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Wenn ein Verkäufer eines Hausgrundstücks die Genehmigung der durch einen vollmachtlosen Vertreter für ihn abgegebenen Willensklärung verweigert, besteht ein auf Ersatz des Vertrauensschadens gerichteter Schadenersatzanspruch des Käufers wegen des grundlosen Abbruchs von Vertragsverhandlungen (§§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 Nr. 1, 241 Abs. 2 BGB) nur, wenn die Verweigerung der Genehmigung auf einer besonders schwerwiegenden, in der Regel vorsätzlichen Treuepflichtverletzung beruht (im Anschluss an BGH, Urteil vom 9.11.2012 – V ZR 182/11 –, juris, Rn. 8).
Verstirbt der Verkäufer, bevor er die Genehmigung nach § 177 Abs. 1 BGB erklärt hat und verweigern die Erben des Verkäufers die Genehmigung, gilt Folgendes: Soweit es um Eigenschulden der Erben im Zusammenhang mit der Nachlassverwaltung geht, ist für die Frage, ob die verweigerte Genehmigung eine schuldhafte vorvertragliche Pflichtverletzung darstellt, allein auf das Verhalten der Erben und die diesem zugrundeliegenden Umstände abzustellen.
Es stellt keine besonders schwerwiegende Treuepflichtverletzung dar, wenn die Erben des Verkäufers die Genehmigung verweigern, weil ein Erbe das Grundstück für eigene Zwecke nutzen möchte. Gleiches gilt, wenn die Genehmigung deshalb nicht erteilt wird, weil der Kaufpreis als unangemessen zu niedrig angesehen wird.
Der Senat weist die Kläger darauf hin, dass beabsichtigt ist, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil sie nach dem Vorbringen in der Berufungsbegründung aus den im Ergebnis zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung keine Aussicht auf Erfolg hat. Die Sache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung und eine Entscheidung ist zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich.
Den Klägern wird Gelegenheit gegeben, binnen drei Wochen nach Zugang dieses Beschlusses zu den Hinweisen Stellung zu nehmen.
Gründe
2I.
3Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche anlässlich des Scheiterns eines Grundstückskaufvertrages.
4Die Kläger wurden sich mit Herrn T. (im Folgenden: der Erblasser) über einen Verkauf des streitgegenständlichen Grundstücks in U. für 172.000,00 € einig. Entsprechende Entwürfe eines notariellen Kaufvertrages wurden an die Parteien versandt. Bevor es zum Vertragsschluss kam, wurde der Erblasser aufgrund eines Verkehrsunfalls mit Beschluss des Amtsgerichts Leer vom 16.04.2020 unter rechtliche Betreuung gestellt, wobei seine Ehefrau, die Beklagte zu 1), zur Betreuerin bestellt wurde.
5Am 28.04.2020 wurde ein Kaufvertrag entsprechend den vorgenannten Bedingungen notariell beurkundet, wobei für beide Seiten aufgrund der Corona-Pandemie eine vollmachtlose Vertreterin auftrat. Die Kläger und die Beklagte zu 1) genehmigten das Handeln der vollmachtlosen Vertreterin jeweils.
6Der Erblasser verstarb am 00.00.2020, ohne dass eine Genehmigung des Betreuungsgerichts zuvor erfolgt war. Er wurde von der Beklagten zu 1) zu 1/2 und den Beklagten zu 2) und 3) zu jeweils 1/4 beerbt. Die Beklagten zu 2) und 3) erteilten keine Genehmigung.
7Bezüglich des Vermögens des Erblassers wurde am 04.11.2021 das Nachlassinsolvenzverfahren durch das Amtsgericht Leer eröffnet.
8Die Kläger haben mit ihrer Klage den Ersatz von Aufwendungen in Form von Miet-, Notar- und Finanzierungskosten in Höhe von 5.551,37 € verlangt.
9Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
10Die Kläger verfolgen mit der Berufung ihr erstinstanzliches Klageziel weiter.
11II.
12Die Berufung der Kläger gegen das am 27.03.2023 verkündete Urteil des Landgerichts Arnsberg ist gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, da das Rechtsmittel nach dem einstimmigen Votum des Senats keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.
