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Von der Aufhebung eines gegen § 301 Abs. 1 ZPO verstoßenden Teilurteils und der Zurückverweisung an das Arbeitsgericht bzw. dem „Hochziehen“ des erstinstanzlich anhängigen Teils kann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn bei Aufrechterhaltung des Teilurteils weder die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen besteht noch der Verfahrensfehler weiter vertieft wird. Dies ist insbesondere der Fall, wenn sich die prozessuale Situation so entwickelt hat, dass es nicht mehr zu widersprüchlichen Entscheidungen kommen kann (vgl. BAG vom 30.05.2018 — 10 AZR 780/16 — Rn. 22).
In der Zusicherung des Arbeitgebers gegenüber seinen Kunden, für die Arbeiten bei ihnen vor Ort ausschließlich gegen das Corona-Virus geimpfte Monteure einzusetzen, liegt eine unternehmerische Entscheidung, mit der Arbeitgeber das Anforderungsprofil für die bei ihr beschäftigten Monteure ändert. Eine unternehmerische Entscheidung des Arbeitgebers kann auch darin liegen, ab einem bestimmten Zeitpunkt eine Impfung zur Voraussetzung für die Ausübung bestimmter Tätigkeiten zu machen. Der Arbeitgeber hat jedoch darzulegen, dass es sich hierbei nicht nur um eine „wünschenswerte Voraussetzung", sondern um ein nachvollziehbares, arbeitsplatzbezogenes Kriterium handelt (vorliegend verneint).
Die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Herne vom 16.11.2022 – 1 Ca 101/22 – wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung.
3Die Beklagte ist ein auf dem Gebiet der Beschichtungstechnik, Anlagensanierung und Anlagenbau tätiges Unternehmen mit Sitz in A. Sie hat einen weiteren Standort in B.
4Sie beschäftigt regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden.
5Der am 31.01.1961 geborene Kläger war seit dem 01.06.2012 auf Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrags vom 30.05.2012/ 31.05.2012 (Bl. 6 ff. GA) als Monteur bei der Beklagten beschäftigt. In der Vergangenheit war er auch im Rahmen kurzer Aushilfseinsätze im Lager oder der Materialproduktion als Helfer eingesetzt. Seine Tätigkeit als Monteur bestand im Wesentlichen aus Be- und Entschichtungsarbeiten, Schlosserarbeiten sowie De-/ Montagearbeiten von Anlagenbauteilen, wobei der Kläger auf Baustellen im In- und Ausland eingesetzt war. Seine Einsätze erfolgten zuletzt bei nachfolgenden Kunden:
6– C GmbH, XXXXX
7– D B.V.
8– E
9– F AG XXXX
10– G. XXXXX
11Ausweislich der von dem Kläger mit der Klageschrift eingereichten Lohnabrechnungen für die Monate August, September und Oktober 2021 (Bl. 9-11 GA) bezog der Kläger inklusive Spesen und weiterer Zulagen zuletzt eine durchschnittliche Vergütung von 3.595,88 € brutto monatlich.
12Der Kläger war nicht gegen das Corona-Virus geimpft.
13Mit Rundschreiben vom 25.08.2021 (Bl.12 GA) teilte die Beklagte ihren Beschäftigten unter anderem mit, dass sie wissen müsse, welche Mitarbeiter schon geimpft und welche Mitarbeiter noch nicht geimpft seien, da von ihren Kunden auf deren Gelände vermehrt gefordert werde, dass nur noch geimpfte Mitarbeiter einsetzt werden dürfen. Des Weiteren wies sie darauf hin, dass wöchentlich ein negativer Covid-19 SARS-CoV-2 Antigen-Schnelltest vorgelegt werden müsse. Für Mitarbeiter, die sich nicht impfen lassen wollten, gelte ab dem 01.09.2021 das Gleiche mit dem Zusatz, dass Mitarbeiter ohne Impfung auf Baustellen nicht mehr eingesetzt werden könnten, was dann zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen werde.
14Im September 2021 bis einschließlich dem 06.10.2021 war der Kläger auf einer Baustelle in den Niederlande eingesetzt. Anschließend befand er sich bis zum 31.10.2021 im Urlaub.
15Mit einem weiteren Schreiben vom 12.10.2021 (Bl.94.M GA) wies die Beklagte ihre Mitarbeiter darauf hin, dass ihr Geschäft sehr stark abhängig vom Außenkontakt sei. Von daher müssten sämtliche Mitarbeiter, die Kontakt mit Kunden hätten, geimpft sein, es sei denn, es lägen gesundheitliche Gründe vor, die dies unmöglich machten. 90 % ihrer Kunden bestünden darauf, dass nur geimpfte Mitarbeiter mit ihren Mitarbeitern Kontakt haben dürften. Sofern keine Bereitschaft bestehe, sich impfen zu lassen, führe dies für die betreffenden Mitarbeiter zwangsläufig zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Für Mitarbeiter im Innendienst gelte eine besondere Schutzpflicht gegenüber den Arbeitskollegen. Sofern der Impfstatus ungewiss sei oder ein Impfschutz nicht vorliege, müssten die betreffenden Mitarbeiter mindestens einmal pro Woche einen negativen Test vorweisen. Die Kosten für diese Tests übernehme die Beklagte ab dem 11.10.2021 nicht mehr.
16Am 28.10.2021 führte der Geschäftsführer der Beklagten I ein Gespräch mit dem Kläger. Dem Kläger wurde mitgeteilt, dass die Beklagte ihn in Zukunft nicht mehr einsetzen könne, sofern er seine ablehnende Haltung gegenüber einer Impfung nicht ändere.
17Vom 02.11.2021 bis einschließlich dem 20.11.2021 war der Kläger auf einer Baustelle in Deutschland bei dem Kunden J GmbH in K tätig. Im Anschluss war er bis zum 10.12.2021 arbeitsunfähig erkrankt.
18Mit Schreiben vom 15.11.2021 (Bl.13 GA) forderte die Beklagte den Kläger mit Fristsetzung bis zum 29.11.2021 und unter Hinweis auf ihr Schreiben vom 12.10.2021 sowie die aktuell drastischer steigenden Infektionszahlen zur Vornahme einer Impfung gegen das SARS-CoV-2-Virus auf. Zugleich wies sie ihn darauf hin, dass sie sich anderenfalls gezwungen sehe, das Arbeitsverhältnis fristgemäß zum 28.02.2022 zu beenden, da der Kläger ohne Impfung künftig als Mitarbeiter im Montagebereich nicht mehr einsetzbar sei.
19Der Kläger kam der Aufforderung der Beklagten nicht nach.
