Der Zeuge
Denis wird Zeuge eines Verkehrsunfalls und muss vor Gericht aussagen. Welche Rechte und Pflichten er hat, wird in diesem kurzen Animationsfilm erklärt. Im Beispielfall kann nur mit Dennis Hilfe der Sachverhalt aufgeklärt werden, da jeder der beiden Unfallgegner dem anderen die Schuld zuweist und keiner die Schäden an den Fahrzeugen bezahlen will.
Der Zeuge
Wer ist Zeuge?
Wer ist Zeuge ?
Eine Zeugin oder ein Zeuge ist eine Person, die zu einem bestimmten Geschehen vor Gericht Aussagen macht. Sie schildert bei ihrer Aussage allerdings nur ihre eigenen Wahrnehmungen, die sie aus der Tatsache gewonnen hat, dass sie bei dem betreffenden Geschehen anwesend (vor Ort) war. Zeugin oder Zeuge kann jede Person sein, die etwas wahrgenommen hat, was in einem gerichtlichen Verfahren von Bedeutung sein kann. Dabei spielt es keine Rolle, aus welchem Anlass die Person die Wahrnehmungen gemacht hat. So kann es sogar auch ausreichen, wenn sie Schilderungen anderer Personen darstellen kann. Geschäftsfähigkeit ist hierbei nicht erforderlich.
Wann wird ein Zeuge gebraucht?
Da das Gericht nicht aus eigener Wahrnehmung den Sachverhalt aufklären kann, den es zu prüfen hat, ist es auf die Aussagen der Personen angewiesen, die bei dem betreffenden Geschehen anwesend waren. Die Zeugin oder der Zeuge dient also der Aufklärung des Sachverhaltes und trägt damit wesentlich zur Wahrheitsfindung bei. Ihre Aussagen sind immer dann in einem Verfahren erforderlich, wenn es auf konkrete Geschehensabläufe ankommt, um den Hergang der Straftat zu rekonstruieren.
Wie läuft die Gerichtsverhandlung für den Zeugen ab?
In der Regel werden die anwesenden Zeuginnen und Zeugen zu Beginn der Verhandlung von der oder dem Vorsitzenden auf ihre Wahrheitspflicht hingewiesen und über die Folgen falscher Aussagen belehrt. Daraufhin verlassen sie den Sitzungssaal. Anschließend wird die oder der Angeklagte zur Person und zur Sache vernommen. Diese Vernehmung erfolgt in Abwesenheit der Zeuginnen und Zeugen, damit diese nicht beeinträchtigt werden und wirklich nur ihre eigenen Wahrnehmungen vom Tatgeschehen darstellen.
Nach der Vernehmung der oder des Angeklagten werden die Zeuginnen und Zeugen nacheinander in den Sitzungssaal gerufen und vernommen. Zunächst werden sie über ihre Personalien befragt wie Name, Alter, Wohnort und Beruf. Daraufhin sollen sie zusammenhängend über ihre Erinnerungen aussagen und auf einzelne Fragen der Richterinnen und Richter, Schöffinnen und Schöffen, der Staatsanwaltschaft, der Angeklagten oder der Verteidigung antworten. Nachdem jede einzelne Zeugin oder jeder einzelne Zeuge die eigenen Wahrnehmungen dargestellt hat, kann es zu einer Vereidigung kommen. Danach wird sie oder er aus der Verhandlung entlassen.
Die Rechte und Pflichten des Zeugen bei seiner Aussage
Muss der Zeuge vor Gericht erscheinen?
Zeuginnen und Zeugen werden in der Regel durch einfachen Brief zur Hauptverhandlung geladen. Möglich ist auch eine mündliche, telefonische oder eine Ladung per Fax. Da eine Ladungsfrist für Zeuginnen und Zeugen nicht besteht, können sie sogar zum sofortigen Erscheinen bei Gericht aufgefordert werden. Sie sind gesetzlich verpflichtet, der Ladung des Gerichts Folge zu leisten. Dies gilt auch dann, wenn sie der Ansicht sind, zu dem Geschehen keine Angaben machen oder sich nicht mehr erinnern zu können. Denn auch diese Aussage kann für das Gericht von Bedeutung sein. Die Pflicht zum Erscheinen vor Gericht wird nicht dadurch eingeschränkt, dass die Zeugin oder der Zeuge schon einmal vor der Polizei oder der Staatsanwaltschaft ausgesagt hat; denn das Gerichtmuss sich nach dem Gesetz zu dem Tatgeschehen ein eigenes Bild machen können und eine eigene Überzeugung gewinnen. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn eine Zeugin oder ein Zeuge aus triftigen Gründen am Erscheinen zu dem gerichtlichen Termin verhindert ist. Das sind beispielsweise Krankheit, unaufschiebbare berufliche Termine oder eine schon vor der Terminladung fest gebuchte Auslandsreise. Liegt ein triftiger Grund vor, ist die Zeugin oder der Zeuge verpflichtet, diesen dem Gericht unverzüglich mitzuteilen, also das eigene Nichterscheinen rechtzeitig zu entschuldigen. Erfolgt dies nicht, muss das Gericht wegen unentschuldigten Fehlens in der Verhandlung ein Ordnungsgeld bis zu 500,- EUR auferlegen. Wird dieses nicht gezahlt, kann das Gericht die Ordnungshaft gegen die Zeugin oder den Zeugen anordnen. Auf jeden Fall hat aber die Zeugin oder der Zeuge die durch das Ausbleiben verursachten Kosten zu tragen. Auch kommt dann u. U. die polizeiliche Vorführung in Betracht.