13Die zulässige Berufung hat in der Sache keine Aussicht auf Erfolg. Das angefochtene Urteil des Landgerichts weist keine Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO auf und die gemäß §§ 529, 531 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen auch keine andere – für die Kläger günstigere – Entscheidung.
14Im Einzelnen:
151.
16Das Landgericht ist zutreffend von der Zulässigkeit der Klage ausgegangen, soweit die Kläger einen Anspruch gegen die Beklagten aus §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 Nr. 1, 241 Abs. 2 BGB wegen schuldhafter Verletzung vorvertraglicher Pflichten verfolgen. Die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens steht dem nicht entgegen. Hingegen ist die Klage bereits unzulässig, soweit diese auf einen Anspruch gemäß § 426 Abs. 2 S. 1 BGB gestützt wird.
17a)
18Das Nachlassinsolvenzverfahren ist bereits am 04.11.2021, mithin vor Klageerhebung, eröffnet worden, was zur Folge hat, dass gegen den Nachlass gerichtete Ansprüche lediglich noch gegen den Nachlassinsolvenzverwalter geltend gemacht werden können. Zwar ordnet § 1984 Abs. 1 S. 3 BGB lediglich für die Nachlassverwaltung an, dass ein gegen den Nachlass gerichteter Anspruch nur gegen dessen Verwalter geltend gemacht werden kann, mit der Folge, dass eine gegen die Erben gerichtete Klage unzulässig ist (BeckOK BGB/Lohmann § 1984 BGB Rn. 6) Die Regelung gilt aber ebenfalls für das Nachlassinsolvenzverfahren (BeckOGK BGB/Herzog, § 1975, Rn. 74; Staudinger/Dobler (2020) BGB § 1975, Rn. 6).
19b)
20Soweit die Kläger Schadenersatzansprüche gem. §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 Nr. 1, 241 Abs. 2 BGB geltend machen, liegen Eigenschulden vor, für welche die Beklagten persönlich haften.
21Bei der Frage, ob (auch) eine Eigenverbindlichkeit des Erben begründet wird oder ob eine reine Nachlassverwaltungsschuld vorliegt, ist auf das eigene Verhalten des Erben als Haftungsgrundlage abzustellen. Handelt der Erbe selbst im Rahmen der „eigenhändigen“ Verwaltung des Nachlasses, werden Eigenverbindlichkeiten des Erben begründet, für die er persönlich haftet (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 2013 – V ZR 81/12 -, juris, Rn. 14; MK BGB/Küpper § 1967 Rn. 16).
22Die Kläger gründen ihren Schadenersatzanspruch darauf, dass die Beklagten in ihrer Rechtsstellung als Erben ihre die Verwaltung des Nachlasses betreffenden Pflichten verletzt hätten, indem sie sich trotz Aufforderung geweigert hätten, die Genehmigung des notariellen Kaufvertrages zu erklären.
23c)
24Hingegen handelt es sich bei dem streitgegenständlichen Anspruch auf Gesamtschuldnerausgleich hinsichtlich der Notarkosten gemäß § 426 Abs. 2 S. 1 BGB um Nachlassschulden, welche nur gegenüber dem Nachlassinsolvenzverwalter geltend gemacht werden können. Die Kosten für die Beurkundung des letztlich gescheiterten Vertrages wurden bereits zu Lebzeiten des Erblassers durch Beauftragung des Notars ausgelöst. Da eine eigenhändige Tätigkeit der Erben insoweit nicht haftungsbegründend war, handelt sich bei einem etwaigen Anspruch der Kläger auf anteilige Erstattung von Notarkosten gemäß § 426 Abs. 2 S. 1 BGB nicht um Eigenschulden der Beklagten.
252.
26Die Klage ist – soweit sie zulässig ist – unbegründet. Den Klägern steht ein Anspruch aus §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 Nr. 1, 241 Abs. 2 BGB gegen die Beklagten auf Ersatz der von ihnen nutzlos getätigten Aufwendungen in Höhe von 5.551,37 € nicht zu. Die Kläger trifft dabei für das Vorliegen der Pflichtverletzung die Darlegungs- und Beweislast.
