle Lösch- und Sperrvermerke aus dem Nutzerdatensatz gelöscht werden und der Zähler, der die den einzelnen Sperren zugrundeliegenden Verstöße erfasst, vollständig zurückgesetzt wird,
9b) es zu unterlassen, den Kläger auf S. zu sperren (insbesondere ihm die Nutzung der Funktionen von S. wie Posten von Beiträgen, Kommentieren fremder Beiträge und Nutzung des Nachrichtensystems vorzuenthalten) oder sein Konto zu deaktivieren, ohne vorab über die beabsichtigte Sperrung/Kontodeaktivierung zu informieren und die Möglichkeit zur Gegenäußerung mit anschließender Neubescheidung einzuräumen,
10c) an den Kläger 1.500 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13. Februar 2022 zu zahlen.
11Die Beklagte beantragt,
12die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
13Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung. Insbesondere folge der mit dem Berufungsantrag zu a geltend gemachten Anspruch weder aus Vertrag noch aus Art. 16 oder 17 DSGVO. Soweit personenbezogene Daten des Klägers verarbeitet würden, sei dies zur Abwehr von Rechtsansprüchen der Beklagten erforderlich. Die gegen Gemeinschaftsstandards verstoßenden Inhalte seien unverändert vertragswidrig. Es sei daher notwendig, solche Verstöße für den Fall eines drohenden oder anhängigen Gerichtsverfahrens zu dokumentieren. Welche Unterlagen der Beklagten - wie vom Kläger geltend gemacht - auch bei erfolgter Datenlöschung vorliegen sollen, erkläre der Kläger in keiner Weise.
14II.
15Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Klage zu Recht teilweise abgewiesen.
161. Die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Köln folgt jedenfalls daraus, dass die Beklagte sich, ohne einen Mangel der Zuständigkeit geltend zu machen, auf das Verfahren eingelassen hat (Art. 26 Abs. 1 VO [EU] 1215/2012).
172. Des Weiteren steht außer Streit, dass das Vertragsverhältnis der Parteien deutschem Recht unterliegt.
183. Der erstinstanzliche Antrag zu 2, den der Kläger mit dem Berufungsantrag zu a weiterverfolgt, ist unbegründet.
19a) Mit diesem Antrag begehrt der Kläger zum einen, „dass alle Lösch- und Sperrvermerke aus dem Nutzerdatensatz gelöscht werden“. Dazu ist die Beklagte nicht verpflichtet.
20Soweit der Antrag die im vorliegenden Verfahren vorgetragenen und aus dem Tatbestand des angefochtenen Urteils ersichtlichen Informationen über Löschungen der Beiträge des Klägers vom 28. November und 11. Dezember 2021 sowie vom 5. und 13. Januar 2022 erfasst, ist der insoweit geltend gemachte Löschungsanspruch, der sich nur aus Art. 17 Abs. 1 DSGVO ergeben kann, nach Art. 17 Abs. 3 Buchstabe e DSGVO ausgeschlossen, weil die Verarbeitung zur Verteidigung von Rechtsansprüchen erforderlich ist. Es kann mit Blick auf ein mögliches Vollstreckungsverfahren und auch mit Blick auf mögliche zukünftige rechtliche Auseinandersetzungen der Parteien nicht zweifelhaft sein, dass die Beklagte den Sachverhalt, auf dessen Grundlage sie vom Landgericht rechtskräftig zur Wiederherstellung des Profils des Klägers verurteilt worden ist, und dass sie auch das landgerichtliche Urteil selbst weiterhin speichern darf (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 26. Mai 2023 - 10 U 24/22, MMR 2023, 962 Rn. 124 für ein laufendes Verfahren). Insoweit unterscheidet sich der Streitfall von dem Fall, der dem vom Kläger vorgelegten Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 20. Dezember 2023 - 4 U 49/23 - zugrunde lag (Anlage zum Schriftsatz vom 21. Dezember 2023). In dem vom Oberlandesgericht Stuttgart entschiedenen Verfahren war nach rechtskräftiger Abweisung weiterer Anträge nur noch der vom Kläger so bezeichnete Datenberichtigungsanspruch weiterverfolgt worden.