20Mit Schreiben vom 29.11.2021 (Bl.14 GA) kündigte die Beklagte das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis ordentlich zum 28.02.2022. Mit einer am 20.12.2021 bei dem Arbeitsgericht Bocholt eingegangenen Klageschrift, welche der Beklagten am 29.12.2021 zugestellt wurde, hat der Kläger Kündigungsschutzklage erhoben. Mit Beschluss vom 11.01.2022 hat sich das Arbeitsgericht Bocholt für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht Herne verwiesen. Mit Schriftsatz vom 08.09.2022 hat der Kläger die Klage um Annahmeverzugslohnansprüche für die Monate März 2022 bis einschließlich Juli 2022 erweitert.
21Vom 11.12.2021 bis zum 28.02.2022 war der Kläger unter Anrechnung von Plusstunden auf dem Arbeitszeitkonto sowie unter Anrechnung auf Urlaubsansprüche unwiderruflich von der Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt.
22Der Kläger hat die Kündigung für rechtsunwirksam gehalten. Er hat darauf verwiesen, dass zum Zeitpunkt der Kündigung keine gesetzliche Impfpflicht gegen Covid-19 bestanden habe. Insbesondere sei er zu regelmäßigen Tests auf seine Kosten bereit gewesen. Es sei nicht richtig, dass sämtliche Kunden der Beklagten verlangten, dass ihre Monteure gegen Covid-19 geimpft seien müssten. Dies habe die Beklagte mit den von ihr vorgelegten Unterlagen, betreffend die Kunden Unternehmen G, M, N und O Europe, nicht nachgewiesen. Bei seinen zahlreichen Montageeinsätzen in Russland sei bei ihm zudem der Eindruck entstanden, dass die Vorbehalte gegen ungeimpfte Personen dort niedriger seien als in Deutschland. Gegen das zwingende Erfordernis einer Impfung spräche weiterhin, dass die Beklagte in ihrem Schreiben vom 15.11.2021 Mitarbeiter, die aus gesundheitlichen Gründen nicht geimpft werde können, von der Verpflichtung zu einer Impfung ausgenommen habe. Aus Sicht der Kunden mache es jedoch keinen Unterschied, aus welchen Gründen ein Monteur nicht geimpft ist. Auch spreche das Schreiben dafür, dass bei Vorliegen gesundheitlicher Gründe eine Weiterbeschäftigung bei fehlender Impfung offenbar möglich war. Im Übrigen hätte der Kläger – wie bereits in der Vergangenheit geschehen – in den Werken/ Laboren in A bzw. B eingesetzt werden können.
23Die Beklagte könne sich auch nicht auf ihre Zusage gegenüber ihren Kunden stützen, nur noch geimpfte Mitarbeiter einzusetzen. Er – der Kläger – halte es zwar für möglich, dass die Beklagte derartige Zusicherungen gegenüber ihren Kunden abgab. Eine solche Zusicherung sei jedoch nicht geeignet, einen Kündigungsgrund darzustellen.
24Der Kläger hat außerdem bestritten, dass der Betriebsrat vor dem Ausspruch der Kündigung ordnungsgemäß angehört wurde.
25Der Kläger hat beantragt,
261. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers bei der Beklagten nicht durch die ordentliche Kündigung vom 29.11.2021 zum 28.02.2022 oder zu einem späteren Zeitpunkt aufgelöst worden ist,
2. außerdem, die Beklagte zu verurteilen, ihn für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag zu den bisherigen Arbeitsbedingungen als Monteur bis zu dessen rechtskräftigen Abschluss weiter zu beschäftigen,
3. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger einen Betrag in Höhe von brutto € 3.187,05 als Lohnfortzahlung für den Monat März 2022 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 01.04.2022 abzüglich möglicher auf das Arbeitsamt übergegangener Ansprüche zu zahlen,
4. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger einen Betrag in Höhe von brutto € 1.767,29 als Lohnfortzahlung für den Monat April 2022 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 01.05.2022 zu zahlen,
5. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger einen Betrag in Höhe von brutto € 1.675,73 als Lohnfortzahlung für den Monat Mai 2022 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 01.06.2022 zu zahlen,
6. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger einen Betrag in Höhe von brutto € 834,35 als Lohnfortzahlung für den Monat Juni 2022 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 01.07.2022 zu zahlen,
7. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger einen Betrag in Höhe von brutto € 1.529,90 als Lohnfortzahlung für den Monat Juli 2022 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 01.08.2022 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
41die Klage abzuweisen.
42Sie hat die Auffassung vertreten, dass die Kündigung aus dringenden betrieblichen Gründen sozial gerechtfertigt sei. Wegen seiner fehlenden Impfung sei der Kläger nicht mehr einsetzbar gewesen, da ihre Kunden nur noch geimpfte Mitarbeiter auf den Baustellen vor Ort gewünscht hätten. Hintergrund der Aufforderung an den Kläger, sich impfen zu lassen, seien die Vorgaben ihrer Kunden gewesen, wie die Hinweise der Firmen G, N und M (Bl.114 -131 GA) zeigten. Für weitere Projekte in den Niederlande habe sie den Kläger nach dem 28.02.2022 nicht mehr einsetzen können, da ab diesem Zeitpunkt generell bei allen Kunden in den Niederlande gegolten habe, dass nur geimpfte Mitarbeiter eingesetzt werden dürften. In Russland habe sie in den letzten 24 Monaten nur eine Baustelle gehabt, auf der auch der Kläger zum Einsatz gekommen sei. Zukünftig würden von der Beklagten keine Aufträge mehr in Russland angenommen.
43Unabhängig davon habe sie allen ihren Kunden zugesagt, dass nur vollständig geimpfte Mitarbeiter bei ihnen eingesetzt würden. Auch deshalb sei ein Einsatz des Klägers als Monteur bei ihren Kunden nicht möglich gewesen.
44Sie habe auch keine Möglichkeit, einen nicht geimpften Mitarbeiter tageweise zu verplanen. Ihre Projekte liefen üblicherweise über mehrere Wochen und Monate, weshalb sie Planbarkeit benötige. Diese gebe es jedoch nicht bei ungeimpften Mitarbeitern. Der Kläger sei der einzige Mitarbeiter aus ihrem Monteurteam gewesen, der sich nicht habe impfen lassen. Auch habe es keinen einzigen Mitarbeiter im Monteurteam gegeben, der aus gesundheitlichen Gründen nicht habe geimpft werden können.