27a)
28Zwar besteht ein Rücksichtnahmepflichten gemäß § 241 Abs. 2 BGB begründendes Schuldverhältnis vorliegend, da die Parteien sich nach ihrem unstreitigen Vortrag jedenfalls in Verhandlungen im Sinne des § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB befunden haben.
29b)
30Jedoch ergibt sich aus dem Vortrag der Kläger keine Pflichtverletzung der Beklagten im Rahmen dieses vorvertraglichen Schuldverhältnisses. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, trägt grundsätzlich jede Partei selbst das Risiko, dass es trotz der Aufnahme von Vertragsverhandlungen und der Tätigung von Aufwendungen im Vertrauen auf dessen Zustandekommen nicht zu einem Abschluss des Vertrages kommt.
31Bei einem Grundstückskaufvertrag sind an die Verletzung vorvertraglicher Schutzpflichten im Sinne des § 241 Abs. 2 BGB besonders strenge Anforderungen zu stellen. Bei diesem löst die Verweigerung der Mitwirkung an der Beurkundung durch einen Verhandlungspartner nicht schon dann Schadensersatzansprüche aus, wenn es an einem triftigen Grund dafür fehlt, sondern nur, wenn eine besonders schwerwiegende, in der Regel vorsätzliche Treuepflichtverletzung vorliegt (BGH, Urteil vom 29. März 1996 – V ZR 332/94 -, juris, Rn. 11). Dies gilt auch, wenn – wie vorliegend – der vollmachtlos vertretene Vertragspartner den schwebend unwirksamen Vertrag nicht genehmigt (BGH, Urteil vom 9. November 2012 – V ZR 182/11 -, juris, Rn. 8). Nicht entscheidend ist, dass der Kaufinteressent im Vertrauen auf das Zustandekommen des Vertrages bereits Aufwendungen getätigt hat. Hierin kann schon deshalb keine besonders schwerwiegende Treuepflichtverletzung gesehen werden, weil es der Kaufinteressent andernfalls in der Hand hätte, durch eigene Dispositionen den Verkäufer mittelbar zum Abschluss des Grundstückskaufvertrages zu bewegen, obwohl ein formgültiger Vertrag i.S. des § 311b BGB noch nicht zustande gekommen ist. Dies stünde im Widerspruch zum Zweck der Formvorschrift (zum Vorstehenden: BGH, Urteil vom 13. Oktober 2017 – V ZR 11/17 –, Rn. 14, juris). Eine besonders schwere Treuepflichtverletzung ist beispielsweise beim Vorspiegeln einer tatsächlich nicht vorhandenen Abschlussbereitschaft oder auch dann gegeben, wenn ein Verhandlungspartner zwar zunächst verkaufsbereit war, im Verlaufe der Verhandlungen aber innerlich von dieser Bereitschaft abgerückt ist, ohne dies zu offenbaren (BGH, Urteil vom 13. Oktober 2017 – V ZR 11/17 –, Rn. 6, juris). Entsprechendes gilt bei der Einschaltung eines vollmachtlosen Vertreters und der nicht erteilten Genehmigung des Rechtsgeschäfts (BGH, Urteil vom 9. November 2012 – V ZR 182/11 -, juris, Rn. 8).
32Unter Zugrundelegung des vorangehend dargelegten rechtlichen Rahmens liegt eine besonders schwere Treuepflichtverletzung der Beklagten nicht vor. Weder ist dem Erblasser eine ihnen zurechenbare besonders gravierende Treuepflichtverletzung zur Last zu legen, noch haben die Beklagten selbst als Erben eine solche begangen.
33aa)
34Eine den Beklagten zurechenbare Treuepflichtverletzung des Erblassers behaupten die Kläger bereits nicht. Ein in der Person des Erblassers entstandener Anspruch könnte im Übrigen aus den vorangehend dargelegten Gründen aufgrund der Nachlassinsolvenz gegen die Beklagten nicht durchgesetzt werden.