21Auch der Kläger selbst scheint ausweislich der Berufungsbegründung davon auszugehen, dass die Beklagte die den vorliegenden Rechtsstreit betreffenden Unterlagen nicht löschen muss und sein Begehren nur darauf abzielt, „dass diese Vermerke eben nicht mehr im Datensatz des Klägers mit der Gefahr einer weiteren Datenverarbeitung vorhanden sind“ (Seite 11). Eine solche Beschränkung kommt jedoch im Klageantrag nicht zum Ausdruck. Sie wäre auch unbestimmt, weil unklar ist, was mit „Datensatz des Klägers“ gemeint ist. Im Übrigen kann der Kläger der Beklagten nicht vorschreiben, wie sie ihre ihn betreffenden Daten strukturiert.
22Dass es über die im Tatbestand des angefochtenen Urteils dargestellten Fälle hinaus weitere von der Beklagten vorgenommene Entfernungen von Beiträgen des Klägers und Sperrungen seines Profils gegeben hat, legt der Kläger trotz der diesbezüglichen Ausführungen im angefochtenen Urteil weiterhin nicht substantiiert dar. Es obliegt ihm, vorzutragen, auf welche Daten sich der geltend gemachte Löschungsanspruch überhaupt beziehen soll. Nur auf der Grundlage eines solchen Vortrags kann überprüft werden, ob die Daten rechtmäßig gespeichert werden.
23b) Zum anderen begehrt der Kläger, „dass der Zähler, der die den einzelnen Sperrungen zugrundeliegenden Verstöße erfasst, vollständig zurückgesetzt wird.“ Auch dazu ist die Beklagte nicht verpflichtet.
24Ein solcher Anspruch folgt nicht aus Art. 16 Satz 1 DSGVO. Denn der Kläger macht nicht geltend, dass im Datenbestand der Beklagten die Anzahl der tatsächlich vorgenommenen Sperrungen unzutreffend erfasst ist (vgl. dazu OLG Karlsruhe, Urteil vom 26. Mai 2023 - 10 U 24/22, MMR 2023, 962 Rn. 123). Soweit die Beklagte die Vorgänge, die zu Sperrungen geführt haben, als Verstöße gegen ihre Nutzungsbedingungen ansieht und dies in ihrem Datenbestand vermerkt, indem sie die von ihr bejahten Verstöße zählt, handelt es sich bei der gespeicherten Zahl nicht um eine dem Wahrheitsbeweis zugängliche Tatsache, sondern um eine rechtliche Bewertung. Werturteile von Privaten sind grundsätzlich schon wegen des Schutzes der Meinungsfreiheit aus dem Anwendungsbereich der Berichtigungspflicht ausgenommen, soweit sie keine Tatsachenbestandteile enthalten (vgl. OLG Celle, Urteil vom 20. Januar 2022 - 13 U 84/19, MMR 2022, 399 Rn. 45; OLG Karlsruhe, Urteil vom 26. Mai 2023 - 10 U 24/22, juris Rn. 255 in MMR 2023, 962 insoweit nicht abgedruckt; LG Frankfurt am Main, Urteil vom 3. September 2020 - 2-03 O 48/19, MMR 2021, 271 Rn. 89 f; Worms in BeckOK Datenschutzrecht, Art. 16 DSGVO Rn. 54 [Stand: 1. August 2023]; Herbst in Kühling/Buchner, DS-GVO BDSG, 4. Aufl., § 16 DSGVO Rn. 8 f.). Die von der Beklagten gespeicherte eigene Rechtsauffassung, wie oft der Kläger gegen die Nutzungsbedingungen verstoßen hat, bindet den Kläger nicht und hat für ihn auch keine rechtlichen Nachteile (vgl. OLG Celle, Urteil vom 20. Januar 2022 - 13 U 84/19, MMR 2022, 399 Rn. 45).
25Der Anspruch folgt auch nicht aus dem zwischen den Parteien bestehenden Nutzungsvertrag in Verbindung mit § 241 Abs. 2 BGB. Die Verpflichtung der Beklagten zur Rücksichtnahme auf die Interessen ihrer Nutzer und auf deren Recht auf informationelle Selbstbestimmung gebieten es der Beklagten aus den vorstehend genannten Gründen nicht, bestimmte Verhaltensweisen ihrer Nutzer in einer bestimmten Weise rechtlich zu bewerten. Soweit dies in der obergerichtlichen Rechtsprechung ohne nähere Begründung abweichend beurteilt wird (vgl. OLG München, Urteile vom 7. Januar 2020 - 18 U 1491/19, MMR 2021, 79 Rn. 146; vom 12. April 2022 - 18 U 6473/20, juris Rn. 45; OLG Rostock, Urteil vom 29. September 2021 - 2 U 4/20, juris Rn. 25 f.; OLG Dresden, Urteil vom 8. März 2022 - 4 U 1050/22, MMR 2022, 479 Rn. 14; OLG Karlsruhe, Urteil vom 24. Mai 2022 - 14 U 270/20, juris Rn. 53), widerspricht dies nach Auffassung des Senats den Wertungen, die für die Verneinung eines Anspruchs aus Art. 16 Satz 1 DSGVO maßgeblich sind, ohne dass ein Grund dafür ersichtlich wäre, warum diese Wertungen nicht auch für die Auslegung des Vertrags und für die Bestimmung vertraglicher Rücksichtspflichten maßgeblich sein sollen (vgl. auch OLG Karlsruhe, Urteil vom 26. Mai 2023 - 10 U 24/22, MMR 2023, 962 Rn. 123).