45Die Weiterbeschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz mit einer anderen Tätigkeit sei – trotz der in der Vergangenheit erfolgten kurzen Aushilfseinsätze – nicht möglich. Für einen dauerhaften Einsatz im Lager seien die Kenntnisse eines ausgebildeten Fachlageristen sowie gute EDV-Kenntnisse erforderlich. Sie beschäftige im Lager seit mehr als zehn Jahren einen Mitarbeiter als Fachlageristen, der über die notwendigen EDV-Kenntnisse verfüge. Zudem beschäftige sie seit Juli 1995 einen Hilfsarbeiter. Weitere Mitarbeiter benötige sie im Lager nicht. Auch in der Materialproduktion am Standort B sei ein Einsatz des Klägers nicht möglich, da dort alle Arbeitsplätze mit Fachkräften besetzt seien. Die dort beschäftigten sechs Mitarbeiter verfügten über die notwendige Qualifikation als Doktoranden, da in der Materialproduktion Beschichtungsmaterialien hergestellt würden. Auch die Fähigkeit zum Umgang mit Gefahrgut und gefährlichen Maschinen sei Grundvoraussetzung für die dortige Tätigkeit.
46Ein Betriebsrat sei bei ihr nicht vorhanden.
47Mit Teilurteil vom 16.11.2022 hat das Arbeitsgericht der Klage in Bezug auf den Kündigungsschutzantrag und den Weiterbeschäftigungsantrag stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
48Die ordentliche Kündigung vom 29.11.2021 sei nicht aus betriebsbedingten Gründen sozial gerechtfertigt. Soweit die Beklagte die Kündigung darauf stütze, dass ihre Kunden ausschließlich den Einsatz geimpfter Mitarbeiter auf Baustellen wünschten, habe sie sich auf außerbetriebliche Umstände berufen. Da der Kläger dies bestritten habe, habe die Beklagte den dauerhaften Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger spätestens zum Ablauf der Kündigungsfrist darlegen und beweisen müssen. Sie habe deshalb die vorhandenen Aufträge, deren Dauer sowie die jeweiligen Vertragspartner benennen und dartun müssen, dass diese ausschließlich den Einsatz geimpfter Mitarbeiter verlangten. Diesen Anforderungen genüge das Beklagtenvorbringen nicht. Die Angabe im Schreiben vom 12.10.2021, dass mehr als 90% der Kunden auf den Einsatz geimpfter Mitarbeiter bestünden, reiche nicht aus. Dies zeige vielmehr, dass es noch Kunden gegeben habe, für die der Kläger hätte tätig werden können. Insbesondere sei der Kläger zuletzt noch bei fünf Kunden tätig gewesen, wobei nicht erkennbar sei, dass all diese Kunden eine Impfung der eingesetzten Mitarbeiter verlangten. Insoweit habe die Beklagte lediglich Ausführungen zum Kunden G getätigt. Auch das Vorbringen der Beklagten zur weiteren Einsetzbarkeit des Klägers in den Niederlande sei nicht ausreichend. Insbesondere verblieben auch dann noch die Unternehmen C GmbH, E GmbH sowie F AG. Bei diesen drei Auftraggebern sei nicht dargelegt, dass sie eine Impfung der bei ihnen eingesetzten Arbeitnehmer verlangten. Zudem sei nicht ersichtlich, dass die Tätigkeiten für diese Auftraggeber abgeschlossen waren und mit weiteren Aufträgen nicht zu rechnen gewesen sei. Darüber hinaus habe die Beklagte vorgetragen, dass der Kläger in der Zeit vom 02.11.2021 bis zum 20.10.2021 auf einer Baustelle in Deutschland eingesetzt war, ohne dass ersichtlich sei, dass der Auftraggeber eine Impfung des Klägers forderte. Im Übrigen reiche nach den vorgelegten Unterlagen der Firma M ein aktueller Test der eingesetzten Mitarbeiter aus. Auch bezüglich des benannten Kunden O Europe sei nicht ersichtlich, ab wann dieser Kunde hinsichtlich der eingesetzten Mitarbeiter „2G+“ forderte. Allein der Verweis der Beklagten auf die fehlende Planbarkeit des Klägers reiche nicht aus. Hinzu komme, dass die Beklagte in ihrem Schreiben vom 25.08.2021 mitteilte, dass ab dem 01.09.2021 ein Einsatz ungeimpfter Mitarbeiter auf den Baustellen nicht mehr erfolge, der Kläger jedoch nach diesem Zeitpunkt noch zwei Monate weiterbeschäftigt wurde. Außerdem habe die Beklagte im Schreiben vom 12.10.2021 die Impfung bei Arbeitnehmern nicht für erforderlich gehalten, wenn sie aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich ist. Vor diesem Hintergrund habe der benannte Zeuge P nicht gehört werden müssen.
49Soweit die Beklagte ausgeführt habe, sie habe allen Kunden zugesagt, nur noch geimpfte Mitarbeiter einzusetzen, komme es hierauf auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass der Arbeitgeber das Anforderungsprofil für die Arbeitsplätze festlegt, nicht an. Denn in diesem Fall seien die Organisationsentscheidung des Arbeitgebers und sein Kündigungsentschluss deckungsgleich. In einem solchen Fall habe der Arbeitgeber daher darzulegen, inwieweit ein konkreter Änderungsbedarf bestehe. Gegen die von der Beklagten behauptete Organisationsentscheidung spreche zudem, dass die Beklagte die Impfung nicht von Mitarbeitern verlange, wenn gesundheitliche Gründe entgegenstehen.
50Da dem Kündigungsschutzantrag stattzugeben war, sei auch dem Antrag auf vorläufige Weiterbeschäftigung stattzugeben, da die Beklagte insoweit keine entgegenstehenden Gründe dargetan habe.
51Gegen das ihr am 05.12.2022 zugestellte Teilurteil hat die Beklagte mit einem am 22.12.2022 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 06.03.2023 verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit einem am 02.03.2023 eingegangenen Schriftsatz begründet.
52In Bezug auf den nach Erlass des Teilurteils erstinstanzlich noch anhängigen Teil des Rechtsstreits hat das Arbeitsgericht das Verfahren mit Beschluss vom 12.07.2023 im Einvernehmen mit den Parteien wegen Vorgreiflichkeit bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den in zweiter Instanz anhängigen Kündigungsschutzantrag ausgesetzt.
53Zur Begründung ihrer Berufung hat die Beklagte im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
54Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts habe die Beklagte hinreichend dargetan, dass es ihr angesichts seiner fehlenden Impfung dauerhaft unmöglich war, den Kläger zu beschäftigen. Dabei habe das Arbeitsgericht die Besonderheiten des Projektgeschäfts nicht ausreichend berücksichtigt. Die Beklagte habe nicht gewusst, welche Corona-Maßnahmen die Kunden jeweils verlangen würden. Der Beklagten sei es nicht zuzumuten, den Kläger solange weiter zu beschäftigen, bis ein Kunde gegebenenfalls geringere Anforderungen als eine erfolgte Impfung stellt. Außerdem seien die Mitarbeiter der Beklagten in feste Arbeitsteams eingeteilt, die nicht nach Belieben geändert werden könnten. Wenn der Kläger als einziger Mitarbeiter dieses Arbeitsteams nicht geimpft sei, könne die Beklagte ihm nicht allein aus diesem Grund eine Sonderbehandlung zukommen lassen. Eine ständig neue Zusammenstellung der Arbeitsteams hätte zudem zu einer erheblichen Unruhe innerhalb der Belegschaft geführt. Die Möglichkeit, einen ungeimpften Mitarbeiter tageweise zu verplanen, habe nicht bestanden. Diese Umstände habe die Beklagte dem Kläger auch in dem geführten Personalgespräch verdeutlicht.