Muss der Zeuge vor Gericht aussagen?
Zeuginnen und Zeugen sind nicht nur verpflichtet, bei einer Ladung vor Gericht zu erscheinen, sondern müssen grundsätzlich auch aussagen. Dabei sind sie zur Wahrheit verpflichtet, worüber sie in der Verhandlung durch die Richterin oder den Richter ausdrücklich belehrt werden. Im Falle einer Falschaussage machen Zeuginnen und Zeugen sich strafbar und können mit mindestens drei Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bestraft werden. Haben Zeuginnen oder Zeugen auf eine falsche Aussage hin den Zeugeneid geleistet – sind also vereidigt worden –, wird die Falschaussage mit einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr geahndet. Verweigert eine Zeugin oder ein Zeuge die Aussage, ohne sich berechtigt auf ein Zeugnisverweigerungsrecht (dazu im Folgenden) berufen zu können, treten die gleichen Folgen ein wie bei einem unentschuldigten Fernbleiben (Kosten, Ordnungsgeld, evtl. Ordnungshaft).
Wann kann der Zeuge die Aussage verweigern?
Nur in den gesetzlich genannten Fällen können Zeuginnen und Zeugen ihre Aussage verweigern. Das Gesetz erlaubt zum Beispiel Zeuginnen und Zeugen, die mit einer oder einem Angeklagten verlobt, verheiratet, nah verwandt oder verschwägert sind, nicht auszusagen. Ebenso können Zeuginnen und Zeugen die Aussage verweigern, die sich selbst oder eine oder einen nahen Verwandten durch die wahrheitsgemäße Aussage einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit bezichtigen müssten. Darüber hinaus brauchen Zeuginnen und Zeugen auf einzelne Fragen dann nicht zu antworten, wenn diese ihnen oder einer oder einem nahen Verwandten zur Unehre gereichen oder einen unmittelbaren Vermögensschaden bringen würden. Schließlich sieht das Gesetz Fälle vor, nach denen Angehörige bestimmter Berufsgruppen eine Aussage verweigern können. Zu diesen Berufsgruppen gehören insbesondere Ärztinnen und Ärzte, Geistliche, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, Notarinnen und Notare sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Presse und Rundfunk.
Was ist der Zeugeneid?
In einzelnen Fällen kann es zu einer Vereidigung der Zeuginnen und Zeugen kommen. Mit der Leistung des Eides erhält die Aussage der Zeuginnen und Zeugen besonderen Nachdruck. Der Eid wird stets nach der Aussage geleistet. Dabei verliest die Richterin oder der Richter die Eingangsformel des Eides. Die Zeugin bzw. der Zeuge hebt die rechte Hand und sagt: „Ich schwöre es, so wahr mir Gott helfe.“ Allerdings kann die religiöse Beteuerung auch weggelassen werden. Wer aus Glaubens- oder Gewissensgründen keinen Eid leisten möchte, hat die Wahrheit seiner Aussage zu bekräftigen, was dann aber einem Eid in rechtlicher Hinsicht gleichsteht.
Muss der Zeuge den Eid leisten?
Zeuginnen und Zeugen sind verpflichtet, den Eid zu leisten. Den Eid verweigern dürfen nur Zeuginnen oder Zeugen, die als Angehörige der oder des Angeklagten an sich ein Aussageverweigerungsrecht haben, aber gleichwohl ausgesagt haben. Darüber hinaus hat eine Vereidigung zu unterbleiben, wenn Zeuginnen oder Zeugen unter 18 Jahren alt sind oder sonst auf Grund mangelnder Verstandesreife oder sonstiger seelischer oder geistiger Behinderungen das Wesen und die Bedeutung des Eides nicht genügend einzuschätzen vermögen.
Sonstige Rechte des Zeugen
Kann der Zeuge einen Rechtsanwalt zu seiner Unterstützung hinzuziehen?