26Im Streitfall kommt noch hinzu, dass anders als in den Fällen, in denen bislang ein vertraglicher Datenberichtigungsanspruch bejaht worden ist, dieser Anspruch vorliegend nicht mit einem Unterlassungsanspruch wegen eines konkreten Verstoßes verbunden ist. Dem Kläger stehen unbeschadet des ausgeurteilten Anspruchs auf Wiederherstellung des Profils auch Ansprüche auf Unterlassung einer erneuten Löschung der im Tatbestand des angefochtenen Urteils wiedergegebenen Beiträge bei deren erneuter Einstellung zu (vgl. BGH, Urteil vom 29. Juli 2021 - III ZR 179/20, BGHZ 230, 347 Rn. 100). Würde er diese Ansprüche künftig gerichtlich geltend machen und würde ihm bereits im vorliegenden Verfahren der geltend gemachte Berichtigungsanspruch zuerkannt, bestünde die Gefahr, dass die Frage, ob die einzelnen Beiträge als Verstöße gegen die vertraglichen Pflichten des Klägers anzusehen sind, in den jeweiligen gerichtlichen Verfahren unterschiedlich beurteilt wird.
274. Der erstinstanzliche Antrag zu 3, den der Kläger mit dem Berufungsantrag zu b weiterverfolgt, ist zulässig aber ebenfalls unbegründet.
28a) Entgegen der Annahme des Landgerichts begehrt der Kläger mit diesem Antrag nicht die Erfüllung von Informationspflichten. Vielmehr verlangt er, dass die Beklagte es unterlässt, ihn zu sperren oder sein Konto zu deaktivieren. Mit dem Zusatz „ohne vorab über die beabsichtigte Sperrung/Kontodeaktivierung zu informieren und die Möglichkeit zur Gegenäußerung mit anschließender Neubescheidung einzuräumen“, macht der Kläger keinen auf Erteilung von Informationen gerichteten Anspruch geltend, sondern er schränkt lediglich die geltend gemachte Unterlassungspflicht ein (vgl. OLG München, Urteil vom 20. September 2022 - 18 U 6314/20, GRUR 2023, 96 Rn. 30; a.A. OLG Frankfurt, Urteil vom 30. Juni 2022 - 16 U 229/20, juris Rn. 61)
29b) Der Antrag ist entgegen der Auffassung der Beklagten hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
30Der Antrag gibt nicht einen auslegungsbedürftigen Gesetzeswortlaut wieder (vgl. dazu BGH, Urteil vom 26. Januar 2017 - I ZR 207/14, GRUR 2017, 422 Rn. 18), sondern er enthält eine hinreichend konkrete und klare Beschreibung der zu unterlassenden Handlung (vgl. OLG München, Urteil vom 20. September 2022 - 18 U 6314/20, GRUR 2023, 96 Rn. 15; OLG Karlsruhe, Urteil vom 24. Mai 2022 - 14 U 270/20, juris Rn. 55; a.A. OLG Frankfurt, Urteil vom 30. Juni 2022 - 16 U 229/20, juris Rn. 59 f.). Wenn der Antrag Erfolg hätte, hätte die Beklagte es zu unterlassen, den Kläger zu sperren oder sein Konto zu deaktivieren, es sei denn sie informiert ihn vorab über die beabsichtigte Sperrung oder Deaktivierung und gibt ihm Gelegenheit zur Gegenäußerung.