55Hinsichtlich der Firma N habe die Beklagte nur einen einzigen kleinen Auftrag für das ganze Jahr gehabt, so dass sie den Kläger auch nicht für einen Folgeauftrag hätte einsetzen können. Hinsichtlich des im November 2021 zuletzt erfolgten Einsatzes des Klägers bei der Firma J GmbH in K sei noch anzumerken, dass im Rahmen dieses Auftrags ein Behälter aufzustellen gewesen war und zum Ende der Montage hin kein Folgeauftrag vorgelegen habe. Auch sei zu berücksichtigen, dass es für die Beklagte nicht nur um eine Firma, sondern um die Masse der Kunden ging, die von der Beklagten erwarteten, dass sie entsprechende Impfnachweise für ihre Mitarbeiter erbringt. Hätte ein anderer Monteur aus gesundheitlichen Gründen nicht geimpft werden können, so wäre auch diesem wegen fehlender Einsetzbarkeit von der Beklagten gekündigt worden.
56Unabhängig von den konkreten Einsätzen des Klägers habe es zudem ausgereicht, dass die Beklagte sämtlichen Kunden zusagte, nur noch vollständig geimpfte Mitarbeiter einzusetzen. Der Beklagten bleibe es unbenommen, Vorgaben für einen weiteren Einsatz ihrer Monteure dergestalt zu machen, dass sie nur noch geimpfte Mitarbeiter auf den Baustellen einsetzt und zwar unabhängig davon, ob die Kunden einen tagesaktuellen negativen Corona-Test akzeptiert hätten. Der Beklagten sei es ein Anliegen gewesen, die mit dem Kläger eingesetzten Monteure sowie die Kunden und deren Mitarbeiter vor einer Corona-Infektion zu schützen. Vor diesem Hintergrund sei die Zusicherung gegenüber ihren Kunden erfolgt. Schon allein aus diesem Grund sei der Kläger nicht mehr auf den Baustellen ihrer Kunden einsetzbar gewesen, so dass ein betriebsbedingter Grund für die Kündigung vorliege.
57Die Beklagte beantragt,
58das Teilurteil des Arbeitsgerichts Herne vom 16.11.2022 – 1 Ca 101/22 – abzuändern und die Klage abzuweisen, soweit das Arbeitsgericht dem Kündigungsschutzantrag und dem Weiterbeschäftigungsantrag stattgegeben hat.
59Der Kläger beantragt,
60die Berufung zurückzuweisen.
61Er verteidigt das arbeitsgerichtliche Teilurteil und meint, dass die Beklagte nach wie vor nicht hinreichend dargelegt habe, dass die Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger infolge seiner fehlenden Impfung entfallen sei. Auch die von der Beklagten angeführte Selbstverpflichtung durch ihre Zusicherung könne nicht dazu führen, dass sich die Beklagte damit einen Kündigungsgrund selbst schaffen könne. Eine generelle Impfpflicht habe – unstreitig – weder zum Kündigungszeitpunkt noch zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestanden. Auch sei zum Zeitpunkt der Kündigung nicht abzusehen gewesen, wie sich die Corona-Pandemie weiterentwickeln und welche Vorgaben es für den Einsatz ungeimpfter Arbeitnehmer wie den Kläger ab dem 01.03.2022 geben werde.
62Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie die von den Parteien zu Protokoll abgegebenen Erklärungen ergänzend Bezug genommen.
63E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
64I. Die Berufung der Beklagten ist zulässig.
651. Sie ist statthaft (§ 64 Abs. 1, Abs. 2 b,c ArbGG) und nach § 519 ZPO, §§ 64 Abs. 6 S. 1, 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG am 20. Dezember 2022 gegen das am 05.12.2022 zugestellte Teilurteil form- und fristgerecht eingelegt und innerhalb der nach § 66 Abs. 1 S. 1 S. 5 ArbGG verlängerten Frist am 02.03.2023 begründet worden.
662. Die Beklagte hat die Berufung auch ausreichend begründet.
67a) Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergibt. Die Berufungsbegründung muss danach auf den Streitfall zugeschnitten sein und im Einzelnen erkennen lassen, in welchen Punkten rechtlicher oder tatsächlicher Art und aus welchen Gründen das angefochtene Urteil fehlerhaft sein soll. Für die erforderliche Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen der angefochtenen Entscheidung reicht es deshalb nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch das Arbeitsgericht mit formelhaften Wendungen zu rügen und lediglich auf das erstinstanzliche Vorbringen zu verweisen oder dieses zu wiederholen (vgl. BAG vom 25.10.2017 – 7 AZR 731/15 – Rn. 14). Bei mehreren Streitgegenständen oder einem teilbaren Streitgegenstand hat sich die Berufungsbegründung grundsätzlich auf alle Teile des Urteils zu erstrecken, hinsichtlich derer eine Abänderung beantragt ist (vgl. BGH vom 05.07.2022 – VIII ZR 137/21 – Rn. 24).
68b) Eine ausreichende Berufungsbegründung liegt in Bezug auf den Kündigungsschutzantrag jedenfalls darin, dass sich die Beklagte auf den Rechtsstandpunkt stellt, dass allein die Zusicherung gegenüber ihren Kunden, nur noch geimpfte Mitarbeiter einzusetzen, die Kündigung aus betriebsbedingten Gründen rechtfertige. Zwar hat sich die Berufung nicht ausdrücklich mit dem Argument des Arbeitsgerichts auseinandergesetzt, dass der Arbeitgeber in einem solchen Fall darzulegen habe, inwieweit ein konkreter Änderungsbedarf bestehe. Dies war jedoch nicht erforderlich, da nach der Auffassung der Beklagten schon ihre Zusicherung gegenüber den Kunden – ohne das Erfordernis weiterer Darlegungen – ausreichte. Soweit das Arbeitsgericht weiterhin ausgeführt hat, gegen die von der Beklagten behauptete Organisationsentscheidung spreche außerdem, dass die Beklagte die Impfung nicht von Mitarbeitern verlange, wenn gesundheitliche Gründe entgegenstehen, hat die Beklagte sich mit dieser Begründung hinreichend befasst, indem sie ausführte, dass sie auch in einem solchen Fall das Arbeitsverhältnis wegen fehlender Einsetzbarkeit des Mitarbeiters gekündigt hätte.