35bb)
36Eine eigene Treuepflichtverletzung der Beklagten ist gleichfalls nicht feststellbar. Hinsichtlich der Beklagten zu 1) scheidet eine solche bereits deshalb aus, da diese die Genehmigung des Vertrages erteilt hat.
37Den Beklagten zu 2) und 3) fällt ebenfalls keine Treuepflichtverletzung zur Last. Sie kann nicht aus dem Eintreten der Beklagten in die vorvertraglichen Pflichten des Erblassers gefolgert werden.
38Die Beklagten sind als Erben im Wege der Universalsukzession gemäß § 1922 Abs. 1, 1967 Abs. 1 BGB in die Gesamtheit der Rechtspositionen des Erblassers, einschließlich vorvertraglicher Schuldverhältnisse, eingetreten. Daraus folgt zwar, dass für sie der gleiche Maßstab mit den identischen vorvertraglichen Pflichten besteht, wie sie auch für den Erblasser galten. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass mit dem Erbfall hinsichtlich der allein der Begründetheitsprüfung unterliegenden Eigenschulden ausschließlich auf ihr Verhalten und die diesem zugrundeliegenden Umstände abzustellen ist.
39Danach lässt sich eine besonders schwere Treuepflichtverletzung nicht feststellen.
40Es stellt bereits einen triftigen Grund für die verweigerte Genehmigung dar, dass der Beklagte zu 3) ein eigenes, unwiderlegt tatsächlich bestehendes Interesse an der Nutzung des streitgegenständlichen Grundstücks geltend macht. Eine solches Motiv hätte auch in Form eines Sinneswandels bei dem Erblasser eintreten können, ohne dass dies eine schwerwiegende Treuepflichtverletzung begründet hätte. Gleiches gilt für den weiteren, von den Beklagten angeführten und den Klägern nicht widerlegten Grund für die Verweigerung der Genehmigung, wonach man festgestellt habe, dass der vereinbarte Kaufpreis unangemessen zu niedrig gewesen sei.
41Da die Beklagten zu 2) und 3) an den Verhandlungen über den Kaufvertrag nicht beteiligt waren, stellt es sich überdies nicht als widersprüchliches Verhalten dar, dass der Beklagte zu 3) sein Interesse an einer eigenen Nutzung des Grundstücks nicht zu einem früheren Zeitpunkt offengelegt hat.
42Soweit die Berufung eingehend erläutert, warum den Klägern eine andere Verhaltensweise als die Auslösung von Kosten im Hinblick auf den erwarteten Grundstückserwerb nicht möglich gewesen sei, ist dies zwar verständlich, jedoch ebenfalls ohne entscheidende Bedeutung für die Frage des Vorliegens einer Treuepflichtverletzung der Beklagten. Die Berufung verkennt insoweit weiterhin die grundsätzliche Risikoverteilung bei Verhandlungen über den Abschluss eines formbedürftigen Grundstückskaufvertrages. Sämtliche Aufwendungen vor dem formgültigen Abschluss des Vertrages erfolgen letztlich auf eigene Gefahr. Wollte man den Beklagten eine vorvertragliche Verpflichtung zur Genehmigung des schwebend unwirksamen Vertrages auferlegen, begründete dies einen mittelbaren Zwang zum Vertragsschluss, was nach den eingangs geschilderten Grundsätzen regelmäßig nur bei einer vorsätzlichen Treuepflichtverletzung gerechtfertigt ist, an der es – wie bereits ausgeführt – fehlt.
43Soweit die Kläger schließlich monieren, dass sich die Klärung der Verhältnisse nach Abschluss des schwebend unwirksamen Vertrages zeitlich lange hingezogen habe, kann hieraus zu ihren Gunsten bereits deshalb nichts hergeleitet werden, weil sie einen allein hierauf beruhenden Schaden nicht dargetan haben.
443.
45Mangels bestehender Hauptforderung ist ebenfalls kein Anspruch auf Zahlung von Zinsen gegeben.
46III.
47Auf die Kostenprivilegierung für den Fall der Rücknahme der Berufung (KV GKG- 1222) wird hingewiesen.
48Die Berufung wurde nach diesem Beschluss zurückgenommen.