31Ob es Fälle gibt, in denen die Beklagte berechtigt ist, den Kläger zu sperren oder sein Konto zu deaktivieren, ohne ihn vorab zu informieren und ihm Gelegenheit zur Äußerung zu geben, ist keine Frage der Bestimmtheit, sondern der Begründetheit des Antrags. Von der fehlenden Bestimmtheit ist nämlich die zu weite Fassung des Verbotsantrags zu unterscheiden (vgl. nur Zöller/Greger, ZPO, 35. Aufl., § 253 Rn. 13b).
32Des Weiteren ist der Antrag auch nicht deshalb unbestimmt, weil Fälle ausgenommen wären, in denen die Beklagte einen Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften behauptet. Denn entgegen den Ausführungen des Klägers lässt sich dem Antrag eine solche - möglicherweise unbestimmte - Einschränkung nicht entnehmen.
33c) Der Antrag ist unbegründet, weil er zu weit gefasst ist.
34aa) Denn auch wenn man unterstellt, dass in den Nutzungsbedingungen der Beklagten ein Recht zur Kontosperrung nicht wirksam geregelt ist (vgl. dazu BGH, Urteil vom 29. Juli 2021 - III ZR 179/20, BGHZ 230, 347 Rn. 30 ff. für eine ältere Fassung der Nutzungsbedingungen), und auch wenn man die Möglichkeit einer künftigen Änderung der Nutzungsbedingungen unberücksichtigt lässt (vgl. dazu OLG Karlsruhe, Urteil vom 24. Mai 2022 - 14 U 270/20, juris Rn. 57), kann es Fälle geben, in denen die Beklagte berechtigt ist, den Kläger zu sperren, ohne ihn vorab über die beabsichtigte Sperrung zu informieren und ihm Gelegenheit zur Gegenäußerung mit anschließender Neubescheidung einzuräumen (vgl. Senatsbeschluss vom 9. Juni 2022 - 15 W 30/22, n.v.). So ist die Beklagte insbesondere gehalten, unverzüglich tätig zu werden, um strafbare Inhalte in ihrem sozialen Netzwerk zu entfernen oder zu sperren, sobald sie Kenntnis von Tatsachen oder Umständen erlangt hat, aus denen die Rechtswidrigkeit der Beiträge offensichtlich wird (vgl. BGH, Urteil vom 29. Juli 2021 - III ZR 179/20, BGHZ 230, 347 Rn. 98). Zu den dann - auch unabhängig von der Wirksamkeit einer vertraglichen Ermächtigung für eine Kontosperrung - zulässigen und gebotenen Maßnahmen kann auch die vorübergehende Sperrung eines Nutzerkontos gehören (vgl. OLG München, Urteil vom 12. April 2022 - 18 U 6473/20, juris Rn. 50 f.). Über solche Entscheidungen muss die Beklagte den Nutzer nicht - wie im Klageantrag ausdrücklich angegeben - vorab, sondern lediglich unverzüglich informieren (§ 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 NetzDG). Der Klageantrag, wonach es der Beklagten ausnahmslos - also auch bei strafbaren Inhalten - verboten werden soll, den Kläger zu sperren, ohne ihn vorab zu informieren, geht deshalb zu weit (im Ergebnis ebenso OLG Karlsruhe, Urteil vom 26. Mai 2023 - 10 U 24/22, MMR 2023, 962 Rn. 134; KG, Beschluss vom 20. Februar 2023 - 10 W 85/22, MMR 2023, 509 Rn. 28).
35Dem Kläger kann auch kein enger gefasster Unterlassungsanspruch als Minus zugesprochen werden. Denn ob die Voraussetzungen für eine Sperrung ohne Anhörung vorliegen, wird sich nur im jeweiligen Einzelfall beurteilen lassen (vgl. OLG München, Urteil vom 12. April 2022 - 18 U 6473/20, juris Rn. 52; KG, Beschluss vom 20. Februar 2023 - 10 W 85/22, MMR 2023, 509 Rn. 29).
36Ob die Beklagte es ausnahmslos zu unterlassen hat, den Kläger zu sperren, ohne ihm den Grund für die Sperre zumindest nachträglich unverzüglich mitzuteilen (vgl. OLG München, Urteil vom 20. September 2022 - 18 U 6314/20, GRUR 2023, 96 Rn. 32), kann dahinstehen, weil eine solche Unterlassungspflicht nicht von dem vorliegenden Klageantrag und der Klagebegründung gedeckt ist.