69Da die Berufungsbegründung in Bezug auf den Kündigungsschutzantrag damit zu einem Streitpunkt eine ausreichende Begründung enthält, ist sie insgesamt zulässig, da sie geeignet ist, der Entscheidung des Arbeitsgerichts in Bezug auf die Kündigungsschutzklage insgesamt die Grundlage zu entziehen. Es kann damit dahinstehen, ob hinsichtlich der Begründung des Arbeitsgerichts, dass die Beklagte ihre Kündigung auch nicht mit Erfolg auf außerbetriebliche Umstände stützen könne, eine hinreichende Begründung der Berufung erfolgt ist.
70Die Berufung ist nicht deshalb teilweise unzulässig, weil die Berufungsbegründung keine Ausführungen zum Weiterbeschäftigungsantrag enthält. Eine Begründungspflicht bestand ausnahmsweise nicht, da nach der Begründung des Arbeitsgerichts der Anspruch des Klägers auf vorläufige Weiterbeschäftigung unmittelbar von der Stattgabe des Kündigungsschutzantrags abhing (vgl. BAG vom 24.10.2019 – 8 AZR 528/18 – Rn. 18).
71II. Obgleich die Voraussetzungen für den Erlass eines Teilurteils durch das Arbeitsgericht nicht vorlagen, war das Teilurteil nicht aufzuheben und an das Arbeitsgericht zurückzuverweisen. Auch musste die Kammer den noch erstinstanzlich anhängigen Teil des Rechtsstreits nicht an sich ziehen.
721. Nach § 301 Abs. 1 S. 1 ZPO hat das Gericht die Entscheidung durch Endurteil (Teilurteil) zu erlassen, wenn von mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen nur der eine oder nur ein Teil eines Anspruchs zur Endentscheidung reif ist. Die Norm setzt danach die Teilbarkeit der Klageforderung voraus. Der Teil, über den entschieden wird, muss vom Rest des erhobenen prozessualen Anspruchs oder der geltend gemachten prozessualen Ansprüche unabhängig sein, so dass die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen – auch infolge abweichender Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht – ausgeschlossen ist. Für den Erlass eines Teilurteils darf es daher nicht auf Begründungselemente ankommen, die auch bei weiteren Entscheidung über den noch nicht entscheidungsreifen Teil maßgebend sein können und die weder in Rechtskraft erwachsen noch das Gericht nach § 318 ZPO für das weitere Verfahren binden. Eine Gefahr widersprechender Entscheidungen ist insbesondere dann gegeben, wenn in einem Teilurteil über eine Frage zu entscheiden ist, die sich aufgrund der materiell-rechtlichen Verzahnung von prozessual selbständigen Ansprüchen im weiteren Verfahren über diese Ansprüche noch einmal stellt oder stellen kann (vgl. BAG vom 23.01.2022 – 4 AZR 250/21 – Rn. 11; BAG vom 08.02.2022 – 1 AZR 233/21 – Rn. 13; BAG vom 27.05.2020 – 5 AZR 387/19 – Rn. 19).
73Grundsätzlich führt ein Verstoß gegen § 301 Abs. 1 ZPO dazu, dass das Berufungsgericht entweder das Teilurteil aufzuheben und an das Arbeitsgericht zurückzuverweisen oder den noch erstinstanzlich anhängigen Teil des Rechtsstreits an sich zu ziehen hat (vgl. BAG vom 23.01.2022 – 4 AZR 250/21 – Rn. 24 ff.). Davon kann jedoch ausnahmsweise abgesehen werden, wenn bei Aufrechterhaltung des Teilurteils weder die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen besteht noch der Verfahrensfehler weiter vertieft wird. Dies ist insbesondere der Fall, wenn sich die prozessuale Situation so entwickelt hat, dass es nicht mehr zu widersprüchlichen Entscheidungen kommen kann (vgl. BAG vom 30.05.2018 – 10 AZR 780/16 – Rn. 22).
742. Nach den vorstehenden Grundsätzen durfte das Arbeitsgericht nicht durch Teilurteil ausschließlich über den Kündigungsschutzantrag zu 1. und den Weiterbeschäftigungsantrag zu 2. entscheiden. Denn die Zahlungsanträge zu 3. – 7. betreffen Annahmeverzugslohnansprüche für die Monate März 2022 bis Juli 2022. Die Entscheidung über diese Ansprüche ist von dem Erfolg der Kündigungsschutzklage abhängig.
75Vorliegend hat sich jedoch die prozessuale Situation in Bezug auf den noch beim Arbeitsgericht anhängigen Teil des Rechtsstreits dahingehend entwickelt, dass die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen oder einer weiteren Vertiefung des Verfahrensfehlers nicht mehr besteht. Denn das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 12.07.2023 das Verfahren im Hinblick auf die erstinstanzlich noch anhängigen Zahlungsanträge im Einvernehmen mit den Parteien wegen Vorgreiflichkeit bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den in zweiter Instanz anhängigen Kündigungsschutzantrag ausgesetzt. Von daher konnte davon abgesehen werden, das Teilurteil aufzuheben und an das Arbeitsgericht zurückzuverweisen bzw. den noch erstinstanzlich anhängigen Teil des Rechtsstreits an das Berufungsgericht zu ziehen.
76III. Die Berufung der Beklagten hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Zu Recht hat das Arbeitsgericht der Kündigungsschutzklage und dem Weiterbeschäftigungsantrag stattgegeben.
771. Die Unwirksamkeit der Kündigung folgt nicht aus § 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG.
78Auf das erstinstanzliche Bestreiten der Betriebsratsanhörung durch den Kläger hat die Beklagte vorgetragen, dass bei ihr kein Betriebsrat gebildet sei. Ein weiteres Vorbringen zum Vorhandensein eines Betriebsrats ist durch den insoweit primär darlegungs- und beweisbelasteten Kläger nicht erfolgt.
79Im Prozess ist es Sache des Arbeitnehmers, die für ihn günstigen Tatsachen darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, aufgrund derer § 102 BetrVG zur Anwendung kommt. Erst wenn ihm dies gelungen ist, trägt der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass eine ordnungsgemäße Anhörung erfolgt ist (vgl. BAG vom 24.05.2018 – 2 AZR 54/18 – Rn. 32; BAG vom 08.05.2014 – 2 AZR 1005/12 – Rn. 32).
802. Die ausschließlich aus betriebsbedingte Gründe gestützte Kündigung ist unwirksam, da sie sozial ungerechtfertigt i.S.v. § 1 Abs. 1, Abs. 2 KSchG ist.