Das Bundesverfassungsgericht hat anerkannt, dass Zeuginnen und Zeugen eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt (diese werden dann „Zeugenbeistand“ genannt) zu ihrer Unterstützung hinzuziehen können, sofern sie Gefahr laufen, sich durch die Aussage selbst zu belasten oder wenn sie selbst die Verletzten der Straftat sind, zu denen sie gehört werden sollen. Darüber hinaus können Zeuginnen und Zeugen eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt nur bei besonderem Bedürfnis bemühen. Der Zeugenbeistand steht der Zeugin oder dem Zeugen beratend zur Seite steht. Er kann nicht an Stelle oder für sie oder ihn aussagen.
Darüber hinaus besteht an einigen Gerichten die Möglichkeit, eine Zeugenbetreuung in Anspruch zu nehmen. Diese kommt vor allem Zeuginnen und Zeugen zugute, die durch die Aussage eine besondere Belastung trifft. Dies wird etwa bei den meisten Tatopfern der Fall sein. Die Zeugenbetreuungsstellen stehen ihnen bei Fragen zur Ladung, Anreise und Orientierung im Gerichtsgebäude zur Seite, bieten aber auch persönliche Informationsgespräche vor oder nach dem Gerichtstermin an. In besonderen Fällen kann die Zeugenbetreuung Zeuginnen und Zeugen auf Wunsch sogar in die Gerichtsverhandlung begleiten. Gesonderte Betreuung erfahren an vielen Gerichten Kinder, die als Zeuginnen und Zeugen aussagen sollen. Im Rahmen dieser Betreuung werden die Kinder ihrem Alter angemessen auf ihre Rolle als Zeuginnen und Zeugen vorbereitet. Darüber hinaus wird erwachsenen Zeuginnen und Zeugen angeboten, ihre Kinder während der Verhandlung betreuen zu lassen.
Kann der Zeuge seine Auslagen erstattet verlangen?
Den Zeuginnen und Zeugen werden ihre Auslagen, die sie auf Grund des Gerichtstermins hatten, erstattet. Hierzu erhalten sie nach ihrer Vernehmung vom Gericht ein Formular, welches er bei der Gerichtskasse einreichen kann. Zu den erstattungsfähigen Auslagen gehören:
1. Verdienstausfall
Zur Geltendmachung des Verdienstausfalls müssen Zeuginnen und Zeugen ein Formular zum Verdienstausfall von ihrem Arbeitgebenden ausfüllen lassen und bei der Gerichtskasse vorlegen. Dieses Formular wird den Zeuginnen und Zeugen mit der Ladung zum Termin übermittelt. Selbständige oder Freiberuflerinnen und Freiberufler müssen ihren Verdienstausfall durch entsprechende Unterlagen wie Gewerbeschein, Handwerkskarte oder den Nachweis über die Zulassung belegen.
2. Notwendige Fahrtkosten
Da das Gericht darum bemüht ist, die Kosten eines Verfahrens möglichst gering zu halten, werden die notwendigen Fahrtkosten für eine Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem PKW erstattet. Dies gilt allerdings nur, soweit sie aus dem Anlass der Zeugenladung entstanden sind, die Fahrt notwendig war und der kürzeste Weg gewählt wurde. Zeuginnen und Zeugen sind auch verpflichtet, mögliche Fahrtkostenerstattungen in Anspruch zu nehmen. Die Erstattung höherer Kosten – etwa für Taxi, Flugzeug oder Mietwagen – ist nur im Ausnahmefall (z.B. bei Alter oder Krankheit) gerechtfertigt. Sofern Zeuginnen oder Zeugen mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen, werden ihnen die Kosten der Fahrkarte für die erste Wagenklasse erstattet. Bei einer Nutzung des privaten PKW erhalten sie die gesetzlich festgelegte Kilometerpauschale.
3. Mehraufwendungen für die Wahrnehmung des Termins
Zeuginnen und Zeugen können darüber hinaus auch Kosten erstattet verlangen, die ihnen für die Wahrnehmung des Gerichtstermins entstanden sind. Hierzu sind insbesondere Hotelkosten zu rechnen, die für eine erforderliche Unterkunft entstanden sind. Allerdings werden dabei nur Kosten in notwendiger Höhe erstattet. Wie teuer eine Übernachtung sein darf, ergibt sich aus dem Gesetz.
4. Sonstige Aufwendungen
Ferner werden den Zeuginnen und Zeugen solche Kosten erstattet, die sie für erforderliche Begleitpersonen oder für eine Betreuung von Kindern oder anderen Angehörigen aufwenden mussten, um den Termin wahrnehmen zu können. Können Zeuginnen oder Zeugen ihre Anreisekosten nicht im Voraus auslegen, so kann ihnen das Gericht auf ihren Antrag hin einen Vorschuss bewilligen.
Verantwortlich: Der Präsident des Oberlandesgerichts Köln, Stand: 2025