37bb) Ebenfalls zu weit gefasst ist der vorliegende Antrag, soweit der Beklagten untersagt werden soll, das Konto des Klägers zu deaktivieren. Denn das Recht der Beklagten zur Kündigung aus wichtigem Grund setzt nach Nr. 4.2 der Nutzungsbedingungen nicht voraus, dass die Beklagte den Kläger vorab über die beabsichtigte Deaktivierung informiert und ihm Gelegenheit zur Gegenäußerung gibt. Bei einem Verstoß gegen eine Pflicht der Nutzungsbedingungen setzt das Kündigungsrecht vielmehr eine Abhilfefrist oder eine Warnung voraus. Es kommt maßgeblich hinzu, dass nach Nr. 4.2 der Nutzungsbedingungen und nach § 314 Abs. 2 BGB eine Abhilfefrist nicht erforderlich ist, wenn die andere Seite die Erfüllung ihrer Pflichten ernsthaft und endgültig verweigert oder wenn nach Abwägung der Interessen beider Parteien besondere Umstände eine sofortige Kündigung rechtfertigen. Unbeschadet der zutreffenden Erwägungen des Landgerichts zur Unwirksamkeit der Kündigung vom 13. Februar 2022 kann es also auch Fälle geben, in denen die Beklagte zur Kündigung aus wichtigem Grund berechtigt ist, ohne den Kläger vorab über die beabsichtigte Kündigung zu informieren.
385. Der erstinstanzliche Klageantrag zu 5, den der Kläger mit dem Berufungsantrag zu c weiterverfolgt, ist, wie die Beklagte bereits in erster Instanz zu Recht gerügt hat, unzulässig.
39Eine alternative Klagehäufung, bei der der Kläger ein einheitliches Klagebegehren aus mehreren prozessualen Ansprüchen herleitet und dem Gericht die Auswahl überlässt, auf welchen Klagegrund es die Verurteilung stützt, verstößt grundsätzlich und so auch im vorliegenden Fall gegen das Gebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, den Klagegrund bestimmt zu bezeichnen (vgl. BGH, Urteil vom 21. November 2017 - II ZR 180/15, NJW 2018, 1259 Rn. 8 mwN). Danach ist der vorliegende Antrag unzulässig. Denn der Kläger macht mit diesem Antrag ausweislich der Ausführungen in der Klageschrift sowohl einen materiellen als auch einen immateriellen Schaden gleichrangig nebeneinander geltend, ohne den geltend gemachten Gesamtbetrag von 1.500 € auf den immateriellen und den materiellen Schaden aufzuteilen. Ein Anspruch auf immateriellen Schadensersatz ist ein anderer Streitgegenstand als ein Anspruch auf Ersatz eines Vermögensschadens (vgl. nur BGH, Urteile vom 18. März 1959 - IV ZR 182/58, BGHZ 30, 7, 18; vom 19. August 2014 - VI ZR 308/13, NJW 2014, 3300 Rn. 10; Zöller/Vollkommer, ZPO, 34. Aufl., Einleitung Rn. 73).
40Auf die Unzulässigkeit des Antrags hat der Senat den Kläger in der mündlichen Verhandlung hingewiesen. Der Kläger hat daraufhin ausdrücklich davon abgesehen, den Antrag umzustellen. Es kann deshalb dahinstehen, dass dem Kläger weder ein Anspruch auf materiellen noch ein Anspruch auf immateriellen Schadensersatz zustehen dürfte (vgl. etwa OLG München, Urteil vom 7. Januar 2020 - 18 U 1491/19, MMR 2021, 79 Rn. 159 ff.; OLG Nürnberg, Urteil vom 4. August 2020 - 3 U 4039/19, GRUR-RS 2020, 50445 Rn. 131 ff.; OLG Dresden, Urteil vom 11. Juni 2019 - 4 U 760/19, CR 2020, 338, 340 f.).
416. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den § 97 Abs. 1, § 516 Abs. 3 Satz 1, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Die von der ersten Instanz abweichende Kostenquote erklärt sich dadurch, dass der Kläger im Berufungsverfahren Kosten in Höhe der - nach einem geringeren Wert zu berechnenden - Terminsgebühren alleine tragen muss.
427. Soweit der Berufungsantrag zu a zurückgewiesen wird, erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO). Denn wie unter Ziffer 3 Buchstabe b ausgeführt, weicht der Senat mit der vorliegenden Entscheidung ab von der Rechtsprechung mehrerer anderer Oberlandesgerichte. In Bezug auf die weiteren Berufungsanträge liegen die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision hingegen nicht vor (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
43Streitwert des Berufungsverfahrens: 14.750 €, für den Termin jedoch nur 4.250 €