81a) Das Arbeitsgericht hat mit zutreffender Begründung angenommen, dass sich betriebsbedingte Gründe zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses nicht aus außerbetrieblichen Umständen ergeben. Die Beklagte kann die Kündigung nicht mit Erfolg darauf stützen, dass – spätestens mit Ablauf der Kündigungsfrist – keine Aufträge mehr vorhanden gewesen seien, um den nicht gegen das Corona-Virus geimpften Kläger zu beschäftigen.
82aa) Eine Kündigung ist durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt, wenn der Bedarf einer Weiterbeschäftigung des gekündigten Arbeitnehmers im Betrieb voraussichtlich dauerhaft entfallen ist.
83Betriebliche Erfordernisse, die eine Kündigung bedingen, können sich aus außerbetrieblichen Umständen ergeben. Passt der Arbeitgeber im Falle eines Auftragsverlustes oder eines reduzierten Auftragsbestandes die Anzahl der benötigten Arbeitnehmer unmittelbar an die verbliebene Arbeitsmenge an, kann sich daraus ein dringendes betriebliches Erfordernis zur Kündigung ergeben, wenn der Arbeitsanfall – dauerhaft – so zurückgegangen ist, dass zukünftig für einen oder mehrere Arbeitnehmer kein Bedürfnis für eine Weiterbeschäftigung mehr besteht (vgl. BAG vom 17.06.1999 – 2 AZR 141/99 – Rn. 12 f.).
84Der Arbeitgeber hat die Tatsachen näher darzulegen, aus denen sich ergeben soll, dass zukünftig auf Dauer mit einem reduzierten Arbeitsvolumen und Beschäftigungsbedarf zu rechnen ist. Das Vorliegen von möglicherweise nur kurzfristigen Produktions- und Auftragsschwankungen muss ausgeschlossen sein (vgl. BAG vom 23.02.2012 – 2 AZR 548/10 – Rn. 20). Um die betriebsbedingte Kündigung sozial zu rechtfertigen, muss der Arbeitgeber deshalb anhand seiner Auftrags- und Personalplanung im Einzelnen darstellen, warum nicht nur eine kurzfristige Abwärtsbewegung vorliegt, sondern ein dauerhafter Auftragsrückgang zu erwarten ist. Die Möglichkeit einer im Rahmen des Üblichen liegenden Auftragsschwankung muss prognostisch ausgeschlossen sein. Dem müssen der Inhalt und die Substanz des Sachvortrags des Arbeitgebers gerecht werden. Leitet der Arbeitgeber den verringerten Beschäftigungsbedarf unmittelbar aus dem Auftrags- oder Umsatzrückgang ab, muss er also das kalkulierte Verhältnis von Beschäftigungsbedarf und Arbeitskräften vortragen, um dann in einem weiteren Schritt die tatsächliche Entwicklung in einer vergleichenden Betrachtung darzulegen (vgl. APS-Kiel, Kündigungsrecht, 7. Auflage 2024, § 1 KSchG, Rn. 473).
85bb) Den vorstehenden Anforderungen wird das Vorbringen der Beklagten nicht gerecht.
86(1) Gesetzliche Vorgaben, die eine Impfung für das Betreten der Arbeitsstätte zwingend voraussetzen, bestanden zum Kündigungszeitpunkt nicht. Nach der mit Wirkung ab dem 24.11.2021 geltenden 3G-Regelung am Arbeitsplatz (§ 28b Abs. 1 Satz 1 IfSG i.d.F. vom 22.11.2021) durften Arbeitgeber und Beschäftigte Arbeitsstätten, in denen physische Kontakte von Arbeitgebern und Beschäftigten untereinander oder zu Dritten nicht ausgeschlossen werden konnten, betreten, wenn sie geimpfte, genesene oder getestete Personen waren.
87(2) Die Beklagte kann die Kündigung nicht mit Erfolg darauf stützen, dass sie behauptet, ihre Kunden hätten – über die gesetzlichen Vorgaben hinaus – den Einsatz von gegen das Corona-Virus geimpfter Mitarbeiter gefordert, wodurch der Beschäftigungsbedarf für den ungeimpften Kläger entfallen sei. Das Arbeitsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Beklagte im Rahmen der ihr obliegenden Darlegungslast die bei ihr vorhandenen Aufträge, deren Dauer und die jeweiligen Vertragspartner zu benennen sowie darzutun hatte, dass die jeweiligen Kunden vorgaben, dass ausschließlich gegen das Corona-Virus geimpfte Mitarbeiter eingesetzt werden sollten. Dem Beklagtenvorbringen lässt sich jedoch nicht entnehmen, wie sich ihre Auftragslage nach dieser Maßgabe zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung darstellte und dass infolge der Kundenvorgaben der Beschäftigungsbedarf für den ungeimpften Kläger bereits entfallen war oder spätestens zum Ablauf der Kündigungsfrist entfallen würde. Dabei kommt es nicht auf die Aufträge an, für die der Kläger in der Vergangenheit tätig war, sondern auf die im Kündigungszeitpunkt bestehende Auftragslage. Hierzu fehlt jedoch jeglicher Sachvortrag. Es ist daher weder erkennbar, dass ein den Kläger betreffender Auftragsmangel bestand, noch, dass ein solcher dauerhaft oder zumindest längerfristig war. Allein der Hinweis, dass die Beklagte keine Aufträge mehr in Russland ausführe und der Kläger wegen seiner fehlenden Impfung in den Niederlanden nicht mehr einsetzbar sei, reicht ohne die Darlegung der konkreten Auftragslage im Kündigungszeitpunkt nicht aus. Auch die pauschale Behauptung, dass die „Masse“ der Kunden einen Impfnachweis von Mitarbeitern der Beklagten erwartet habe, ist ohne nähere Konkretisierung unzureichend.
88Sofern die Beklagte auf die Besonderheiten des Projektgeschäfts hingewiesen und ausgeführt hat, dass sie nicht gewusst habe, welche Corona-Maßnahmen ihre Kunden jeweils verlangen würden, spricht dies vielmehr dafür, dass die Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger möglicherweise ungewiss, aber nicht ausgeschlossen war.
89Ob im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung eine verlässliche Prognose in Bezug auf die Fortdauer und Entwicklung der Corona-Pandemie, das Fortbestehen aktueller oder Inkrafttreten künftiger Corona-Schutzmaßnahmen sowie diesbezüglicher Kundenwünsche und somit eines dauerhaften Wegfalls des Beschäftigungsbedarfs überhaupt möglich war, kann vor diesem Hintergrund dahinstehen.
90Soweit die Beklagte auf die Einteilung der Mitarbeiter in feste Arbeitsteams verwiesen und vorgetragen hat, dass sie dem Kläger wegen seiner fehlenden Impfung nicht ständig eine Sonderbehandlung gewähren könne, spricht dies möglicherweise für eine schlechtere Planbarkeit des Klägers, nicht aber für den Wegfall des Beschäftigungsbedarfs spätestens mit Ablauf des 28.02.2022.
91b) Das Arbeitsgericht hat auch rechtsfehlerfrei angenommen, dass die soziale Rechtfertigung der Kündigung nicht aus der gegenüber den Kunden abgegebenen Zusage folgt, nach der die Beklagte nur noch geimpfte Mitarbeiter bei ihren Kunden einsetzt.
92aa) Wie auch das Arbeitsgericht geht die Kammer davon aus, dass eine solche Zusage der Beklagten gegenüber ihren Kunden erfolgt ist. Der Kläger hat die Behauptung der Beklagten nicht bestritten, sondern ausgeführt, dass er es für möglich halte, dass die Beklagte derartige Zusicherungen gegenüber ihren Kunden abgab.
93bb) Beruht der Wegfall des Arbeitsplatzes auf einer unternehmerischen Entscheidung des Arbeitgebers, ist nachzuprüfen, ob eine solche tatsächlich vorliegt und durch ihre Umsetzung das Beschäftigungsbedürfnis für einzelne Arbeitnehmer entfallen ist. Dagegen ist die unternehmerische Entscheidung nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (vgl. BAG vom 16.12. 2010 – 2 AZR 770/09 – Rn. 13; BAG vom 10.07.2008 – 2 AZR 1111/06 – Rn. 24).
94Dabei unterliegt auch die Gestaltung des Anforderungsprofils eines Arbeitsplatzes der lediglich auf offenbare Unsachlichkeit zu überprüfenden Unternehmerdisposition des Arbeitgebers. Soweit für die sachgerechte Erledigung der Arbeitsaufgabe bestimmte persönliche oder sachliche Voraussetzungen erforderlich sind, kann die unternehmerische Entscheidung, welche Anforderungen an den Stelleninhaber zu stellen sind, nur auf offenbare Unsachlichkeit gerichtlich überprüft werden. Demnach ist die Entscheidung des Arbeitgebers, bestimmte Tätigkeiten nur noch Arbeitnehmern mit bestimmten Qualifikationen ausführen zu lassen, von den Arbeitsgerichten grundsätzlich jedenfalls dann zu respektieren, wenn die Qualifikationsmerkmale einen nachvollziehbaren Bezug zur Organisation der ausführenden Arbeiten haben (vgl. BAG vom 10.07.2008 – 2 AZR 1111/06 – Rn. 25).
95In Fällen, in denen die Organisationsentscheidung des Arbeitgebers und sein Kündigungsentschluss praktisch deckungsgleich sind, ist die Vermutung, die Unternehmerentscheidung sei aus sachlichen Gründen erfolgt, nicht in jedem Fall von vornherein gegeben. In diesen Fällen muss der Arbeitgeber konkrete Angaben dazu machen, wie sich die Organisationsentscheidung auf die Einsatzmöglichkeiten auswirkt und in welchem Umfang dadurch ein konkreter Änderungsbedarf besteht. Erhöhte Anforderungen an die Darlegungslast des Arbeitgebers insbesondere dann zu stellen, wenn der Arbeitgeber durch eine unternehmerische Entscheidung das Anforderungsprofil für Arbeitsplätze ändert, die bereits mit langjährig beschäftigten Arbeitnehmer besetzt sind. Sonst hätte der Arbeitgeber die naheliegende Möglichkeit, unter Berufung auf eine gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbare Unternehmerentscheidung eine missbräuchliche Umgehung des Kündigungsschutzes des betreffenden Arbeitnehmers dadurch zu erzielen, dass er in sachlich nicht gebotener Weise die Anforderungen an den betreffenden Arbeitsplatzinhaber verschärft. Der Arbeitgeber hat insoweit darzulegen, dass es sich bei der zusätzlich geforderten Qualifikation für die Ausführung der Tätigkeit nicht nur um eine „wünschenswerte Voraussetzung“, sondern um ein nachvollziehbares, arbeitsplatzbezogenes Kriterium für eine Stellenprofilierung handelt. Ungeeignet für eine Stellenprofilierung ist allerdings die Festlegung rein persönlicher Merkmale ohne hinreichenden Bezug zur Arbeitsaufgabe oder solcher Merkmale, die an das Verhalten oder die Leistung des Arbeitnehmers anknüpfen (vgl. BAG vom 02.03.2017 – 2 AZR 546/16 – Rn. 23; BAG vom 10.07.2008 – 2 AZR 1111/06 – Rn. 26, 27).
96Eine unternehmerische Entscheidung des Arbeitgebers kann auch darin liegen, ab einem bestimmten Zeitpunkt eine Impfung zur Voraussetzung für die Ausübung bestimmter Tätigkeiten zu machen (vgl. Fuhlrott/ Fischer, NJW 2021, 657 (660); Stöhr, NZA 2021, 1215 (1218); Peisker/ Bleckmann, BB 2022, 635 (640)). Bei der Überprüfung einer solchen unternehmerischen Entschließung sind der weitreichende Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer – insbesondere das Verlangen, in die Beeinträchtigung ihrer durch Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG geschützten körperlichen Integrität einzuwilligen (vgl. BAG vom 30.03.2023 – 2 AZR 309/22 – Rn. 26) – sowie datenschutzrechtliche Aspekte im Zusammenhang mit Auskünften über den Impfstatus zu berücksichtigen, so dass vertreten wird, dass die Entscheidung einer Rechtsmissbrauchskontrolle allenfalls dann Stand halten könne, wenn die Impfung eine Weitergabe des Virus nachweislich ausschlösse (vgl. APS-Kiel, Kündigungsrecht, 7. Auflage 2024, § 1 KSchG, Rn. 479). Sind diese Unternehmerentscheidung und der Kündigungsentschluss praktisch deckungsgleich, bestehen erhöhte Anforderungen an die Darlegungslast des Arbeitgebers. Hierzu gehört die Darlegung, dass es sich bei dem Kriterium einer Impfung nicht lediglich um eine wünschenswerte Voraussetzung handelt. Insoweit wird vertreten, dass das Erfordernis einer Impfung nur in während der COVID-19-Pandemie gefährdeten Bereichen, wie sie in § 20a Abs. 1 IfSG i.d.F. vom 10.12.2021 aufgeführt sind, einen nachvollziehbaren Bezug zur Tätigkeit aufweist (vgl. Peisker/ Bleckmann, BB 2022, 635 (640)); APS-Kiel, Kündigungsrecht, 7. Auflage 2024, § 1 KSchG, Rn. 479).
97cc) Indem die Beklagte die Kündigung auf die gegenüber ihren Kunden abgegebene Zusicherung stützt, beruft sie sich auf die Organisationsentscheidung, ihre Leistungen bei Kunden in dieser Form anzubieten. In der Entscheidung, die Impfung zur Voraussetzung für die Ausübung von Monteurtätigkeiten bei Kunden zu machen, verbunden mit einer entsprechenden Zusicherung, liegt eine unternehmerische Entscheidung der Beklagten, mit der sie das Anforderungsprofil für die bei ihr beschäftigten Monteure änderte.
98Da die Unternehmerentscheidung der Beklagten und ihr Kündigungsentschluss praktisch deckungsgleich sind, ist das Arbeitsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass erhöhte Anforderungen an die Darlegungslast der Beklagten zu stellen sind. Dem wird das Vorbringen der Beklagten nicht gerecht.
99Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass es sich bei einer Impfung ihrer Monteure gegen das Corona-Virus um ein nachvollziehbares, arbeitsplatzbezogenes Kriterium handelt. Dabei kann offenbleiben, ob es solches nur in den in § 20a Abs. 1 IfSG i.d.F. vom 10.12.2021 aufgeführten Beschäftigungsbereichen vorliegen kann. Jedoch muss eine vergleichbare Gefährdungslage im Rahmen der ausgeübten Tätigkeit gegeben sein. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass der Kläger bei seiner Beschäftigung als Monteur mit besonders vulnerablen Personengruppen in Kontakt kommt. Dass insbesondere bei Kundeneinsätzen die besondere Gefahr einer Weitergabe des Corona-Virus bestand, die über die übliche Ansteckungsgefahr bei Kontakten im Arbeitsleben unter Beachtung der geltenden Corona-Regeln hinausging, ist ebenfalls nicht erkennbar. Ein besonders „enger“ Personenkontakt ist mit einer Tätigkeit als Monteur üblicherweise nicht verbunden.
100Zu berücksichtigen ist auch, dass ab dem 24.11.2021 und damit zum Zeitpunkt des Zugangs der streitgegenständlichen Kündigung die sog. 3G-Regelung am Arbeitsplatz galt (§ 28b Abs. 1 Satz 1 IfSG i.d.F. vom 22.11.2021). Danach konnten Arbeitsstätten auch von genesenen oder getesteten Personen betreten werden. Vor diesem Hintergrund hatte die Beklagte in besonderem Maße zu verdeutlichen, aufgrund welcher arbeitsplatzbezogenen Gründe es geboten war, in Bezug auf die Monteurtätigkeit des Klägers noch über die gesetzliche 3G-Regel hinauszugehen. Da eine Impfung – im Vergleich zu einem Schnelltest oder einem PCR-Test – einen erheblichen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit des Arbeitnehmers darstellt, mussten für die unternehmerische Entscheidung der Beklagten gewichtige Gründe vorliegen. Solche hat die Beklagte jedoch nicht dargetan. Insbesondere war der Kläger auch zur regelmäßigen Durchführung von Corona-Tests bereit. Allein Praktikabilitätserwägungen vor dem Hintergrund, dass der Nachweis einer Corona-Impfung gegenüber der Beklagten und ihren Kunden mit weniger Aufwand verbunden ist als der regelmäßige Nachweis einer Testung, stellen keine tätigkeitsbezogene Anforderung dar. Vielmehr handelt es sich dabei allenfalls um ein aus Sicht der Beklagten und ihrer Kunden „wünschenswertes“ Kriterium für eine einfachere organisatorische Handhabung.
101Soweit die Beklagte darauf verweist, dass es ihr bei der geforderten Impfung ein Anliegen gewesen sei, die mit dem Kläger eingesetzten Monteure sowie die Kunden und ihre Mitarbeiter vor einer Corona-Infektion zu schützen, vermag allein dieser Wunsch die Änderung des Anforderungsprofils nicht zu rechtfertigen, wenn eine Impfpflicht nicht gesetzlich vorgeschrieben ist. Es handelt sich insoweit lediglich um persönliche Eigenschaften ohne hinreichenden Bezug zur Arbeitsaufgabe.
102Da die Impfung für die Monteurtätigkeit des Klägers kein nachvollziehbares, arbeitsplatzbezogenes Kriterium darstellt, kann dahinstehen, ob die unternehmerische Entscheidung der Beklagten auch deshalb offenbar unsachlich ist, weil eine Impfung die Weitergabe des Corona-Virus wegen der Gefahr von Impfdurchbrüchen und neuer Virusvarianten nicht mit Sicherheit ausgeschlossen hätte (vgl. APS-Kiel, Kündigungsrecht, 7. Auflage 2024, § 1 KSchG, Rn. 479).
103IV. Da die Berufung im Hinblick auf den Kündigungsschutzantrag unbegründet ist, bleibt sie auch hinsichtlich des Weiterbeschäftigungsantrags ohne Erfolg.
104V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Danach fallen der Beklagten die Kosten ihres ohne Erfolg eingelegten Rechtmittels zur Last.
105VI. Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG für die Beklagte zuzulassen. Die Kammer hat der Frage, inwieweit der Arbeitgeber im Rahmen einer unternehmerischen Entscheidung eine Impfung des Arbeitnehmers zur Voraussetzung für die Ausübung bestimmter Tätigkeiten machen kann, grundsätzliche Bedeutung beigemessen.
106RECHTSMITTELBELEHRUNG
107Gegen dieses Urteil kann von der beklagten Partei
108REVISION
109eingelegt werden.
110Für die klagende Partei ist gegen dieses Urteil ein Rechtsmittel nicht gegeben.
111Die Revision muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
112Bundesarbeitsgericht
113Hugo-Preuß-Platz 1
11499084 Erfurt
115Fax: 0361 2636-2000
116eingelegt werden.
117Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
118Für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse besteht ab dem 01.01.2022 gem. §§ 46g Satz 1, 72 Abs. 6 ArbGG grundsätzlich die Pflicht, die Revision ausschließlich als elektronisches Dokument einzureichen. Gleiches gilt für vertretungsberechtigte Personen, für die ein sicherer Übermittlungsweg nach § 46c Abs. 4 Nr. 2 ArbGG zur Verfügung steht.
119Die Revisionsschrift muss von einem Bevollmächtigten eingelegt werden. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
1201. Rechtsanwälte,
2. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
3. Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Revisionsschrift unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.
125Eine Partei, die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
126Die elektronische Form wird durch ein elektronisches Dokument gewahrt. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 46c ArbGG nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (ERVV) v. 24. November 2017 in der jeweils geltenden Fassung eingereicht werden. Nähere Hinweise zum elektronischen Rechtsverkehr finden sich auf der Internetseite des Bundesarbeitsgerichts www.bundesarbeitsgericht.de.
127* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.